Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
vier kräftigen neuen Hunden und mehreren Schachteln Munition für sein Wildjagdgewehr wieder auf den Heimweg, schrieb mir aber zuvor im Postamt von Brattleboro noch diesen Brief, der mich ohne Verzögerung erreichte.
Meine Einstellung zu der Sache wandelte sich während dieser Zeit sehr schnell von wissenschaftlicher Neugierde in persönliche Bestürzung. Ich machte mir Sorgen um Akeley in seinem entlegenen, einsamen Gutshaus und fürchtete auch um mein eigenes Wohlergehen, da ich nun so sehr in diese seltsamen Vorkommnisse verstrickt war. Die Sache griff um sich. Würde ich auch in ihren Strudel hineingezogen und verschlungen werden?
Ich beantwortete Akeleys Brief und drängte darauf, dass er sich Hilfe holen solle; ich gab ihm zu verstehen, dass ich mich selbst darum kümmern würde, falls er nichts unternähme. Ich sprach davon, ihn gegen seinen Wunsch in Vermont aufzusuchen und ihm dabei zu helfen, den Behörden die Lage zu erklären. Zur Antwort erhielt ich jedoch nur ein Telegramm aus Bellows Falls mit folgendem Inhalt:
WEISS IHRE HILFE ZU SCHÄTZEN, KANN ABER NICHTS TUN. UNTERNEHMEN SIE NICHTS. KANN UNS BEIDEN NUR SCHADEN. WARTEN SIE ERKLÄRUNG AB.
HENRY AKELY
Doch die Angelegenheit wurde immer merkwürdiger. Als Antwort auf meine Erwiderung des Telegramms erhielt ich eine mit zittriger Hand geschriebene Mitteilung von Akeley, er habe niemals ein Telegramm an mich geschickt und auch nie den Brief von mir erhalten, auf den das Telegramm sich offenbar bezog. Eine rasche Nachfrage in Bellows Falls habe ergeben, dass diese Nachricht von einem seltsamen rotblonden Mann mit einer eigentümlich tiefen, eintönig klingenden Stimme aufgegeben worden sei; mehr habe er allerdings nicht in Erfahrung bringen können. Der Schalterbeamte habe ihm den mit Bleistift geschriebenen Originaltext gezeigt, doch die Handschrift sei ihm völlig unbekannt gewesen. Es sei auffällig, dass die Unterschrift falsch geschrieben war: A-K-E-L-Y, ohne das zweite ›E‹. Unvermeidlich, dass sich aus alldem gewisse Schlüsse ziehen ließen, doch inmitten dieser Krise habe er nicht die Zeit, darüber nachzudenken.
Er berichtete mir vom Tod weiterer Hunde und dem abermaligen Ankauf neuer Tiere – und dass Schießereien nun fester Bestandteil jeder mondlosen Nacht geworden seien. Browns Fußspuren und die von mindestens zwei weiteren Menschen fänden sich nun regelmäßig zwischen den Klauenabdrücken auf der Straße und hinter dem Gehöft. Das sei schon eine ziemlich üble Geschichte, gab Akeley zu; schon bald würde er zu seinem Sohn nach Kalifornien ziehen müssen, ob er das alte Haus verkaufen könne oder nicht. Aber es fiele ihm nicht leicht, den einzigen Ort zu verlassen, den er wirklich als Heimat empfand. Er müsse versuchen, noch etwas länger durchzuhalten; vielleicht könne er die Eindringlinge verjagen – wenn er ihnen deutlich mache, dass er alle Versuche aufgebe, in ihre Geheimnisse einzudringen.
Ich schrieb Akeley unverzüglich und erneuerte mein Angebot, ihm dabei zu helfen, die Behörden von der großen Gefahr, in der er schwebte, zu überzeugen. In seiner Antwort schien er diesem Plan weniger ablehnend gegenüberzustehen, als ich zuvor erwartet hätte, dennoch sagte er, er würde lieber noch etwas abwarten – lange genug, um seine Sachen in Ordnung zu bringen und sich an die Vorstellung zu gewöhnen, seinen Geburtsort zu verlassen, an dem er mit einer geradezu krankhaften Zuneigung hing. Die Leute würden seine Studien und Spekulationen beargwöhnen, und es wäre besser, sich zurückzuziehen, ohne den ganzen Landkreis in Aufruhr zu versetzen und Zweifel an seinem eigenen Verstand auszulösen. Er räumte ein, dass er nun wirklich genug habe, doch wünsche er sich einen möglichst würdevollen Abschied.
Dieser Brief erreichte mich am 28. August, und ich sandte Akeley daraufhin die ermutigendste Antwort, die mir einfallen wollte. Allem Anschein nach zeigte diese Ermunterung Wirkung, denn er hatte mir in seiner Antwort darauf weniger Schrecknisse zu berichten. Jedoch war er nicht sehr optimistisch und brachte die Ansicht zum Ausdruck, dass es allein der Vollmond sei, der die Kreaturen fernhielte. Er hoffte, es gäbe in nächster Zeit nicht viele dicht bewölkte Nächte, und sprach davon, sich eine Unterkunft in Brattleboro nehmen zu wollen, wenn der Mond wieder abnahm. Erneut sandte ich ihm einen ermunternden Brief, doch am 5. September erreichte mich eine Mitteilung, die sich offensichtlich mit meinem Schreiben
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