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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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bei den ersten Grabschändungen im vergangenen Jahr konnte auch dieser Eindringling keinen wirklichen Schaden anrichten, ehe er bemerkt wurde. Ein unbenutzter Teil der Grabstätte der Familie Ward wies Spuren von ersten Grabungen auf, die aber keineswegs auf die Größe eines Grabes hinwiesen, und keine der übrigen Ruhestätten wurde gestört.
    Hart, der den Flüchtenden nur als kleinen Mann beschreiben kann, der wahrscheinlich einen Vollbart trug, glaubt, dass ein Zusammenhang zwischen all diesen drei Vorfällen besteht. Die Beamten der Zweiten Polizeiwache glauben dies jedoch nicht, da man beim zweiten Vorfall sehr brutal vorging – damals wurde ein uralter Sarg geraubt und der dazugehörige Grabstein gewaltsam zerschlagen.
    Der erste dieser Vorfälle, bei dem man davon ausgeht, dass dabei der Versuch, etwas zu vergraben, vereitelt wurde, trug sich letztes Jahr im März zu und wird allgemein Schmugglern zugeschrieben, die nach einem Versteck für ihren Branntwein suchten. Es sei möglich, sagt Wachtmeister Riley, dass dieser neue Vorfall ähnliche Motive hatte. Die Beamten der Zweiten Wache wollen sich nun besonders bemühen, endlich die für diese wiederholten Freveltaten verantwortlichen Übeltäter zu verhaften.
    Den ganzen Donnerstag hindurch ruhte Dr. Willett sich aus, als erhole er sich von etwas Vergangenem oder rüste sich für etwas, das auf ihn zukam. Am Abend schrieb er einen Brief an Mr. Ward, der den Empfänger am nächsten Morgen erreichte und den noch immer benommenen Vater lange und tief grübeln ließ. Mr. Ward war seit dem Schock des vergangenen Montags mit seinen bestürzenden Berichten und der unheimlichen ›Reinigung‹ nicht mehr seiner Arbeit nachgegangen, doch im Brief des Doktors fand er etwas, das ihn beruhigte – trotz der Verzweiflung, die er offenbar vorhersagte und den neuen Rätseln, die er aufwarf.
    10 Barnes St.,
    Providence, R. I.,
    12. April 1928.
    Lieber Theodore:—
    Ich fühle, dass ich Ihnen diese Nachricht zukommen lassen muss, ehe ich tue, was ich mir für morgen zu tun vorgenommen habe. Dies wird der Schlussstrich unter dieser schrecklichen Sache sein, die wir zusammen durchlebt haben (denn ich schätze, dass kein Spaten je wieder den grausigen Ort freilegen wird, von dem wir beide wissen), doch fürchte ich, dass Sie keine Ruhe finden können, wenn ich Ihnen hiermit nicht ausdrücklich versichere, dass es sich um einen endgültigen Schlussstrich handelt.
    Sie kennen mich seit Ihrer frühesten Jugend, was mich zu der Annahme berechtigt, dass Sie mir kein Misstrauen entgegenbringen, wenn ich andeute, dass gewisse Fragen am besten offen und unbeantwortet bleiben sollten. Es ist besser, wenn Sie keine weiteren Vermutungen über Charles’ Fall anstellen, und dringend erforderlich, dass Sie seiner Mutter nicht mehr enthüllen, als sie ohnehin schon ahnt.
    Wenn ich Sie morgen besuche, wird Charles geflüchtet sein. Mehr muss niemand darüber wissen. Er war wahnsinnig, und er entfloh. Sie können seiner Mutter schonend nach und nach von diesem Wahnsinn erzählen, sobald Sie damit aufhören, in seinem Namen die mit Schreibmaschine verfassten Briefe an sie zu senden. Ich möchte Ihnen dazu raten, zu ihr nach Atlantic City zu fahren und sich selber auszuruhen. Gott weiß, dass Sie das nach diesem Schock nötig haben, ebenso wie ich. Ich fahre für eine Weile in den Süden, um mich zu beruhigen und wieder zu Kräften zu kommen.
    Also stellen Sie mir bitte keine Fragen, wenn ich Sie besuche. Es könnte sein, dass etwas schiefgeht, doch das würde ich Ihnen mitteilen. Ich gehe jedoch nicht davon aus. Es wird nichts mehr geben, um das man sich sorgen müsste, denn Charles wird in größter Sicherheit sein. Das ist er schon jetzt – in größerer Sicherheit, als Sie ermessen können. Sie müssen sich vor Allen nicht mehr fürchten und vor dem, wer oder was er ist. Er gehört ebenso sehr der Vergangenheit an wie das Bild von Joseph Curwen, und wenn ich an Ihrer Tür läute, können Sie mit Gewissheit davon ausgehen, dass es diese Person nicht mehr gibt. Und was immer diese Minuskelbotschaft geschrieben hat, wird Sie oder die Ihren niemals behelligen.
    Doch müssen Sie sich auf melancholische Zeiten vorbereiten, ebenso wie Ihre Gemahlin. Ich muss Ihnen offen sagen, dass Charles’ Flucht nicht bedeutet, dass er Ihnen wiedergegeben wird. Eine eigenartige Krankheit hat ihn befallen, wie Ihnen anhand seiner körperlichen wie auch geistigen Veränderungen nicht entgangen sein wird. Sie

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