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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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fragte ich. »Wohin sie auch mit mir geht, sie wird immer nach ihr Ausschau halten. Und Pandora wird mein Bild aus Biancas engelsgutem Geist lesen. Und so finden wir beide, Pandora und ich, einander vielleicht durch sie. Was ich getan habe, fiele ihr im Traum nicht ein. Sie glaubt nur, es ist mir ein Trost, wenn sie mir zuhört. Und ich, ich schleppe sie in den Norden, obwohl ich sie liebe, denn dort wurde, wie Raymond Gallant sagt, Pandora zuletzt gesehen.
    Es ist gemein, aber ich brauche dieses ehrgeizige, eigennützige Ziel, um weiterleben zu können, und dafür lasse ich Amadeo im Stich, den ich eigentlich retten sollte, sobald ich meine ganze Kraft zurückgewonnen habe.«
    Ein Geräusch fuhr durch die Kapelle. Was war das? Das Zischen der letzten Kerze? Nein, eine Stimme schien stumm zu mir zu sprechen.
    Du kannst Amadeo nicht retten. Du bist der Hüter der Eltern.
    » Ja, ich werde schläfrig«, wisperte ich und schloss die Augen. »Solche Dinge weiß ich, das war schon immer so.« Reise weiter, such nach Raymond Gallant, vergiss es nicht. Du musst dir sein Gesicht noch einmal anschauen.
    »Ja, die Talamasca«, murmelte ich. »Und die Burg Lorwich in East Anglia. So nannte er das Mutterhaus. Ja, ich erinnere mich an die beiden Seiten der goldenen Münze.«
    Halb im Traum dachte ich an das Bankett, wo er sich so verstohlen an mich herangemacht und mich mit so naiven und gleichzeitig neugierigen Blicken betrachtet hatte. Ich dachte an die Musik und an das Lächeln, das Amadeo Bianca beim Tanz geschenkt hatte. Und dann sah ich die Münze in meiner Hand, mit dem eingeprägten Bild der Burg, und ich dachte, träume ich denn nicht? Aber anscheinend sprach Raymond Gallant mit mir, ganz deutlich sogar:
    »Hör zu, Marius, denk dran, Marius. Wir wissen von ihr, Marius. Wir wachen, und wir sind immer da.«
    »Ja, nach Norden«, flüsterte ich. Und mir kam es vor, als ob die Königin des Schweigens wortlos ihre Zufriedenheit kundtat.

 
     
     
28
     
    N un, da ich zurückblicke, zweifle ich nicht mehr daran, dass Akasha mich von Amadeos Rettung abhielt, und wenn ich alles hier Erzählte bedenke, griff sie ebenso auch zu anderen Zeiten in mein Leben ein.
    Wenn ich nach Rom zu gehen versucht hätte, wäre ich Santino in die Hände gefallen und getötet worden. Und gab es ein besseres Lockmittel als das Versprechen, Pandora möglicherweise wiederzufinden?
    Natürlich stand mir mein Zusammentreffen mit Raymond Gallant in allen Einzelheiten lebhaft vor Augen, und die hatte sich Akasha mit ihren ungeheuren Fähigkeiten herausgefiltert. Pandoras Beschreibung, wie ich sie Bianca anvertraut hatte, war ebenfalls real und der Königin bekannt, wenn sie meinen Gebeten aus dem fernen Venedig ihr Ohr geliehen hatte. Wie auch immer, auf jeden Fall war ich seit der Nacht nach unserer Ankunft im Schrein darauf fixiert, Pandora zu suchen und zurückzugewinnen. Hätte mir jemand erzählt, dass sich das zweihundert Jahre hinziehen würde, wäre ich wohl verzweifelt. Ich wusste nur, dass ich hier, im Schrein, in Sicherheit war, dass ich Akasha zu meinem Schutz hatte und Bianca zu meinem Wohlergehen. Wohl über ein Jahr trank ich von dem Quell der Mutter. Und die Hälfte der Zeit gab ich Bianca von meinem Blut ab. Während der Nächte, die ich hier verbrachte, weil ich die Tür nicht öffnen konnte, sah ich selbst, wie mein Körper mit jedem göttlichen Schmaus kräftiger wurde, und die langen Stunden vertrieben Bianca und ich uns mit ehrfürchtigen, im Flüsterton geführten Gesprächen. Wir begannen, das Lampenöl und den Kerzenvorrat einzuteilen, denn wir hatten keine Vorstellung, wie lange es dauern könnte, bis ich imstande war, die Tür zu öffnen, um in entfernt gelegenen Alpentälern in Städten und Marktflecken zu jagen. Eines Nachts schließlich hatte ich eine so starke Eingebung, jetzt den Versuch zu wagen, dass ich sofort wusste, dass dieser Gedanke mir nicht von selbst gekommen war. Ich konnte die Tür jetzt öffnen, ich konnte hinaus, und ich konnte Bianca mitnehmen. Was nun meine Erscheinung anging, die ich der Außenwelt präsentierte – meine Haut war noch immer kohlrabenschwarz und stellenweise stark verkohlt, als hätte man mich mit einem heißen Eisen traktiert. Aber das Gesicht, das mir aus Biancas Spiegel entgegensah, hatte wieder seine alte Form und den heiter gelassenen Ausdruck, der mir immer so vertraut gewesen war. Mein Körper hatte nahezu die alte Stärke wiedererlangt, und meine Hände waren die eines Gelehrten

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