Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
Düsternis mit ihren Lichtsprenkeln erhellten. Ich tastete mich mit Nachdruck, aber verstohlen in seinen Geist vor, doch ich stieß vor eine verschlossene Tür.
»Ja, das ist das Bild, das ich benutze, um dich auszuschließen. Unangenehm am Worte klebend, für einen so gebildeten Ungläubigen wie dich. Doch andererseits wurde deine Hingabe an den Herrn Christus von den am Wort festhaltenden, naiven Gläubigen genährt, war es nicht so? Nun, hier kommt jemand mit einer Gabe für dich, die unsere Vereinbarung vorantreiben wird.«
»Wir haben eine Vereinbarung, mein Herr? Und wie sollte die lauten?«, fragte ich.
Auch ich hörte den anderen kommen. Ein durchdringender, schrecklicher Geruch drang mir in die Nase. Ich rührte mich nicht, noch öffnete ich die Augen. Ich hörte den anderen lachen, so dunkel und grollend, wie jene es nicht besser gekonnt hätten, die auch das Dies irae so anstößig flott gesungen hatten. Der Geruch war Übelkeit erregend, es war der Geruch nach verbranntem menschlichen Fleisch oder Gewebe. Ich konnte ihn nicht ausstehen. Ich wollte mich umdrehen, aber ich unterdrückte die Bewegung. Getöse, Schmerzen, alles konnte ich ertragen, aber nicht diesen unsäglich schrecklichen Geruch.
»Eine Gabe für dich, Amadeo«, sagte der andere.
Ich sah auf. Ich starrte in die Augen eines Vampirs in der Gestalt eines jungen Mannes mit weißblonden Haaren und der hohen, sehnigen Statur der Nordmänner. Er hielt eine große Urne in die Höhe. Und dann kippte er sie aus. Ich hob abwehrend die Hände und schrie: »Nein, lass das!« Ich wusste, was es war. Doch zu spät. Die Asche regnete auf mich herab, und ich würgte und schrie und krümmte mich zusammen, aber ich hatte sie im Mund und in den Augen und konnte mich nicht davon befreien.
»Die Asche deiner Brüder, Amadeo«, sagte der nordische Vampir und gab sich einem wilden Anfall von Gelächter hin.
Hilflos lag ich am Boden, die Hände vors Gesicht geschlagen, schüttelte ich mich am ganzen Körper, als ich das Gewicht der heißen Asche auf mir spürte. Ich wälzte mich hin und her, dann richtete ich mich auf, sprang auf die Füße und presste mich mit dem Rücken gegen die Wand. Dabei stieß i ch einen großen, mehrarmigen Kerzenständer um. Aus dem Augenwinkel sah ich die kleinen Flammen einen Bogen formen und dann im Staub einsinken. Ich hörte Knochen klappern. Ich warf die Arme abermals schützend vors Gesicht.
»Wo ist nun unsere ganze hübsche Gelassenheit?«, fragte der nordische Vampir. »Nun weinen wir, nicht wahr, kleiner Cherub? So nannte dich dein Herr doch, oder? Da!« Er zerrte an meinem Arm und versuchte, mir die Asche ins Gesicht zu schmieren.
»Du verdammter Unhold!«, schrie ich. Ich war rasend vor Wut und Empörung. Mit beiden Händen grabschte ich nach seinem Kopf und drehte ihn mit aller Kraft nach hinten, bis die Wirbelknochen zersprangen. Dann versetzte ich ihm einen gewaltigen Tritt mit dem rechten Fuß. Er sank jammernd auf die Knie, und ich gelobte mir, er würde nicht überleben, nicht in einem Stück, und indem ich mich mit meiner ganzen Kraft gegen ihn stemmte, riss ich an seinem Kopf, bis Haut und Gewebe nachgaben und das Blut aus dem abgetrennten, klaffenden Rumpf schoss.
»Ah, nun seht Euch an, mein Herr!«, sagte ich höhnisch, während ich in seine irren Augen starrte. Die Pupillen rührten sich noch immer. »Ach, stirb, los, es ist das Beste für dich!« Ich sah mich hastig in alle Richtungen um, bis ich eine Kerze fand, die ich von ihrem eisernen Dorn zerrte, dann grub ich die Finger meiner linken Hand in sein Haar und rammte ihm die Kerze in die Augenhöhlen, erst rechts, dann links, bis er nicht mehr sehen konnte.
»Ah, so geht es also auch!«, sagte ich und blinzelte, weil mir das Kerzenlicht in die Augen schien.
Nach und nach konnte ich jetzt die Gestalt des Schwarzhaarigen erkennen. Das dichte, krause Haar hing ungebändigt und verfilzt herab, die schwarze Kutte floss über die Kante des Schemels, auf dem er saß leicht abgewandt von mir, doch so, dass er mich immer noch im Blickfeld hatte und ich meinerseits seine Züge im Lichtschein leicht ausmachen konnte. Edle, schöne Züge, und mit den sich kräuselnden Lippen nicht weniger eindrucksvoll als die großen Augen. »Ich mochte ihn sowieso nie«, sagte er sanft und fuhr mit hochgezogenen Brauen fort: »Obwohl ich sagen muss, dass du mich wirklich beeindruckst. Und ich habe bestimmt nicht erwartet, ihn so früh zu verlieren.«
Mich schauderte. Eine
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