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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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tun.«
    Mael wirkte sehr niedergeschlagen. Inzwischen stimmten meine Gefühle mit meinem Verstand fast schon überein. Ich dachte: Hier sind wir, zwei Unsterbliche, doch wir können uns gegenseitig keinen Trost geben; Freundschaft ist nicht möglich. Wir können uns nur unter harschen Worten trennen. Und dann bin ich wieder allein. Wieder bin ich der stolze Marius, der Pandora verließ. Und ich habe mein Haus und all meine schönen Besitztümer wieder für mich allein.
    Ich merkte, dass Avicus mich unverwandt ansah, dass er versuchte, in meine Gedanken einzudringen; aber er hatte keinen Erfolg, obwohl diese Gabe bei ihm sehr stark ausgeprägt war.
    »Warum lebt ihr wie Vagabunden?«, fragte ich.
    »Etwas anderes kennen wir nicht«, bekannte Avicus. »Wir haben es noch nie versucht. Wir scheuen vor den Sterblichen zurück, außer wenn wir jagen. Wir fürchten die Entdeckung, wir fürchten das Feuer.« Ich nickte.
    »Strebt ihr nach anderem als nach Blut?«
    Ein Ausdruck des Elends huschte über sein Gesicht. Er fühlte sich schmerzlich berührt. Er suchte es zu verbergen. Oder vielleicht, den Schmerz zu verdrängen.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob wir etwas erstreben«, gab er zu. »Wir wissen nicht, wie.«
    »Wollt ihr bei mir bleiben und es lernen?«, fragte ich. Ich spürte, wie unverschämt und überheblich die Frage klang, aber nun war sie ausgesprochen.
    »Ich kann euch die römischen Tempel zeigen; ich kann euch die großen Paläste zeigen, die Häuser, neben denen diese Villa wirklich ganz unbedeutend ist. Ich kann euch zeigen, wie man die düsteren Schatten nutzt, damit die Sterblichen euch nicht sehen können, wie man flink und unhörbar Wände erklimmt und des Nachts über die Dächer der Stadt huscht, ohne je den Boden zu berühren.«
    Avicus schaute erstaunt. Er blickte zu Mael hinüber. Mael saß zusammengesunken da, ohne etwas zu sagen. Schließlich raffte er sich auf.
    Mit schwacher Stimme fuhr er in seiner vorwurfsvollen Rede fort. »Ich wäre stärker gewesen, wenn du mir nicht von all diesen wunderbaren Dingen erzählt hättest«, warf er mir vor, »und nun fragst du, ob wir deine Freuden teilen wollen, die Freuden eines Römers.«
    »Anderes kann ich euch nicht anbieten. Tut, was ihr möchtet.« Mael schüttelte den Kopf. Er nahm abermals das Wort, zu wessen Wohl auch immer:
    »Als klar wurde, dass du nicht zurückkehren würdest, wählten sie mich. Ich sollte der Gott werden. Aber dazu mussten wir erst einmal einen Gott des Haines finden, den das Schreckensfeuer nicht getötet hatte. Immerhin hatten wir dummerweise unseren eigenen sanften Gott vernichtet! Ein Geschöpf, das an dir den Zauber gewirkt hatte. Wir sandten Botschaften in alle Himmelsrichtungen aus. Endlich kam aus Britannien eine Antwort. Dort hatte ein Gott das Feuer überlebt, ein sehr alter und sehr starker Gott.« Ich blickte Avicus an, aber sein Ausdruck blieb unverändert. »Man warnte uns jedoch, den Gott aufzusuchen. Man riet uns, wir sollten es vielleicht besser bleiben lassen. Diese Nachrichten verwirrten uns, und schließlich machten wir uns doch auf, denn wir glaubten, wir müssten wenigstens den Versuch wagen.«
    »Und wie fühltest du dich«, fragte ich boshaft, »nun, da man dich erwählt hatte und du wusstest, dass du in der Eiche eingeschlossen wärest und nie wieder die Sonne sehen würdest? Nur Blut trinken dürftest du, während des hohen Festes und wenn der Mond voll war!«
    Er sah starr geradeaus, als habe er keine anständige Antwort darauf, und dann entgegnete er: »Du hattest mich verdorben, ich sagte es schon.«
    »Also hattest du Angst. Die Gläubigen des Waldes konnten dich nicht trösten. Und mir gabst du die Schuld.«
    »Nein, Angst war es nicht«, sagte er wütend mit zusammengebissenen Zähnen. »Verderbtheit.« Seine kleinen, tief liegenden Augen blitzten mich an. »Weißt du, was es bedeutet, an gar nichts zu glauben, keinen Gott zu haben, keine Wahrheit?«
    »Sicher weiß ich das«, antwortete ich. »Ich glaube an nichts. Ich halte das für weise. Schon als Sterblicher hatte ich keinen Glauben, und jetzt auch nicht.«
    Ich glaube, ich sah Avicus zusammenzucken. Ich hätte vielleicht noch mehr gesagt, aber ich sah, dass Mael weitersprechen wollte.
    Immer noch geradeaus starrend, erzählte er seine Geschichte: »Wir traten die Reise an. Wir überquerten die Meerenge nach Britannien und reisten gen Norden in ein Land voller grüner Wälder, und dort trafen wir auf eine Gruppe von Priestern, die unsere

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