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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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wahr?”
    Memnoch beobachtete mich. Ich wich seinem Blick aus. Schon jetzt fühlte ich ihm gegenüber eine starke Loyalität, allein durch seine Geschichte, die er voller Emotionen erzählte, und ich war verwirrt durch die Worte Gottes.
    »Und dazu hast du auch allen Grund«, sagte Memnoch. »Denn die Frage, die du dir stellen mußt, ist folgende: Da Er dich ja gewiß kennen muß. Lestat, warum betrachtet Er dich nicht als Seinen Gegner? Was meinst du?«
    Ich war wie gelähmt.
    Er wartete ab, bis ich wieder fähig war, ihm zuzuhören, und zeitweise schien mir, als schaffte ich es nie mehr. Sosehr ich mich zu ihm hingezogen fühlte, so bezaubert ich auch war, hatte ich doch das sterbliche Verlangen, einer überwältigenden Einsicht zu entkommen, die die Grundfesten meines Verstandes bedrohte.
    »Als ich mit Gott war«, fuhr Memnoch fort, »sah ich mit Seinen Augen: Ich sah die Menschen mit ihren Familien; sah, wie sie sich bei Geburten halfen; ich sah, wie sie die Gräber rituell mit Steinen bedeckten. Ich sah mit Gottes Augen, ewigwährend und endlos weit. Die unendliche Kompliziertheit jedes einzelnen Aspekts der Schöpfung, jedes Wassermoleküls, jedes winzigen Geräuschs, ob von Menschen oder Vögeln, all das schien allein das Produkt der absoluten Größe Gottes. Unvergleichliche Lobgesänge entströmten meinem Herzen.
    Und wieder sagte Gott zu mir: ›Memnoch, bleib nah bei mir, bleib im Himmel. Betrachte das alles lieber aus der Ferne.‹
    ›Befiehlst du es, Herr?‹, fragte ich. ›Ich möchte sie so gerne beobachten und über sie wachen. Mit meinen unsichtbaren Händen möchte ich spüren, wie ihre Haut weicher und weicher wird.‹
    ›Du bist mein Engel, Memnoch. So geh und schaue und merke dir, daß alles, was du siehst, von mir geschaffen und gewollt ist.‹
    Bevor ich den Himmel verließ, blickte ich noch einmal hinab - ich spreche jetzt in Metaphern, das weißt du so gut wie ich -, ich blickte also hinab, und ich sah, daß die Schöpfung von beobachtenden Engeln nur so wimmelte, fasziniert von den vielen reizvollen Gegenden, von den Wäldern über die Täler bis zum Meer, wie ich es schon einmal beschrieben habe.
    Doch etwas schien die Erdatmosphäre verändert zu haben, ein neues Element. Ein fast unsichtbarer Wirbel von winzigen Partikelchen etwa? Nein, das ließe schon an etwas Größeres denken, als es tatsächlich war. Doch da war etwas.
    Als ich auf die Erde kam, bestätigten mir die anderen Engel sofort, daß auch sie dieses neue Element in der Atmosphäre gespürt hatten, obwohl es auf die Luft nicht angewiesen zu sein schien wie jedes andere Leben sonst.
    ›Wie kann das zugehen?‹ fragte ich.
    ›Lausche‹, sagte der Engel Michael. ›Lausche einfach, du kannst es hören. ‹
    Und Raphael ergänzte: ›Es ist etwas, das unsichtbar, aber lebendig ist! Und was gibt es unter dem Himmel außer uns, das unsichtbar ist und lebt!‹
    Hunderte von Engeln versammelten sich, um darüber zu diskutieren, um ihre Erfahrungen mit diesem neuen Element auszutauschen, dieser plötzlichen Anwesenheit von etwas Unsichtbarem, das uns umfing. Aber wir konnten es nicht recht einordnen, es verursachte Vibrationen oder eher einen unhörbaren Ton, den wahrzunehmen wir uns sehr anstrengen mußten.
    ›Nun hast du es geschaffte sagte einer der Engel,‹ den ich lieber nicht nennen will, zu mir. ›Du hast Gott durch all deine Anschuldigungen und dein Wüten enttäuscht, und jetzt hat Er etwas anderes - als uns erschaffen, genauso unsichtbar und mit gleichen Fähigkeiten - wie den unsrigen Memnoch, du mußt zu Ihm gehen und herausfinden, ob Er uns vernichten und dieses neue, unsichtbare Etwas an unserer Stelle herrschen lassen will.‹
    ›Wie könnte das denn sein?‹ fragte Michael. Michael ist einer der ruhigsten und besonnensten aller Engel. Das findest du in Legenden und auch in der Lehre von den Engeln, der Volksglaube sagt es und weiß der Himmel wer sonst noch. Und es stimmt. Er ist vernunftbetont. Und nun erläuterte er den verstörten Engeln, daß diese winzigen, unsichtbar Anwesenden begreiflicherweise nicht unsere Fähigkeiten haben konnten. Sie konnten sich uns ja kaum bemerkbar machen, und wir waren Engel, vor denen sich unmöglich irgend etwas auf Erden verbergen konnte!
    ›Wir müssen herausfinden, was es ist‹, sagte ich. ›Es ist erdgebunden und Teil der Erde. Es ist nichts Himmlisches. Es ist hier, nahe den Wäldern und Hügeln. ‹
    Dem stimmten alle zu. Wir waren Wesen, vor denen nichts

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