Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
auf eine Wandvertäfelung in der Bibliothek des Hauses in Olney Court aufgemalt, aber keines der beiden alten Tagebücher, die es erwähnen, liefern Hinweise über seinen endgültigen Verbleib.
Während dieser Zeit erschien der launische Gelehrte ungewöhnlich geistesabwesend und verbrachte so viel Zeit wie möglich auf seiner Farm. Er schien sich, so wurde behauptet, in einem Zustand unterdrückter Aufregung oder Anspannung zu befinden, als erwarte er etwas Außergewöhnliches oder als stünde er kurz vor einer außergewöhnlichen Entdeckung. Chemie oder Alchemie schienen dabei wohl eine große Rolle zu spielen, denn er nahm den Großteil der Bücher zu diesem Thema aus dem Haus mit auf die Farm.
Sein Getue um das Wohl der Gemeinde hielt an; er versäumte keine Gelegenheit, führende Persönlichkeiten wie Stephen Hopkins, Joseph Brown und Benjamin West dabei zu unterstützen, das kulturelle Niveau der Stadt zu verbessern, die damals in der Förderung der freien Künste weit unter Newport stand. Er half Daniel Jenckes 1763 bei der Gründung einer Buchhandlung und war anschließend dessen bester Kunde; ebenso half er der ums Überleben kämpfenden Gazette, die jeden Mittwoch im Haus Zu Shakespeares Haupt erschien. Politisch unterstützte er eifrig Gouverneur Hopkins gegen die Ward-Partei, die damals vor allem in Newport stark war, und seine wirklich gewandte Rede 1765 in der Hacher’s Hall gegen die Etablierung von Nord-Providence als eigene Stadt und seine Stimmabgabe für Ward in der Generalversammlung trugen mehr als alles andere dazu bei, die Vorurteile ihm gegenüber abzubauen.
Doch Ezra Weeden, der ihn genau beobachtete, höhnte nur zynisch über all diese äußeren Tätigkeiten. Er schwor ganz offen, dies alles sei nur ein Deckmantel für Curwens unbeschreiblichen Verkehr mit den schwärzesten Schlünden des Tartarus. Der erbitterte junge Mann machte sich daran, Curwen und seine Unternehmungen systematisch zu studieren, sobald er sich im Hafen befand. Wenn er in den Nächten Licht in den Lagerhallen von Curwen sah, verbrachte Weeden oft Stunden an der Anlegestelle, versteckt in seinem Ruderboot, und mehrmals folgte er Curwens kleinem Boot, das sich zuweilen still und heimlich in die Bucht davonstahl. Er beobachtete auch das Gut bei Pawtuxet, so oft es ging, und einmal wurde er von den Hunden, die das alte Indianerpaar auf ihn hetzte, schlimm gebissen.
3
1766 vollzog sich die letzte, entscheidende Veränderung Joseph Curwens. Sie trat ganz überraschend ein und erregte bei den neugierigen Bürgern der Stadt einiges Aufsehen – gleich einem alten Mantel fiel von Curwen die Aura der Anspannung und Erwartung ab und wich flugs einer kaum verhohlenen Freude, wie über einen großen Erfolg. Curwen schien sich kaum zurückhalten zu können, öffentlich darüber zu reden, was er entdeckt oder erfahren oder geschaffen hatte, doch anscheinend war die Notwendigkeit zur Geheimhaltung größer als das Verlangen, seine Freude mit anderen zu teilen, denn eine Erklärung gab er nie ab.
Es war nach dieser Veränderung, die wohl Anfang Juli stattgefunden hatte, dass der düstere Gelehrte begann, die Menschen mit Informationen zu verblüffen, von denen eigentlich nur ihre längst verstorbenen Vorfahren etwas wissen konnten. Curwens fieberhafte geheime Aktivitäten hörten nach dieser Veränderung keineswegs auf. Im Gegenteil, sie schienen noch zuzunehmen, bis er immer größere Bereiche seiner Seehandelsgeschäfte von den Kapitänen leiten ließ, die er nun durch Einschüchterung an sich kettete. Den Sklavenhandel gab er völlig auf, weil angeblich die Einkünfte daraus ständig sanken.
Jeden verfügbaren Augenblick verbrachte er auf der Farm in der Nähe von Pawtuxet. Allerdings gab es hin und wieder Gerüchte, er sei an Orten gesehen worden, die zwar nicht direkt an Friedhöfe grenzten, ihnen aber doch nahe lagen, sodass nachdenkliche Leute sich fragten, wie grundlegend der alte Kaufmann seine Angewohnheiten denn wirklich geändert hatte.
Ezra Weeden, dessen Möglichkeiten, Curwen hinterherzuspionieren, wegen seiner Seereisen natürlich begrenzt waren, wurde von einer rachsüchtigen Beharrlichkeit getrieben, an der es den meisten der einfach gesinnten Bürger und Bauern mangelte, und er überprüfte Curwens Verhalten so sorgfältig, wie es niemand zuvor getan hatte. Viele der seltsamen Manöver auf den Schiffen des merkwürdigen Kaufmanns waren wegen der zeitbedingten Unruhen hingenommen worden, da nahezu jeder der
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