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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hatte.
    Ich dachte überhaupt nicht nach, dachte auch nicht an die Pistole in der Küchenschublade. Eine Woge von Energie überflutete mich. Ich rannte in den Saal. Die beiden Männer waren älter, härter als wir, kein bißchen wie Hippies. Auch Hell’s Angels waren sie nicht. Sie waren wirklich Killer. Und sie zuckten sichtbar zusammen, als sie sahen, daß ich ihnen bei ihrem Vorhaben, Blue einfach abzuschleppen, in die Quere kam.
    Ich glaube, du kennst mich, du weißt, ich bin mindestens so eingebildet wie du, und außerdem war ich absolut überzeugt, daß ich etwas ganz Besonderes war, eine Bestimmung hatte, und so ging ich also - geladen und flammend wie ein Blitz - auf die beiden zu, sprühte förmlich Funken, mit diesem absolut selbstbewußten, tänzerischen Gang. Der einzige Gedanke in meinem Kopf war: Wenn Blue sterben konnte, hieß das, auch ich konnte sterben, und für diese Wahrheit durfte es einfach keinen Beweis geben, verstehst du?«
    »Ja, sehr gut sogar.«
    »Ich redete also auf die Typen ein, quasselte schnell und eindringlich und in hochgestochenen viersilbigen Ausdrücken, so, als sei ich ein psychedelischer Philosoph, und ging dabei direkt auf sie zu, während ich ihnen einen Vortrag über Gewalttätigkeit hielt und ihnen unterstellte, sie hätten mich ›und die anderen in der Küche‹ bei einer wichtigen Schulung gestört.
    Ganz plötzlich griff der eine in seine Jacke und zog eine Pistole. Er dachte, er hätte leichtes Spiel. Ich habe es so deutlich in Erinnerung! Er zog einfach die Pistole und richtete sie auf mich. Und er hatte noch nicht ganz gezielt, da hatte ich schon mit beiden Händen danach gegriffen, sie ihm weggerissen; ich trat ihn dabei, so hart ich konnte, und dann schoß ich, und beide Männer waren sofort tot.«
    Roger hielt inne.
    Ich schwieg. Ich war versucht zu lächeln. Das gefiel mir. Ich nickte, natürlich, genau so mußte es angefangen haben, warum hatte ich das nicht gleich erkannt? Er war kein geborener Killer; er wäre mir sonst niemals so interessant erschienen.
    »So schnell ging das, plötzlich war ich ein Mörder«, sagte er. »So schnell. Und noch dazu mit umwerfendem Erfolg, das stell dir mal vor.« Er nahm noch einen Schluck und schaute ins Leere, in Erinnerungen versunken. Er schien jetzt in seinem Gespenstkörper völlig gefestigt, ganz präsent zu sein.
    »Und was hast du dann gemacht?« fragte ich.
    »Wie ich schon sagte. Mein ganzes Leben war verändert. Mir fiel alles mögliche ein - zur Polizei gehen, einen Priester holen, ich sah mich verdammt, wollte meine Mutter anrufen oder Father Kevin, das Hasch in die Toilette kippen, die Nachbarn alarmieren, mein Leben war verpfuscht oder alles zusammen. Aber dann schloß ich nur einfach die Tür ab, setzte mich zu Blue, und eine geschlagene Stunde redete ich auf ihn ein. Blue sagte gar nichts. Nur ich redete. Währenddessen betete ich, daß unten kein Wagen auf die beiden gewartet hatte, aber selbst wenn jemand an die Tür klopfte - ich war darauf vorbereitet, denn ich hatte jetzt die Pistole, in der noch eine Menge Kugeln waren, und ich saß direkt gegenüber der Tür. Also, ich saß da, wachsam und abwartend, die beiden Leichen vor mir, und redete auf Blue ein, aber der starrte die ganze Zeit nur ins Leere, als wäre er auf einem verdammt scheußlichen LSD-Trip, während ich auf Teufel komm raus nach einem Ausweg suchte. Warum sollte ich wegen dieser beiden für den Rest meines Lebens in den Knast wandern? Ungefähr eine Stunde brauchte ich für diesen äußerst logischen Entschluß.«
    »Ach, ja.«
    »Auf der Stelle räumten wir die Bude aus, nahmen alles mit, was uns gehörte, riefen die ändern beiden von der Band an, um ihnen zu sagen, daß wir ihre Sachen an einem Busbahnhof deponiert hätten, weil wir mit einer Razzia rechnen müßten wegen der Drogen. Nach all den Parties und Orgien und nächtlichen Jam Sessions war die Wohnung derart mit Fingerabdrücken übersät, daß man da garantiert keinen Hinweis finden würde. Von uns waren auch noch nie Fingerabdrücke genommen worden. Und zur Sicherheit hatte ich immer noch die Pistole.
    Und dann tat ich noch etwas, ich nahm das Geld der beiden Männer mit. Blue wollte nichts davon, aber ich brauchte die Scheine, um da wegzukommen.
    Wir trennten uns. Ich habe Blue nie wiedergesehen, auch die ändern nicht. Ich glaube, sie wollten nach L. A., ganz groß rauskommen. Blue hatte dann wohl hinterher Drogenprobleme, ich weiß nicht genau. Von dem Augenblick an, als

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