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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Wilder Garten, Lestat, das ist Seine Version von Vollkommenheit. Es entstand alles aus dem gleichen Samen, und ich, Memnoch, der Teufel, bin einfach nicht in der Lage, das zu erkennen. Ich habe nur den schlichten Verstand eines Engels.«
    »Wie stellst du das an, daß du Ihn in deiner Hölle bekämpfst und dennoch den Verdammten zum Himmel verhilfst? Wie?«
    »Was, glaubst du, ist die Hölle?« fragte er. »Du mußt doch inzwischen eine Vermutung haben.«
    »Also, zuerst einmal ist sie das, was wir Purgatorium nennen«, antwortete ich. »Jedermann kann erlöst werden. Das habe ich eurer Auseinandersetzung auf dem Schlachtfeld entnommen. Was also müssen die Seelen in der Hölle auf sich nehmen, damit sie dem Himmel gerecht werden?«
    »Was sollten sie deiner Ansicht nach tun müssen?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe Angst. Wir sind auf dem Wege dorthin, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich möchte jetzt gerne wissen, was du erwartest.«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nur, daß Wesen, die anderen das Leben genommen haben - so wie ich -, dafür büßen sollten.«
    »Büßen oder dafür bezahlen?«
    »Wo ist der Unterschied?«
    »Nun, angenommen, dir würde Gelegenheit gegeben, Magnus zu vergeben, dem Vampir, der dir all dies eingebrockt hat; angenommen, er stünde hier vor dir und sagte: ›Lestat, vergib mir, daß ich dich aus deinem sterblichen Dasein gerissen habe, daß ich dich dem Kreislauf der Natur entrissen habe, daß du meinetwegen Blut trinken mußt, um zu existieren. Tu mit mir, was du willst, damit du mir vergeben kannst.‹ Was würdest du tun?«
    »Du hast ein schlechtes Beispiel gewählt«, sagte ich. »Ich wüßte nicht, was ich ihm zu vergeben hätte. Ich glaube, er wußte nicht, was er tat. Er ist mir egal. Er war ein Monster der Alten Welt. Daß er mich auf die Straße des Teufels brachte, geschah aus einem verqueren, nicht auf mich persönlich gerichteten Impuls heraus. Ich denke nicht einmal mehr an ihn. Er interessiert mich nicht. Wenn er Vergebung braucht, soll er sie bei den Sterblichen suchen, die er während seines Daseins tötete.
    In seiner Feste gab es ein Verlies, in dem sich die Leichen abgeschlachteter Jünglinge stapelten - junger Männer, die mir alle ähnlich sahen. Ich sehe sie immer noch vor mir. Aber das ist ja nur eines von vielen Massakern - Berge von toten jungen Männern, alle blond und mit blauen Augen. Jünglinge, nicht nur ihrer Zukunft, auch ihres Lebens beraubt. All die, denen er auf welche Art auch immer das Leben nahm, müßten ihm vergeben. Jeder einzelne müßte ihm vergeben können.«
    Ich bebte schon wieder. Das war mein mir nur allzu vertrauter Zorn. Und wie zornig war ich nur allzuoft geworden, wenn man mir Vorwürfe gemacht hatte wegen meiner diversen extravaganten Angriffe auf Sterbliche, Männer und Frauen. Und Kinder. Hilflose Kinder.
    »Und du?« fragte Memnoch. »Was, meinst du, wäre notwendig, damit du in den Himmel kommst?«
    »Na, offensichtlich würde für dich zu arbeiten ausreichen«, sagte ich herausfordernd. »So hörte es sich wenigstens an, als du mit mir darüber sprachst. Aber du hast mir immer noch nicht genau gesagt, was du wirklich tust! Du hast mir die Schöpfungsgeschichte und die Leidensgeschichte erzählt, du sprichst von deinen Wegen und Seinen Wegen, du erläuterst, mit welchen Mitteln du auf der Erde gegen ihn arbeitest, und ich kann mir die indirekten Folgen deines Widerstandes vorstellen - wir sind beide dem Sinnlichen verhaftet, wir beide glauben an die Weisheit des Fleisches.«
    »Dazu kann ich nur Amen sagen.«
    »Aber du hast mich immer noch nicht darüber aufgeklärt, was du in der Hölle tust. Wieso stehst du vor dem Sieg? Beförderst du die Seelen derart rasch in Seine Arme?«
    »Schnell und in vollkommener Übereinstimmung mit seinen Forderungen«, antwortete er. »Aber jetzt rede ich nicht von meinem Angebot an dich oder von meinem irdischen Widerstand gegen Ihn. Ich frage dich: Nach allem, was du gesehen hast - was sollte die Hölle deiner Meinung nach sein?«
    »Ich habe Angst zu antworten. Denn ich gehöre dahin.«
    »Es gibt doch nichts, wovor du wirklich Angst hättest. Na los. Sag deine Meinung. Wie sollte die Hölle sein, was sollte eine Seele ertragen müssen, um des Himmels würdig zu sein? Genügt es zu sagen: ›Ich glaube an Gott‹; Jesus, ich glaube an deinen Leidenswegs ›Ich bereue alle meine Sünden, Herr, denn sie haben Dich beleidige?
    Oder: ›Es tut mir leid, daß ich nicht an Dich geglaubt habe, als ich noch

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