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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Selbstverständlich gab es für solche Dinge auf der Rückseite eines Viehhofes und in einer Gegend mit zahlreichen Grabstätten der Indianer ganz natürliche Erklärungen, doch Weeden und Smith zogen ihre eigenen Schlüsse.
    Im Januar 1770, als Weeden und Smith noch immer ergebnislos darüber debattierten, was sie denn in der ganzen bestürzenden Angelegenheit unternehmen sollten, trug sich der Zwischenfall mit der Fortaleza zu. Ergrimmt über den Brandanschlag auf die Staatsschaluppe Liberty im vergangenen Sommer in Newport, hielt die Zollflotte unter Admiral Wallace strengere Ausschau nach fremden Schiffen.
    Bei dieser Gelegenheit wurde eines Morgens durch den bewaffneten Schoner Seiner Majestät, die Cygnet unter Kapitän Harry Leshe, nach kurzer Verfolgung die Schute Fortaleza aus dem spanischen Barcelona abgefangen. Dem Logbuch des Kapitäns Manuel Arruda zufolge war sie von Kairo in Ägypten nach Providence unterwegs. Als das Schiff nach Schmuggelware durchsucht wurde, entdeckte man erstaunt, dass die gesamte Fracht aus ägyptischen Mumien bestand. Sie waren für den »Matrosen A. B. C.« bestimmt, dessen Identität Kapitän Arruda geschworen hatte, nicht zu enthüllen und der kurz vor Nanquit Point mit einem Leichter aufkreuzen sollte, um seine Güter zu empfangen.
    Die Vizeadmiralität in Newport war ratlos, wie sie in diesem Fall verfahren sollte. Die Fracht stellte zwar keine Schmugglerware dar, war aber ungesetzlich ins Land gebracht worden. Schließlich einigte man sich auf die Empfehlung des Steuerbeamten Robinson, das Schiff freizulassen, ihm aber den Anlauf eines Hafens in Rhode Island zu untersagen. Später gab es Gerüchte, das Schiff sei im Bostoner Hafen gesehen worden, obwohl es dort offiziell nie eingelaufen ist.
    Dieser ungewöhnliche Vorfall erregte großes Aufsehen in Providence, und es gab kaum jemanden, der nicht an einen Zusammenhang zwischen der Mumienfracht und dem finsteren Joseph Curwen glaubte. Seine exotischen Studien und sonderbaren chemischen Einkäufe aus dem Ausland waren weithin bekannt und seine Vorliebe für Friedhöfe erregte allgemein Argwohn; so bedurfte es keiner großen Fantasie, ihn mit der bizarren Lieferung in Verbindung zu bringen, die für niemanden sonst in der Stadt bestimmt gewesen sein konnte. Als wäre er sich dieser Vermutung bewusst, bemühte Curwen sich bei mehreren Anlässen, wie beiläufig vom chemischen Wert des in Mumien gefundenen Balsams zu sprechen – er glaubte vielleicht, dass die Angelegenheit dadurch weniger unnatürlich erscheine, doch seine Verwicklung darin gab er nie zu. Weeden und Smith hegten natürlich keinen Zweifel an der Bedeutsamkeit dieser Sache und ergingen sich in den wildesten Mutmaßungen über Curwen und seine ungeheuerlichen Forschungen.
    Im folgenden Frühling gab es wie im Vorjahr starke Regenfälle, und die beiden Wächter achteten sorgfältig auf das Flussufer hinter Curwens Gut. Große Teile der Uferböschung wurden weggespült und einige Knochen entdeckt, aber von irgendwelchen unterirdischen Räumen oder Gängen fand sich keine Spur. Doch knapp zwei Kilometer weiter im Dorf Pawtuxet, wo der Fluss in Wasserfällen über Felsterrassen hinabfällt, um in einen ruhigen Binnensee zu münden, wurden Gerüchte laut. Dort, wo anmutige alte Hütten von der Brücke aus den Hügel erklommen und Fischkutter in ihren schläfrigen Docks vor Anker lagen, berichtete man von Dingen, die den Fluss herabtrieben und während des Sturzes über den Wasserfällen kurz zu sehen waren. Natürlich ist der Pawtuxet ein langer Fluss, der sich durch viele besiedelte Gebiete windet, die reich an Friedhöfen sind, und natürlich waren die Regenfälle des Frühjahres sehr heftig gewesen, doch den Fischern, die bei der Brücke lebten, hatte es gar nicht gefallen, als eines der Dinge, die über den Wasserfall in den ruhigen See hinabrutschten, wild um sich blickte und als ein anderes halb erstickt aufschrie, obwohl es den Zustand, in dem Lebewesen noch schreien können, schon weit überschritten hatte.
    Durch diese Gerüchte zog es Smith eilig – Weeden befand sich zu diesem Zeitpunkt gerade auf See – zum Flussufer hinter der Farm, wo er dann auch Spuren für einen geräumigen Erdeinbruch fand. Es gab jedoch keinen Anhaltspunkt für einen Durchgang, der ins Steilufer hineinführte, denn die kleine Lawine hatte eine feste Mauer aus Erde und Gestrüpp herabgerissen. Smith begann sogar, probeweise zu graben, gab aber schnell auf, als sich kein direkter

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