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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Gesicht des ohnmächtigen Mannes, und alle starrten sie zitternd und gebannt vor Entsetzen auf die Szenerie. In einer natürlichen Lichtung des Sumpfes ruhte eine grasbewachsene Insel von vielleicht vier Quadratkilometern Durchmesser, auf der keine Bäume standen und die einigermaßen trocken war. Auf diesem Eiland sprang und wirbelte nun eine unbeschreibliche Rotte von menschlichem Abschaum, wie ihn nur ein Sime oder Angarola hätte malen können. Bar jeder Kleidung kreischte, bellte und krümmte sich diese Mischlingsbrut um ein monströses ringförmiges Fegefeuer, in dessen Mitte sich, wie gelegentliche Risse im Flammenvorhang enthüllten, ein großer Granitmonolith von über zwei Metern Höhe erhob. Auf dessen Spitze ruhte in widersinniger Winzigkeit die scheußliche gemeißelte Statuette. In einem weiten Kreis standen zehn Gerüste in regelmäßigen Abständen um den flammenumkränzten Monolith, und an ihnen herab hingen kopfüber die scheußlich verkohlten Leiber der hilflosen Siedler, die verschwunden waren. Innerhalb dieses Kreises sprang und brüllte der Zirkel der Verehrer, wobei sich die Bewegung der Menge von links nach rechts in einem endlosen Bacchanal zwischen dem Ring der Leichen und dem Ring aus Feuer vollzog.
    Es mochte nur Einbildung oder ein Echo gewesen sein, das einem der Männer, einem leicht erregbaren Spanier, die Vorstellung eingab, antifonale Antworten auf das Ritual aus einer weit entfernten und finsteren Stelle des schrecklichen Waldes zu hören. Diesen Mann, Joseph D. Galvez, lernte ich später kennen, um ihn zu befragen, und er stellte sich als verwirrend fantasievoll heraus. Er ging sogar so weit, schwaches Schlagen großer Schwingen, ein Funkeln feuchter Augen und eine gewaltige weiße Masse weit hinter den entferntesten Bäumen anzudeuten – doch ich vermute, er hatte wohl zu viel vom Aberglauben der Einheimischen gehört.
    Ziemlich schnell hatten sich die Männer wieder in der Gewalt. Zuerst kam die Pflicht ... Obwohl sich die Menge wohl aus fast einhundert Mischlingspriestern zusammensetzte, vertrauten die Polizisten auf ihre Feuerwaffen und stürzten sich entschlossen in die widerliche Meute. Das nun folgende Getöse und Chaos entzieht sich jeder Beschreibung. Man schlug und man schoss, und es gelang einigen zu fliehen; doch am Ende zählte Legrasse ungefähr siebenundvierzig störrische Gefangene, die er dazu antrieb, sich eilends anzukleiden und zwischen zwei Reihen von Polizisten aufzustellen. Fünf der Götzendiener lagen tot am Boden, und zwei Schwerverletzte wurden von ihren Mitgefangenen auf behelfsmäßigen Bahren fortgetragen. Und natürlich wurde das Götzenbild auf dem Monolithen von Legrasse vorsichtig entfernt und mitgenommen.
    Nach einer äußerst anstrengenden und erschöpfenden Reise wurden die Gefangenen im Hauptquartier vernommen, wobei sie sich alle als Menschen eines sehr minderwertigen, gemischtrassigen und geistig niedrigen Typus herausstellten. Die meisten waren Matrosen und eine Mischung aus Negern und Mulatten, hauptsächlich Westinder oder Bravaportugiesen von den Kapverdischen Inseln, die dem Kult eine Spur von Voodoo beifügten. Doch noch bevor man viele Fragen gestellt hatte, wurde schon deutlich, dass etwas weitaus Tieferes und Älteres als ein negrider Fetischkult mit hineinspielte. So entartet und dumm diese Kreaturen auch waren, sie hielten mit überraschender Beharrlichkeit an der Grundidee ihres widerlichen Glaubens fest.
    Sie verehrten, so sagten sie, die Großen Alten, die schon lange vor den Menschen gelebt hätten und die vom Himmel auf die junge Welt gekommen seien. Diese Großen Alten seien nun gegangen, ins Innere der Erde und unter das Meer; doch ihre toten Leiber hätten den ersten Menschen im Traum ihre Geheimnisse mitgeteilt, die daraufhin einen Kult bildeten, der nie ausgestorben sei. Dies sei der Kult, und die Gefangenen sagten, es habe ihn schon immer gegeben und es werde ihn immer geben, verborgen in fernen Wüsten und finsteren Orten auf der ganzen Welt, bis zu der Zeit, da der große Priester Cthulhu aus seinem dunklen Haus in der mächtigen Stadt R’lyeh unter den Wassern auferstehe und den Erdball wieder unter seine Gewalt bringe. Eines Tages, wenn die Sterne günstig stünden, werde er rufen, und der geheime Kult warte immerzu darauf, ihn zu befreien.
    Mehr könne man nicht offenbaren. Es gab ein Geheimnis, das ihnen nicht einmal die Folter entreißen konnte. Die Menschheit war nicht völlig allein unter den bewussten

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