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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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schmiegten, wenn sie sie schloß, und die Haut, die fließend über den Knochen des Schädels lag.
    »Bring mich in den Himmel«, sagte sie. Die Stimme kam aus dem Herzen.
    »Ich kann nicht. Ich wünschte, ich könnte es.« Ich schnurrte ihr ins Ohr.
    Ich schloß sie in die Arme. Ich drückte die Lippen in das weiche Nest aus grauem Haar. Ich fühlte ihre Finger auf meinem Gesicht wie dürres Laub, so daß mich ein sanftes Frösteln durchströmte. Auch sie zitterte. Ah, du zartes, abgenutztes kleines Ding, ah, du Kreatur, die nur noch denken und wollen kann, in einem Körper, so stofflos wie eine vergängliche Flamme! Nur den »kleinen Schluck«, Lestat - nicht mehr.
    Aber es war zu spät, und ich wußte es, als der erste Blutspritzer auf meine Zunge traf. Ich saugte sie aus. Sicher muß mein Stöhnen sie erschreckt haben, aber da war sie schon über das Hören hinaus … Sie hören die realen Geräusche nicht mehr, wenn es erst angefangen hat.
    Verzeih mir.
    Oh, Liebster.
    Wir sanken zusammen auf den Teppich, ein Liebespaar in einem Beet mit knotigen, verblichenen Blumen. Ich sah das Buch, das dort hingefallen war, und die Zeichnung auf dem Cover, aber es erschien mir unwirklich. Ich umarmte sie behutsam, um sie nicht zu zerbrechen. Aber die hohle Schale war ich. Ihr Tod kam schnell, als komme sie selbst auf mich zu, in einem breiten Korridor in irgendeinem höchst besonderen, sehr wichtigen Gebäude. Ah, ja, die gelben Marmorfliesen. New York City, und noch hier oben hört man den Verkehr und das dumpfe Dröhnen, wenn irgendwo unten am Gang eine Treppenhaustür zuschlägt.
    »Gute Nacht, Geliebter«, flüsterte sie.
    Höre ich Stimmen? Wie kann sie immer noch Worte hervorbringen?
    Ich liebe dich.
    »Ja, Darling. Ich liebe dich auch.«
    Sie stand im Korridor. Ihr Haar war rot und fest und lockte sich hübsch auf den Schultern; sie lächelte, und ihre Absätze hatten dieses scharfe, verlockende Geräusch auf dem Marmor gemacht, aber jetzt war nichts als Stille um sie herum, während die Falten ihres Wollrocks sich immer noch bewegten; sie schaute mich mit einem so seltsam gerissenen Gesichtsausdruck an; sie hob einen kleinen, schwarzen, stummelläufigen Revolver und zielte auf mich.
    Was zum Teufel hast du vor?
    Sie ist tot. Der Schuß war so laut, daß ich einen Moment lang nichts mehr hören konnte. Nur ein Klingen in den Ohren. Ich lag auf dem Boden, starrte leer an die Decke und roch Kordit in einem Korridor in New York.
    Aber dies hier war Miami. Ihre Uhr tickte auf dem Tisch. Aus dem überhitzten Herzen des Fernsehapparats kam die gequetschte, dünne Stimme von Cary Grant, der Joan Fontaine sagte, daß er sie liebe. Und Joan Fontaine war so glücklich. Sie war fest davon überzeugt gewesen, Cary Grant wolle sie umbringen.
    Und ich hatte es auch gedacht.
    South Beach. Noch einmal die Neonpiste für mich. Nur ging ich diesmal weg von den hektischen Straßen, hinaus über den Sand, auf das Meer zu.
    Weiter und weiter ging ich, bis niemand mehr in der Nähe war - nicht einmal die Strandwanderer oder die nächtlichen Schwimmer. Nur der Sand, in dem die Fußspuren des Tages schon sauber verweht waren, und der große, graue, nächtliche Ozean, der seine endlose Brandung auf das geduldige Ufer heranrauschen ließ. Wie hoch der sichtbare Himmel war, und so voll von schnell dahinjagenden Wolken und fernen, unaufdringlichen Sternen.
    Was hatte ich getan? Ich hatte sie getötet, sein Opfer, hatte der das Licht ausgeknipst, die ich zu retten verpflichtet gewesen war. Ich war zu ihr zurückgegangen, und ich hatte bei ihr gelegen, und ich hatte sie genommen, und sie hatte den unsichtbaren Schuß zu spät abgefeuert.
    Und der Durst war wieder da.
     
    Nachher hatte ich sie auf ihr kleines, ordentliches Bett gelegt, auf die matte Nylonsteppdecke, hatte ihr die Arme verschränkt und die Augen geschlossen.
    Lieber Gott, hilf mir. Wo sind meine namenlosen Heiligen? Wo sind die Engel mit ihren gefiederten Schwingen, die mich in die Hölle hinuntertragen? Wenn sie schließlich doch kommen, sind sie das letzte Schöne, was man erblickt? Und wenn man im Feuersee versinkt, kann man noch sehen, wie sie himmelwärts fliegen? Kann man auf einen letzten flüchtigen Blick auf ihre goldenen Trompeten hoffen, auf das Strahlen im Angesicht Gottes, das sich in ihren aufwärtsgewandten Gesichtern spiegelt?
    Was weiß ich denn vom Himmel?
    Eine ganze Weile stand ich so da und starrte auf die ferne nächtliche Landschaft aus reinen Wolken und dann

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