Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
Schließlich traf ich eine Entscheidung, die, wie mir schien, eine Art Abrechnung und eine Art von Triumph in sich barg.
»Nein, ich kam nicht zurück«, gab ich geradeheraus zu. »Ich wollte nicht der Gott des Heiligen Haines sein. Die Gläubigen des Waldes waren mir einerlei. Ich zog es vor, die Zeiten zu durchwandern. Ich glaube nicht an eure Götter und eure Opfer. Was hattest du denn von mir erwartet?«
»Du nahmst die Zauberkräfte unseres Gottes mit dir.«
»Mir blieb nichts anderes übrig«, sagte ich. »Wenn ich von dem alten, verbrannten Gott nicht die magischen Kräfte übernommen hätte, hättet ihr mich getötet. Und ich wollte nicht sterben. Ja, ich nahm die zauberischen Kräfte, die er mir übertrug, und ja, ich saß eurem Opferfest vor; und dann floh ich, wie es jeder andere auch getan hätte.«
Er sah mich lange an, als müsse er erst entscheiden, ob ich immer noch streiten wollte.
»Und was sehe ich nun in dir?«, wollte ich wissen. »Hast du die Getreuen des Waldes nicht im Stich gelassen? Wieso stoße ich in Rom auf dich?«
Er ließ eine ganze Weile verstreichen. Dann hob er an: »Unser Gott, unser alter, verbrannter Gott, er sprach von Ägypten. Er hatte gesagt, dass wir ihm jemanden bringen sollten, der nach Ägypten reisen könnte. Warst du denn dort? Hast du nach der Guten Mutter gesucht?«
Ich verhüllte meine Gedanken, so gut ich es vermochte, während ich abzuschätzen versuchte, wie viel ich eingestehen sollte. »Ja, ich ging nach Ägypten«, sagte ich. »Weil ich den Grund für das Feuer herausfinden wollte, das die alten Götter in allen Ländern des Nordens verbrannt hatte.«
»Und was hast du herausgefunden?«, wollte er wissen. Ich schaute von ihm zu Avicus, und ich sah, dass auch er auf meine Antwort gespannt war.
»Nichts«, antwortete ich. »Nichts, nur weitere verbrannte Bluttrinker, die alle über das gleiche Geheimnis nachgrübelten. Und die alte Sage von der Guten Mutter. Sonst nichts. Mehr gibt es nicht zu erzählen.«
Glaubten sie mir? Ich konnte es nicht sagen. Beide schienen sie eigene Geheimnisse, frühere Entscheidungen zu hüten, die sie schon vor langer Zeit getroffen hatten.
Avicus warf einen leicht besorgten Blick auf seinen Gefährten. Mael sah langsam auf und sagte zornig:
»Ach, hätte ich dich doch nur nie zu Gesicht gekriegt, du gemeiner, reicher Römer mit all deinem Glanz und deinen feinen Reden.« Er sah sich um, betrachtete die Wandgemälde, die Ruhebetten und Tische, den marmornen Boden. »Wieso sagst du das jetzt?«, fragte ich.
Ich mühte mich, ihn nicht zu verachten, sondern ihn einfach anzusehen, ihn zu verstehen, aber mein Hass war zu groß.
»Als ich dich gefangen nahm«, erwiderte er, »als ich dich unsere Dichtung, unsere Lieder zu lehren suchte, da wolltest du mich bestechen, erinnerst du dich? Du erwähntest dein herrliches Landhaus in der Bucht von Neapel. Du sagtest, dass du mich dorthin mitnehmen würdest, wenn ich dir zur Flucht verhülfe. Erinnerst du dich daran?«
»Ja, sicher weiß ich das noch«, sagte ich kühl. »Ich war dein Gefangener! Du hattest mich gegen meinen Willen in die tiefsten Wälder verschleppt. Was hattest du denn erwartet? Wenn du mich hättest entkommen lassen, hätte ich dich natürlich mit zu diesem Landhaus genommen. Das wäre mein Lösegeld gewesen. Oder mein Familie hätte gezahlt. Ach, es ist zu albern, darüber zu streiten.«
Ich schüttelte den Kopf. Ich regte mich wieder zu sehr auf. Meine alte Einsamkeit winkte mir aus der Ferne zu. Ich wollte, dass wieder Stille in diese Räume einkehrte. Brauchte ich diese beiden denn? Aber der eine, Avicus, wandte sich mit bittender Miene an mich. Und ich fragte mich, wer er wohl war.
»Bitte, errege dich nicht«, sagte er. »Mael leidet meinetwegen so.«
»Nein«, warf Mael hastig ein und blickte seinen Gefährten an. »Das stimmt nicht.«
»O doch«, erklärte Avicus, »es ist so, seit ich dir das Blut der Finsternis gab. Du musst die Kraft haben zu entscheiden, ob du bei mir bleibst oder mich verlässt. So, wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.«
Er legte seine Hand auf Maels Arm. »Du hast jetzt diesen Fremden, Marius, gefunden, und du hast ihm von den letzten Jahren deines tiefen Glaubens erzählt. Du hast dieses fürchterliche Elend noch einmal durchlebt. Aber sei nicht so dumm, ihn für das Geschehene zu hassen. Er suchte zu Recht die Freiheit. Was uns betrifft – der alte Glaube starb. Das Schreckensfeuer vernichtete ihn, und es blieb nichts zu
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