Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Stein zukommen lassen wollte. Vernichten Sie die Aufnahme, ehe es zu spät ist. Ich werde Ihnen morgen kurz schreiben, falls ich noch hier bin. Könnte ich bloß meine Bücher und Siebensachen nach Brattleboro schaffen und dort unterkommen. Ich würde ja ohne das alles fliehen, wäre ich dazu fähig, doch etwas hält mich davon ab. Es wäre möglich, nach Brattleboro zu entkommen, wo ich vielleicht sicher bin, doch dort fühle ich mich ebenso als Gefangener wie in meinem Haus. Und ich ahne, dass ich viel weiter gar nicht käme, ganz gleich, ob ich alles stehen und liegen lasse oder nicht. Es ist furchtbar. Halten Sie sich raus aus dieser Sache.
Grüße,
AKELEY
In der Nacht nach dem Eintreffen dieses schrecklichen Briefes fand ich keinen Schlaf und war mir völlig im Unklaren über Akeleys Geisteszustand. Der Inhalt der Mitteilung war vollkommen irrsinnig, doch die Art, wie Akeley sich ausdrückte, war angesichts all dessen, was vorgefallen war, von starker, geradezu grimmiger Überzeugungskraft.
Ich antwortete nicht darauf, sondern hielt es für besser, abzuwarten, bis Akeley Zeit fand, mein letztes Schreiben zu erwidern. Tatsächlich kam seine Antwort am nächsten Tag, doch die darin enthaltenen Neuigkeiten verdrängten alles, was ich in meinem Brief angesprochen hatte. Der Text, hastig und offenbar in großer Bedrängnis hingekritzelt und voller Tintenflecke, lautete wie folgt, sofern ich mich recht entsinne:
Mittwoch
W.,
Ihr Brief kam an, aber es ist zwecklos, noch weitere Diskussionen zu führen. Ich habe aufgegeben. Ich wundere mich, dass ich überhaupt noch genug Willenskraft habe, um mich gegen sie zu wehren. Ich kann ihnen nicht entkommen, selbst wenn ich alles aufgäbe und fortliefe. Sie werden mich kriegen.
Gestern erhielt ich einen Brief von ihnen – der Postbote brachte ihn, während ich in Brattleboro war. Adressiert und abgestempelt in Bellows Falls. Darin steht, was sie mit mir anstellen wollen – ich kann das nicht wiedergeben. Passen Sie gut auf sich auf! Vernichten Sie die Aufnahme! Die Nächte sind bewölkt, und der Mond nimmt immer weiter ab. Würde ich nur wagen, Hilfe zu holen – das würde vielleicht meine Willenskraft stärken –, aber jeder, der sich überhaupt trauen würde, hierherzukommen, müsste mich ja für verrückt halten, wenn ich nicht gerade zufällig einen Beweis vorzeigen könnte. Ich kann niemanden darum bitten, für nichts und wieder nichts hierherzukommen – ich habe seit Jahren keinerlei Kontakte mehr.
Aber das Schlimmste habe ich Ihnen noch gar nicht erzählt, Wilmarth. Halten Sie sich fest, denn das, was Sie jetzt lesen, wird Ihnen einen Schock versetzen. Aber ich sage Ihnen nur die Wahrheit. Folgendes: Ich habe eines dieser Dinger gesehen und es berührt, oder wenigstens einen Teil eines dieser Dinger. Großer Gott, es ist so grauenhaft! Es war natürlich tot. Einer der Hunde hatte es erwischt, und ich fand es heute Morgen in der Nähe des Zwingers. Ich habe versucht, es im Holzschuppen aufzubewahren, um die Leute von der Wahrheit der ganzen Sache überzeugen zu können, aber es hat sich binnen weniger Stunden aufgelöst. Nichts ist davon übrig geblieben. Sie wissen ja, dass die Dinger in den Flüssen nur am ersten Morgen nach der Überschwemmung gesehen wurden. Nun das Übelste: Ich habe versucht, für Sie eine Fotografie davon zu machen, aber als ich den Film entwickelte, war auf den Bildern nichts zu sehen als der Schuppen . Woraus mag dieses Ding bestanden haben? Ich sah es, ich berührte es, und sie alle hinterlassen Fußspuren. Es bestand ohne Zweifel aus Materie – doch aus welcher Art Materie? Die Form kann nicht beschrieben werden. Es war eine riesige Krabbe, und anstelle eines Kopfes hatte es viele pyramidenartig angeordnete Ringe oder Knoten aus einer dicken, zähen Fleischmasse, bedeckt mit Fühlern. Das grüne klebrige Zeug ist ihr Blut oder Lebenssaft.
Jede Minute können mehr von ihnen auf die Erde kommen.
Walter Brown ist verschwunden – man hat ihn in den Dörfern der Umgegend nicht mehr herumlungern gesehen. Ich muss ihn mit einem meiner Schüsse erwischt haben; die Kreaturen versuchen anscheinend immer, ihre Toten und Verwundeten fortzuschaffen.
Heute Nachmittag bin ich ohne Schwierigkeiten in die Stadt gekommen, ich befürchte aber, dass sie sich zurückhalten, weil sie sich meiner sicher sind. Ich schreibe dies hier im Postamt von Brattleboro. Vielleicht ist es das letzte Mal, dass Sie von mir hören – wenn dem so sein sollte,
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