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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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möchte, dass du dich dort hinten in die Ecke setzt und dich zu dem, was die siehst, mit keinem Wort äußerst.«
    »Aber was geschieht jetzt?«, flüsterte sie. Zum ersten Mal schien sie nun Furcht zu empfinden. Sie ließ ihre Blicke über die hüpfenden Flämmchen gleiten, über die flackernden Kerzen und die bildergeschmückten Wände.
    »Tu einfach, was ich dir sage.« Es ging nicht anders, sie musste gehorchen, denn woher sollte ich wissen, ob die Königin mich trinken ließ? Kaum war Bianca fest eingemummt in ihren schweren Umhang möglichst weit weg – ob es nützen würde, war ungewiss –, betete ich stumm um Das Blut.
    Du siehst mich, du siehst meinen Zustand, du weißt, dass ich Verbrennungen habe. Darum hast du mir schließlich die Tür geöffnet und mich eingelassen – weil ich es nicht fertig brachte. Du siehst gewiss, wie monströs ich aussehe. Hab Erbarmen mit mir, und lass mich von dir trinken, wie schon früher, in der Vergangenheit. Ich brauche Das Blut. Nie zuvor war es so dringend. Und so nähere ich mich dir voller Respekt. Ich nahm die Ledermaske ab und legte sie zur Seite; ich war jetzt so grauenvoll anzusehen wie die alten verbrannten Götter, die Akasha früher zermalmte, wenn sie zu ihr vordrangen. Würde sie mich ebenso zurückweisen? Oder wusste sie schon längst, was mir zugestoßen war, ehe sie die Tür öffnete? Ich erhob mich langsam, bis ich zu ihren Füßen kniete und ihr meine Hand an die Kehle legen konnte, immer in gespannter Erwartung, ob Enkils Arm sich drohend erhob, aber nichts geschah. Ich küsste Akashas Kehle, spürte ihre Flechten an meiner Wange und konnte den Blick nicht von dem weißen Fleisch vor meinen Augen wenden. Ich hörte Bianca leise weinen.
    »Nicht weinen, Bianca«, hauchte ich.
    Dann drückte ich unvermittelt mit wildem Nachdruck meine Zähne in Akashas Fleisch, wie ich es schon so oft getan hatte, und das dickflüssige Blut ergoss sich in meinen Mund, hell und heiß wie das Licht der Lampen und Kerzen, ergoss sich in meinen Körper und beschleunigte meinen Herzschlag, wurde in mich hineingepumpt, als hätte mein Herz einen eigenen Willen. Mich erfasste ein Schwindel, und mein Körper wurde ganz leicht. Wie in weiter Ferne weinte Bianca. Hatte sie Angst? Ich sah den Garten. Den, den ich gemalt hatte, nachdem ich mich in Botticelli verliebt hatte, und Orangenbäumchen und Blumen wuchsen darin, aber dennoch war es mein Garten, der Garten am Hause meines Vaters draußen vor den Toren Roms. Es war so lange her, aber wie hätte ich je den eigenen Garten vergessen können, in dem ich einst als Kind gespielt hatte? Meine Gedanken wanderten zurück zu jenen Tagen, als ich ein Sterblicher war, und da war mein Garten, der Garten meines Vaterhauses, und ich schlenderte durch das weiche Gras und lauschte dem Plätschern des Brunnens, und dann schien es mir plötzlich, dass der Garten sich im Laufe der Zeiten verändert hatte und doch derselbe geblieben war. Ich legte mich ins Gras, und über mir regten sich die Zweige der Bäume. Jemand sprach zu mir, schnell und sanft, aber ich konnte es nicht verstehen. Und dann wusste ich, dass Amadeo verletzt war, dass er in der Hand von Geschöpfen war, die ihm Schmerzen zufügten und Übles antaten, und dass ich jetzt nicht zu ihm eilen konnte, denn dann würde ich nur in die Fallen stolpern, die sie mir gestellt hatten.
    Ich war der Hüter des Königs und der Königin, wie ich Bianca gesagt hatte, ja, ihr Hüter, und ich musste Amadeo in die Zeit entlassen, und vielleicht, wenn ich diese Aufgabe erfüllte, vielleicht würde mir Pandora dann ja zurückgegeben. Pandora, die in den Städten des Nordens umherzog, Pandora, die gesehen worden war.
    Der Garten war grün und voller Düfte, und darin sah ich deutlich Pandora, in ihrem weichen weißen Gewand, das Haar lose herabfallend, wie ich es Bianca beschrieben hatte. Sie kam auf mich zu. Sie sprach mich an. Die Königin will, dass wir zwei zusammen sind, sagte sie. Staunen stand in ihren großen Augen, und ich wusste, sie war mir nahe, so nahe, dass ich beinahe ihre Hand berühren konnte. Das kann ich mir nicht einbilden, unmöglich, dachte ich. Und in meiner Erinnerung hörte ich ganz lebhaft Pandoras Stimme, wie sie, als wir Brautleute waren, mit mir in unserer ersten Nacht stritt. Selbst jetzt, da dieses neue Blut durch meine Adern rast, an mir frisst und mich verwandelt, selbst jetzt klammere ich mich, um Halt zu finden, weder an Vernunft noch Aberglauben. Ich kann mich in

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