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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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das geschehen war, war ich total verändert. Ich war nie wieder derselbe.«
    »Was hat dich so verändert?« fragte ich. »Ich meine, wo genau lag die Ursache? Daß du Gefallen daran gefunden hattest?«
    »Nein, das bestimmt nicht. Es war kein Vergnügen. Es bedeutete Erfolg, aber Spaß hat es mir nie gemacht. Mord ist Arbeit und außerdem ein schmutziges Geschäft. Es ist wirklich harte Arbeit. Für dich ist es ein Vergnügen, aber schließlich bist du auch kein Mensch.
    Nein, daran lag es nicht. Es war mehr die Tatsache, daß das überhaupt möglich gewesen war. Daß ich dem Mistkerl einfach gegenübertreten und ihm völlig unerwartet die Pistole wegnehmen konnte, einfach so - das war das letzte gewesen, womit er gerechnet hatte. Und daß ich sie dann beide ohne Zögern getötet habe - eigentlich hätten sie allein vor Überraschung sterben müssen.«
    »Sie hielten euch einfach nur für Kids.«
    »Sie hielten uns für Träumer. Und ich war wirklich einer. Auf dem ganzen Weg nach New York dachte ich immer nur: ›Ich bin für etwas Großartiges bestimmt, ich habe eine große Zukunft‹, und diese Fähigkeit, die Fähigkeit, einfach zwei Leute niederzuschießen, das war wie eine Erleuchtung, die Epiphanie meiner Kraft!«
    »Gottgegeben, diese Erleuchtung.«
    »Nein, Schicksal, Bestimmung. Ich sagte schon, Gott hat mir noch nie irgendwelche Gefühle entlockt. Du weißt, was die katholische Kirche behauptet? Daß man um seine Seele fürchten muß, wenn man die Jungfrau Maria nicht verehrt. Ich habe sie nie verehrt und auch keine andere persönliche Gottheit oder irgendeinen Heiligen. Solche Gefühle hatte ich nie. Darum erstaunte mich auch Doras Entwicklung so, besonders weil sie eine so absolut ehrliche Person ist. Aber dazu kommen wir noch. Auf dem Weg nach New York wurde mir klar, daß mein Kult von dieser Welt sein würde, was bedeutete, viele Mitläufer, viel Macht, verschwenderischer Luxus und alle Ausschweifungen dieser Welt.«
    »Ja, ich verstehe.«
    »Diese Vision hatte Wynken gehabt. Wynken hatte seinen weiblichen Anhängern vermittelt, daß es keinen Sinn hatte, aufs Jenseits zu warten. Was man tun wollte, mußte man im Diesseits tun, jede Art Sünde begehen… so stellten es sich die Häretiker damals gewöhnlich vor, nicht wahr?«
    »Ja, einige. Oder zumindest behaupteten es ihre Gegner.«
    »Beim nächsten Mal tötete ich nur wegen des Geldes. Es ging um Kopfgeld. Ich war der ehrgeizigste Bursche in der Stadt. Ich managte wieder eine Band, einen unbekannten Haufen, sie kamen einfach nicht groß raus, obwohl es bei anderen über Nacht klappte. Ich war auch wieder im Drogengeschäft, und diesmal war ich verdammt viel geschickter damit, allerdings entwickelte ich persönlich eine immer größere Abneigung gegen Drogen. Das war in den Anfängen des Drogenhandels, als der Stoff noch mit kleinen Flugzeugen über die Grenze gebracht wurde, es war fast wie früher die Wildwestabenteuer.
    Und da kam mir zu Ohren, daß dieser spezielle Mann auf der Abschußliste eines mächtigen Bosses stand; auf seinen Kopf waren dreißigtausend Dollar ausgesetzt. Der Bursche selbst war absolut bösartig und verbreitete Angst und Schrecken. Er wußte, daß die ihn umlegen wollten. Aber er spazierte am hellichten Tag durch die Gegend, und keiner traute sich an ihn ran.
    Ich schätze, jeder erwartete vom anderen, er würde den Job machen. Keine Ahnung, welche Verbindungen diese Leute untereinander hatten; ich wußte nur eins, der Kerl war Freiwild. Dessen hatte ich mich versichert.
    Dann legte ich mir einen Plan zurecht, wie ich ihn erwischen konnte. Neunzehn war ich da. Ich zog mich an wie einer der Knaben vom College Rollkragenpullover, Blazer, Flanellhosen, kurze Haare und ein Packen Bücher unterm Arm. Ich fand heraus, wo der Mann auf Long Island wohnte, marschierte eines Abends direkt zu der hinteren Auffahrt seines Hauses und erschoß ihn in dem Moment, als er aus seinem Wagen stieg, während seine Frau und seine Kinder ein paar Meter entfernt drinnen beim Abendessen saßen.«
    Er unterbrach sich wieder. Mit tiefem Ernst sagte er dann: »Um etwas so Schändliches zu tun, bedarf es einer besonderen Gattung Lebewesen. Und nicht einmal Reue zu spüren.«
    »Du hast ihn nicht gefoltert wie ich dich«, sagte ich sanft. »Du bist dir all deiner Taten bewußt, so ist es doch? Du weißt, um was es geht. Während ich dich verfolgte, habe ich nur einen unvollkommenen Eindruck davon gewonnen. Ich hatte das Gefühl, du seist auf perverse

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