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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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finsteren grünen Wächter niedergebrannt waren.
    Obwohl die frühesten Legenden davon sprachen, dass die Kreaturen wohl nur denen Leid zufügten, die in ihr Gebiet eindrangen, erzählten spätere Berichte von ihrer Neugierde in Bezug auf die Menschen – und von ihren Versuchen, geheime Vorposten in unserer Welt zu errichten. Es gab Geschichten über sonderbare Klauenabdrücke, die man morgens vor den Fenstern der Bauernhäuser entdeckt hatte, und über das gelegentliche Verschwinden von Personen in Gebieten außerhalb der bekanntermaßen heimgesuchten Regionen. Außerdem kursierten Gerüchte über summende Stimmen, die die menschliche Sprache imitierten und einsamen Reisenden in den tiefen Wäldern überraschende Angebote machten, und von zu Tode geängstigten Kindern, die im Urwald, der sich dicht an die Hintergärten drängt, etwas gesehen oder gehört hatten. In der letzten Gruppe von Legenden – derjenigen, die dem Niedergang des Aberglaubens und der Meidung der gefürchteten Orte voranging – finden sich schockierende Hinweise auf Einsiedler und abgelegen siedelnde Bauern, die anscheinend zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben einen abstoßenden geistigen Wandel durchgemacht hatten und über die man hinter vorgehaltener Hand munkelte, sie hätten sich an die fremden Wesen verkauft. In einem der nordöstlichen Bezirke schien es um 1800 herum an der Tagesordnung gewesen zu sein, verschrobene und unbeliebte Einsiedler zu beschuldigen, sie seien Verbündete oder Abgesandte der verhassten Geschöpfe.
    Es gab natürlich unterschiedliche Erklärungen über die Natur dieser Wesen. Allgemein nannte man sie einfach ›die Anderen‹ oder ›die Alten‹, während andere Bezeichnungen nur an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten in Umlauf waren. Der Großteil der puritanischen Siedler tat sie schlicht als die Gefolgschaft des Teufels ab und erging sich in furchtsamen theologischen Spekulationen. Diejenigen, zu deren Erbe die keltische Sagenwelt gehörte – vor allem der schottisch-irische Bevölkerungsanteil von New Hampshire und deren Landsleute, die sich im Zuge der Landzuweisungen durch Gouverneur Wentworth in Vermont niedergelassen hatten –, brachten sie vage mit den bösen Feen und dem ›kleinen Volk‹ der heimatlichen Sümpfe und Hügelfestungen in Verbindung und schützten sich mit Bruchstücken altüberlieferter Beschwörungsformeln. Die fantastischsten Theorien stammten jedoch von den Indianern. Die Legenden der verschiedenen Stämme unterschieden sich zwar voneinander, doch gab es in den wesentlichen Punkten eine deutliche Übereinstimmung – so etwa in der Ansicht, dass die Wesen nicht von dieser Welt stammten.
    Die Mythen der Pennacook-Indianer, vielleicht die folgerichtigsten und bildhaftesten von allen, sprachen davon, dass die Geflügelten Wesen vom Sternbild des Großen Bären herabgekommen waren und auf der Erde Minen in unsere Berge gegraben hatten, weil sie hier ein Gestein fanden, an das sie in keiner anderen Welt gelangen konnten. Sie lebten nicht hier, so die Mythen, sondern unterhielten lediglich Stützpunkte und flogen mit riesigen Ladungen Gestein zurück zu ihren eigenen Sternen am Nordhimmel. Sie fügten nur jenen Erdenmenschen Schaden zu, die ihnen zu nahe kamen oder die ihnen nachspionierten. Tiere gingen ihnen, einem instinktiven Abscheu folgend, aus dem Weg, und nicht etwa deshalb, weil die Wesen auf sie Jagd machten. Sie konnten die Pflanzen und Tiere der Erde nicht essen, weshalb sie ihre eigene Nahrung von den Sternen mit sich brachten. Es war schlecht, ihnen zu nahe zu kommen, und manchmal kehrten junge Jäger, die sich in die heimgesuchten Berge wagten, nicht mehr zurück. Es war auch nicht gut, ihnen nachts im Wald zu lauschen, wenn sie mit Stimmen wie Bienensummen flüsterten, um die Stimmen der Menschen nachzuahmen. Sie kannten die Sprachen aller Menschen – der Pennacooks, der Huronen, der Angehörigen der Fünf Stämme –, schienen selbst aber keine Sprache zu besitzen. Sie verständigten sich mit ihren Köpfen, die die Farbe wechseln konnten, um unterschiedliche Dinge auszudrücken.
    Natürlich starben die Legenden sowohl der Weißen als auch der Indianer, abgesehen von einem gelegentlichen unzeitgemäßen Wiederaufflackern, im neunzehnten Jahrhundert aus. Die Bewohner Vermonts wurden sesshaft, und sobald ihre Siedlungen und Wege einem bestimmten Plan gemäß angelegt waren, vergaßen sie nach und nach, welche Ängste und Abneigungen diesen Plan diktiert hatten –

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