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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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dass vielleicht mehr für die Thesen meiner leichtgläubigen Widersacher sprach, als ich es mir bisher eingestanden hatte. Es mochte ja schließlich in diesen einsamen Bergen einige sonderbare und vielleicht durch Erbkrankheiten entstellte Ausgestoßene geben – wenn auch keine sterngeborene Rasse von Monstren, wie die Sagen behaupteten. Wenn das zutraf, waren die Sichtungen von merkwürdigen Leichnamen in den reißenden Flüssen nicht völlig unglaubwürdig. War es zu vermessen, davon auszugehen, dass sowohl die alten Legenden als auch die jüngsten Berichte darin ihren Ursprung hatten? Während ich diese Zweifel in mir hegte, schämte ich mich dafür, dass etwas so Groteskes wie Henry Akeleys exzentrischer Brief mich dazu verleitet hatte.
    Schließlich beantwortete ich Akeleys Schreiben, gab mich freundlich und interessiert und erkundigte mich nach weiteren Einzelheiten. Seine Antwort kam beinahe postwendend und enthielt, wie er es versprochen hatte, eine Anzahl von Kodak-Fotos, die Landschaften und Gegenstände zeigten, von denen er berichtet hatte. Als ich diese Bilder dem Briefumschlag entnahm und einen Blick darauf warf, verspürte ich eine eigenartige Furcht und das Gefühl, mich hier etwas Verbotenem zu nähern. Trotz der Tatsache, dass die meisten Aufnahmen recht unscharf waren, ging von ihnen eine abscheuliche suggestive Kraft aus, noch verstärkt durch den Umstand, dass es authentische Fotografien waren – wirkliche optische Verbindungsglieder zu den abgebildeten Objekten, Produkte einer unpersönlichen Übertragungstechnik ohne Vorurteil, Fehlbarkeit oder Falschheit.
    Je öfter ich sie betrachtete, desto klarer wurde mir, dass ich Akeleys Geschichte nicht zu Unrecht ernst genommen hatte. Diese Bilder erbrachten jedenfalls schlüssige Beweise dafür, dass in den Bergen von Vermont etwas existierte, das sich weit außerhalb der Grenzen unseres Wissens und unserer Überzeugungen befand. Am schlimmsten von allem war der Fußabdruck – die Aufnahme zeigte eine sonnenbeschienene Schlammpfütze irgendwo im verlassenen Hochland. Dass es sich nicht um eine billige Fälschung handelte, konnte ich auf den ersten Blick erkennen. Die klar konturierten Kieselsteine und Grashalme auf dem Bild gaben einen guten Hinweis auf den Maßstab des Ganzen und ließen keinerlei Möglichkeit einer raffinierten Doppelbelichtung zu. Ich habe dieses Etwas einen ›Fußabdruck‹ genannt, doch ›Klauenabdruck‹ wäre eine bessere Bezeichnung dafür. Ich vermag es nach wie vor nicht richtig zu beschreiben und kann nur sagen, dass es in scheußlicher Weise an die Spur eines Krebses erinnerte und dass die Richtung der Spur nicht eindeutig zu bestimmen war. Es handelte sich weder um einen besonders tiefen noch sonderlich frischen Abdruck, es war aber erkennbar, dass er die Größe eines durchschnittlichen menschlichen Fußes besaß. Von einem mittleren Fußballen gingen einander gegenüberliegende zahnbewehrte Scherenpaare aus – ihre Funktion blieb rätselhaft, es schien sogar fraglich, ob es sich überhaupt um ein Mittel zur Fortbewegung handelte.
    Eine andere Fotografie, offensichtlich eine Langzeitbelichtung, die im tiefen Schatten aufgenommen worden war, zeigte die Öffnung einer Höhle im Wald, die von einem offensichtlich gleichmäßig abgerundeten Felsblock verschlossen war. Auf dem Erdboden davor konnte man gerade noch ein dichtes Netzwerk eigenartiger Spuren ausmachen. Als ich das Bild mit einem Vergrößerungsglas betrachtete, verspürte ich die unangenehme Gewissheit, dass diese Spuren von gleicher Art waren wie diejenige auf der ersten Aufnahme. Ein drittes Foto zeigte einen druidenartig anmutenden Steinkreis auf der Kuppe eines einsamen Berges. Das Gras um den rätselhaften Steinkreis herum schien niedergetrampelt zu sein und wuchs nur spärlich, obwohl ich mit dem Vergrößerungsglas keinerlei Fußspuren ausmachen konnte. Die äußerste Entlegenheit dieses Ortes wurde deutlich durch ein Meer unbesiedelter Berge, das den Hintergrund des Bildes ausmachte und sich bis zum dunstigen Horizont erstreckte.
    Während die Aufnahme des Fußabdruckes die beunruhigendste von allen war, erschien mir merkwürdigerweise die Abbildung von dem großen schwarzen Stein, den Akeley im Wald auf dem Round Hill gefunden hatte, die suggestivste zu sein. Akeley hatte den Stein offenkundig auf seinem Schreibtisch abgelichtet, denn im Hintergrund konnte ich einige Reihen von Büchern erkennen sowie eine Büste Miltons. Das Ding stand, soweit ich

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