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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sich hin, die Augen immer noch groß und ganz hell, ohne Tränen, ohne das angestrengte Fältchen zwischen den Brauen.
    »Wir gleichen uns, du und ich« flüsterte sie, während sie auf mich niederblickte. Ihre Hand lag dicht neben meiner Wange, und ganz leicht legte sie nun die weiche Spitze ihres Zeigefingers an mein Gesicht.
    »Wir gleichen uns?«, wiederholte ich. »Was um alles in der Welt meinst du?«
    »Monster«, sagte sie. »Kinder.«
    Ich lächelte. Aber sie lächelte nicht. Ihr Blick war verträumt. »Ich war so froh, als du kamst! Ich wusste, er war tot. Ich wusste es, als du da hinten am Flügel standest und mich ansahst. Ich war so glücklich, dass da jemand war, der ihn töten würde.«
    »Tust du etwas für mich?«, fragte ich.
    »Was? Armand, ich würde alles für dich tun.«
    »Geh zum Flügel und spiel für mich. Spiel die Appassionata.« »Aber was ist mit unserem Plan?«, fragte sie verwundert. »Der Übeltäter - er muss jeden Moment kommen.«
    »Überlass das Benji und mir. Dreh dich nicht um, schau nicht hin. Spiel einfach nur die Appassionata.«
    »Bitte, nein«, bat sie sanft.
    »Aber warum nicht? Warum musst du dir eine solche Prüfung auferlegen?«
    »Du verstehst nicht«, sagte sie mit weit aufgerissenen Augen. »Ich will es sehen!«

22
     
    B enji war gerade zurückgekommen. Für Sybelle noch nicht hörbar, drang der Klang seiner Stimme zu mir herauf und verscheuchte sofort den Schmerz aus meiner Haut.
    Er redete munter drauf los: »Das sag ich ja, verstehen Sie? Es liegt unter dem Toten, und wir mögen den nicht anfassen, und wo Sie doch ein Bulle sind. Sie wissen schon. Sie gehören doch zur Drogenfahndung, und jemand hat mir gesagt, Sie wüssten, was zu tun ist …«
    Ich musste lachen. Er hatte sich wirklich selbst übertroffen. Ich sah abermals zu Sybelle hinüber, die den Blick mit einem Ausdruck ruhiger Entschlossenheit zurückgab, der gleichzeitig von Intelligenz und tiefer Nachdenklichkeit zeugte.
    »Los, leg mir die Decke über den Kopf«, sagte ich, »und dann zieh dich zurück, möglichst weit. Er hat da nämlich einen echten König der Schurken mitgebracht. Beeil dich!«
    Sie reagierte sofort. Obwohl mein Opfer noch im Fahrstuhl war und leise, in bedachten Ausdrücken, mit Benji verhandelte, konnte ich das Blut schon riechen.
    »Und ihr habt das ganze Zeug rein zufällig in eurem Apartment, du und sie, und da ist sonst keiner dran beteiligt?« Oh, er war ein Prachtstück! Er hatte sogar die Stimme eines Mörders.
    »Ich habe Ihnen alles gesagt.« Benji sprach völlig aufrichtig. »Sie helfen uns einfach in dieser Angelegenheit. Wissen Sie, ich kann die Polizei hier nicht gebrauchen.« Und flüsternd fügte er hinzu:
    »Dies ist ein gutes Hotel. Konnte ich denn wissen, dass der Typ ausgerechnet hier stirbt? Wir benutzen das Zeug nicht selbst. Sie nehmen es mit und schaffen dafür die Leiche weg. Aber ich muss Ihnen noch etwas sagen -«
    Die Fahrstuhltüren öffneten sich.
    »- Die Leiche sieht ziemlich schrecklich aus, also fangen Sie nicht an, mich vollzuheulen, wenn Sie das sehen.«
    »Dich vollheulen«, knurrte mein Opfer vor sich hin. Ich hörte ihre Füße eilig über den Teppich huschen.
    Benji fummelte in gespielter Aufregung mit den Schlüsseln. Dabei rief er warnend: »Sybelle, mach die Tür auf!«
    »Das tust du nicht!«, flüsterte ich ihr zu.
    »Natürlich nicht!«, sagte sie seidenweich.
    Die schweren Bolzen der Tür drehten sich.
    »Und dieser Typ kommt so ganz zufällig zu euch und stirbt euch unter der Hand weg, mit dem ganzen Zeug in der Tasche?«
    »Na, nicht ganz«, erwiderte Benji. »Aber Sie haben ja wohl einen Handel mit mir abgeschlossen, oder? Ich denke, ich bleibe bei der Geschichte.«
    »Hör zu, du kleine Straßenkröte, hier läuft nichts mit Handel.«
    »Gut, dann sollte ich vielleicht doch die richtigen Polizisten holen. Ich kenne Sie. Jeder in der Bar kennt Sie, Sie hängen immer da rum. Was wollen Sie machen. Sie Großkotz, mich umbringen?« Die Tür schloss sich hinter ihnen. Das Aroma des männlichen Blutes überflutete das ganze Apartment. Er war berauscht, sowohl von Brandy als auch von Kokain, aber das machte für meinen reinigenden Durst nicht den mindesten Unterschied. Ich konnte mich kaum noch zurückhalten. Ich merkte, wie sich meine Glieder anspannten, und versuchte, mich unter der Decke etwas zu strecken.
    »Na, das ist ja die reinste Prinzessin«, sagte er, als seine Augen auf Sybelle fielen. Sie gab keine

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