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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Ich setzte, Gabrielle in meinen Armen, zum Endspurt an, so daß wir zusammen durchs Portal und über die Schwelle schlitterten und ausgestreckt auf dem Steinfußboden der Kathedrale landeten.
    Schreie. Schreckliche, röchelnde Schreie, und dann ein Umschwung, als sei die ganze Meute von einer Kanonendetonation auseinandergescheucht worden.
    Ich rappelte mich hoch und lachte sie lauthals aus. Gabrielle war auch wieder auf den Füßen, und sie zog mich hinter sich her, und wir eilten zusammen durch das dämmrige Mittelschiff, an aufragenden Bogengängen vorbei, bis wir beim kerzenfahlen Allerheiligsten waren, und nachdem wir uns dann ein leeres, dunkles Eckchen bei einem Seitenaltar gesucht hatten, sanken wir gemeinsam auf die Knie.
    »Genau wie diese verdammten Wölfe!« sagte ich. »Ein gemeiner Hinterhalt.«
    »Schschscht, sei einen Moment ruhig«, sagte Gabrielle und klammerte sich an mich. »Oder mein unsterbliches Herz zerspringt.«

9
    Nach einem Augenblick wie eine Ewigkeit fühlte ich, wie sich ihre Muskeln anspannten. Sie blickte zum Platz hin.
    »Denke nicht an Nicolas«, sagte sie. »Sie warten und lauschen. Sie hören alles, was in unseren Köpfen vorgeht.«
    »Aber was denken sie?« flüsterte ich. »Was geht in ihren Köpfen vor?«
    Ich spürte, wie sie sich konzentrierte.
    Ich drückte sie an mich und blickte in das silberne Licht, das weit weg durch das offene Portal drang. Ich konnte sie jetzt auch hören, auch wenn ich lediglich ein diffuses, kollektives Stimmgewirr vernahm.
    Und als ich so in den Regen starrte, kam ganz langsam ein unglaublicher Friede über mich. Ich hatte den Eindruck, daß wir uns ihnen ohne weiteres ausliefern könnten, daß es geradezu idiotisch sei, ihnen noch länger zu widerstehen. Alle Probleme wären gelöst, würden wir nur zu ihnen da rausgehen und uns ergeben. Sie würden Nicolas nicht foltern, den sie in ihrer Gewalt hatten; sie würden ihm nicht ein Glied nach dem anderen ausreißen.
    Ich wußte Nicolas in ihrer Gewalt. Ich hörte ihn aufheulen, als sie ihm die Arme auskugelten. Ich preßte mir die Hand auf den Mund, damit mein Schrei nicht die Sterblichen in der Kirche aufscheuchte.
    Gabrielle berührte mit ihren Fingern meine Lippen.
    »Sie tun ihm nichts«, murmelte sie. »Es ist nichts weiter als eine Drohung. Denke nicht an ihn.«
    »Dann lebt er also noch?« flüsterte ich.
    »Das sollen wir denken. Hör!«
    Wieder stellte sich der Seelenfriede ein, gepaart mit der Aufforderung, uns ihnen anzuschließen. Die Stimme sagte: Kommt aus dir Kirche. Ergebt euch, wir heißen euch willkommen, und wir werden euch nichts tun, wenn ihr nur kommt.
    Ich wandte mich dem Portal zu und erhob mich. Gabrielle erhob sich ebenfalls und warnte mich mit einer besorgten Geste. Sie hütete sich, auch nur ein Wort mit mir zu wechseln, als wir beide dem großen Türbogen aus silbernem Licht entgegensahen.
    Ihr lügt uns an, sagte ich. Ihr habt keine Macht über uns! Ein Sturzbach trotzigen Widerstands schäumte ihnen durch das ferne Portal entgegen. Wir sollen uns ergehen? Wenn wir’s tun, was hindert euch dann, um alle drei gefangenzuhalten? Warum sollten wir rauskommen? In der Kirche sind wir sicher, wir können uns in die entlegensten Grabkammern zurückziehen. Wir konnten die Gläubigen überfallen und in den Nischen und Seitenkapellen so unauffällig ihr Blut trinken, daß man uns niemals entdecken wird. Und dann schicken wir unsere Opfer zum Sterben nach draußen. Was wollt ihr schon machen, die ihr nicht einmal über diese Schwelle treten könnt? Außerdem glauben wir nicht, daß ihr Nicolas habt. Zeigt ihn uns. Laßt ihn zur Tür kommen und mit uns sprechen.
    Gabrielle war völlig durcheinander. Sie sah mich forschend an, wollte unbedingt wissen, was ich ihnen mitteilte. Sie konnte sie ohne weiteres hören, was mir versagt war, wenn ich ihnen meine Botschaften aussandte.
    Allem Anschein nach wurden ihre Impulse schwächer, ohne aber ganz aufzuhören. Und wie zuvor, als hätte ich ihnen nichts geantwortet, hob das leise Summen wieder an. Es versprach Waffenruhe, und dann sprach es in heller Verzückung, daß in freundschaftlicher Verbindung alle Probleme sich lösen würden.
    »Elende Feiglinge, allesamt«, keuchte ich. Diesmal sprach ich die Worte laut aus, damit sie Gabrielle auch hören konnte. »Laßt Nicolas in die Kirche.«
    Das Stimmengesumm verebbte fast vollständig. Dann hörte ich so etwas wie einen Anflug von Streit und Aufruhr.
    Gabrielle kniff die Augen

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