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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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sonderbaren Götzenbild, das man in einem Schrein auf der Alert gefunden hatte – all das wird in jeder Zeile der Schilderung des Maats auf ergreifende Weise deutlich.
    Ohne zu wissen, was der Futurismus ist, beschrieb Johansen in seinem Bericht über die Stadt etwas ganz Ähnliches, denn anstatt irgendwelche festen Strukturen oder Gebäude zu beschreiben, gibt er lediglich unklare Eindrücke gewaltiger Winkel und steinerner Flächen wieder – Flächen, die zu groß waren, um zu dieser Welt zu gehören, bedeckt mit gottlosen, schrecklichen Abbildern und Hieroglyphen. Ich erwähne sein Gerede über die Winkel aus dem Grund, weil es auf etwas hinweist, das Wilcox mir über seine scheußlichen Träume berichtet hatte. Er hatte gesagt, die Geometrie des im Traum geschauten Ortes sei abnorm gewesen, nicht euklidisch, und auf ekelerregende Weise an Sphären und Dimensionen fern der unseren gemahnend. Nun verspürte ein einfacher Seemann das Gleiche, als er die fürchterliche Wirklichkeit erblickte.
    Johansen und seine Mannschaft gelangten über eine abfallende Schlammbank auf diese ungeheuerliche Akropolis und kletterten glitschige Blöcke hinauf, die für Menschen keine Stufen darstellen. Die Sonne am Himmel schien verzerrt zu sein, wenn man sie durch das polarisierende Miasma erblickte, das aus dieser von Meerwasser durchtränkten Widernatürlichkeit hervorquoll, und verschlagene Bedrohungen und Ungewissheiten lauerten lüstern in jenen auf wahnsinnige Weise trügerischen Winkeln behauenen Steins, wo ein erster Blick eine Aushöhlung entdeckte, doch ein zweiter Blick eine Wölbung.
    Furcht hatte sich über alle Mitglieder der Mannschaft gelegt, noch bevor man etwas Deutlicheres als Fels und Schleim und Tang sah. Jeder Einzelne von ihnen wäre am liebsten geflohen, hätte er nicht die Verachtung der andern gefürchtet, und sie suchten nur halbherzig nach einem tragbaren Gegenstand, den sie hätten mitnehmen können – umsonst, wie sich herausstellte.
    Es war der Portugiese Rodriguez, der den Sockel des Monoliths hinaufstieg und den anderen zurief, was er gefunden hatte. Der Rest folgte ihm und betrachtete neugierig das gewaltige gemeißelte Tor mit dem mittlerweile bekannten Tintenfischdrachen als Flachrelief. Es sah, laut Johansen, wie ein großes Scheunentor aus; und sie alle hielten es für ein Tor, wegen des verzierten Türsturzes, der Schwelle und der Pfosten an den Seiten, wenngleich sie nicht zu sagen vermochten, ob es flach wie eine Falltür oder schräg wie eine nach außen führende Kellertür lag. Wie Wilcox gesagt hatte, war die Geometrie dieses Ortes völlig falsch. Man konnte nicht sicher sein, dass das Meer und der Boden horizontal lagen, weshalb die mutmaßliche Lage von allem anderen auf fantastische Weise unbeständig schien.
    Briden tastete das Gestein an mehreren Stellen ab, doch ohne Ergebnis. Donovan befühlte sorgfältig die Ränder und drückte dabei auf jede einzelne Stelle. Er kletterte das groteske Steingebilde unendlich weit hoch – das heißt, man hätte es Klettern nennen können, hätte das Ding tatsächlich senkrecht in die Höhe geführt –, und die Männer stellten sich die Frage, wie irgendeine Tür im Universum so gewaltig sein konnte. Dann gab der viele Quadratmeter messende Türsturz am oberen Ende sanft und langsam nach innen nach; und sie sahen, dass er ausbalanciert war.
    Donovan glitt oder stürzte irgendwie den Pfosten hinab oder entlang und stieß wieder zu seinen Gefährten, und alle sahen sie zu, wie sich das ungeheuerliche gemeißelte Portal so sonderbar öffnete. In diesem Wahntraum prismatischer Verzerrung bewegte es sich abnormal auf diagonale Weise, sodass alle Gesetze der Materie und Perspektive auf den Kopf gestellt schienen.
    Die Öffnung war von einer derart schwarzen Finsternis, dass diese fast stofflich zu sein schien. Diese Dunkelheit war tatsächlich von materieller Beschaffenheit, denn sie verdeckte jene Teile der Wände im Innern, die eigentlich hätten sichtbar sein müssen, und sie drängte aus ihrer seit Urzeiten währenden Gefangenschaft hervor wie Rauch, wobei sie die Sonne verfinsterte, als sie sich mit flatternden Membranschwingen in den zurückweichenden und gewölbten Himmel schlich. Der aus dem nun geöffneten Abgrund aufsteigende Geruch war unerträglich. Bald glaubte der feinhörige Hawkins dort unten ein ekelhaftes schlurfendes Geräusch vernommen zu haben. Alle lauschten, und sie lauschten noch immer, als ES geifernd in ihr Blickfeld kroch und

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