Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Abkömmlinge der Männer Lafittes, waren von heftiger Angst ergriffen – Angst vor etwas Unbekanntem, das des Nachts über sie gekommen war. Es hatte allem Anschein nach etwas mit Voodoo zu tun, doch von einer so schrecklichen Art, wie sie es nie zuvor erlebt hatten. Einige ihrer Frauen und Kinder waren verschwunden, seitdem die bösartige Trommel ihr unaufhörliches Schlagen tief in den schwarzen verfluchten Wäldern begonnen hatte, in die keiner der Siedler sich wagte. Irre Rufe und qualvolle Schreie seien zu hören, Seelen raubende Gesänge und zuckende Teufelsflammen; und die Menschen, so fügte der verängstigte Bote hinzu, könnten all dies nicht länger ertragen.
Und so setzte sich am späten Nachmittag eine Mannschaft von zwanzig Polizisten in zwei Kutschen und einem Automobil mit dem zitternden Siedler als Führer in Bewegung. Am Ende der befahrbaren Straße stiegen sie aus und marschierten schweigend meilenweit durch den schrecklichen Zypressenwald, wo es niemals tagt. Widerliche Wurzeln und ekelhaft herabhängende Schlingen Spanischen Mooses bedrängten sie, und hie und da verstärkten ein Haufen feuchter Steine oder Überreste verfallenen Mauerwerks durch ihre Andeutung morbider Bewohntheit eine triste Stimmung, die jeder missgestaltete Baum und jedes Pilznest nur noch verstärkte.
Endlich erreichten sie die Siedlung, eine elende Ansammlung von Hütten, und die hysterischen Siedler rannten heraus, um sich um die Gruppe von schwankenden Laternen zu scharen. Der gedämpfte Rhythmus von Trommeln war nun weit, weit entfernt schwach hörbar, und ein schauerlicher Schrei drang in unregelmäßigen Abständen zu ihnen, sobald der Wind sich drehte. Auch schien ein rötliches Funkeln durch das fahle Unterholz jenseits des endlosen nächtlichen Waldes zu leuchten. Wenngleich sie sich fürchteten, wieder allein gelassen zu werden, weigerte sich jeder Einzelne der erschreckten Siedler ganz entschieden, auch nur einen Schritt in Richtung des Gebietes zu machen, wo die unheiligen Verehrungsrituale stattfanden. Also tauchten Inspektor Legrasse und seine neunzehn Männer ohne Führer in die schwarzen Arkaden des Schreckens, die keiner von ihnen je zuvor betreten hatte.
Das Gebiet, das die Polizisten nun betraten, hatte seit alters her einen unheilvollen Ruf und war für Weiße größtenteils unbekannt und unerforscht. Es gab Legenden über einen verborgenen See, den kein Sterblicher je erblickt habe, in welchem ein gewaltiges gestaltloses Ding mit Tintenfischarmen und leuchtenden Augen wohne; und die Siedler flüsterten von Teufeln mit Fledermausschwingen, die aus unterirdischen Höhlen fliegen, um dieses Ding zur Mitternachtsstunde zu verehren. Sie sagten, es hause hier bereits vor d’Iberville, vor La Salle, vor den Indianern, sogar noch vor den gewöhnlichen Tieren und Vögeln des Waldes. Es sei die Verkörperung des Albtraums, und wer es erblicke, müsse sterben. Doch es bringe den Menschen Träume von sich, sodass sie genug von ihm wüssten, um ihm fernzubleiben.
Die gegenwärtige Voodoo-Orgie fand in der Tat am äußersten Rand dieser verabscheuungswürdigen Gegend statt, und es war wohl der Ort der Anbetung, der die Siedler weit mehr verängstigte als die entsetzlichen Geräusche und Vorfälle.
Nur die Dichtung oder der Wahnsinn könnten den Geräuschen gerecht werden, die Legrasses Männer hörten, als sie sich durch den schwarzen Morast pflügten, hin zu dem roten Funkeln und dem gedämpften Lärmen der Trommeln. Es gibt stimmliche Merkmale, die dem Menschen zu eigen sind, und solche, die dem Tier zu eigen sind; und es ist fürchterlich, wenn man das eine hört, wenngleich die Quelle das andere sein müsste. Tierische Raserei und orgiastische Zügellosigkeit peitschten sich hier durch Geheul und kreischende Ekstasen zu dämonischen Höhen empor, und sie hallten durch diese nächtlichen Wälder und zerrissen sie wie Peststürme aus den Tiefen der Hölle. Dann und wann verstummte das schrille Heulen, und ein wohlgeordneter Chor rauer Stimmen erhob sich zu einem Singsang jener scheußlichen rituellen Formel: ›Ph’nglui mglw’nafh Cthulhu R’lyeh wgah’nagl fhtagn.‹
Die Männer gelangten nun zu einer Stelle, wo die Bäume spärlicher standen, und plötzlich sahen sie das Spektakel vor sich. Vier von ihnen schwankten, einer verlor das Bewusstsein und zwei brachen in panische Schreie aus, die von der irren Kakofonie der Orgie glücklicherweise übertönt wurden.
Legrasse spritzte Sumpfwasser ins
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