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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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von außen sah, dass vor langer Zeit an dieser Wand ein Fenster zugemauert worden war. Die Dachstube über dem Zimmer – deren Boden ziemlich abschüssig sein musste – war ebenfalls unzugänglich. Als Gilman mit einer Leiter zu dem spinnwebverhangenen Speicher über dem Dachgeschoss hinaufstieg, entdeckte er eine Stelle im Fußboden, an der sich früher einmal eine Öffnung befunden haben musste, die nun mit alten Holzbrettern fest verschlossen und mit starken Holzpflöcken gesichert war, wie sie in der Kolonialzeit von den Zimmermannsleuten verwendet wurden. Mit all seiner Überredungskunst konnte Gilman den unerschütterlichen Hauswirt nicht dazu bewegen, ihn einen dieser beiden verschlossenen Räume untersuchen zu lassen.
    Im Laufe der Zeit beschäftigte er sich immer intensiver mit der Wand und der Decke, die beide so unregelmäßig verliefen; er fing an, aus den merkwürdigen Winkeln eine mathematische Bedeutung herauszulesen, die ihm vage Hinweise auf ihren Sinn und Zweck zu liefern schien. Die alte Keziah, so überlegte er, mochte ihre guten Gründe gehabt haben, in einem Raum mit solch eigenartigen Winkeln zu wohnen; hatte sie denn nicht behauptet, durch gewisse Winkel die räumlichen Grenzen der uns bekannten Welt überschritten zu haben? Sein Interesse wandte sich nun allmählich von den unerforschten Hohlräumen jenseits der schrägen Wände ab, da nun deutlich zu werden schien, dass der Sinn und Zweck dieser Flächen von der Seite bestimmt wurde, auf der er sich befand.
    Die leichten Anfälle von Gehirnfieber und die Träume setzten Anfang Februar ein. Allem Anschein nach hatten die seltsamen Winkel seines Zimmers seit einiger Zeit eine beinahe hypnotische Wirkung auf Gilman ausgeübt; als der harte Winter kam, ertappte er sich immer häufiger dabei, unablässig in die Ecke zu starren, wo sich die abfallende Decke mit der schrägen Wand traf. In diesem Zeitraum gab ihm sein Unvermögen, sich auf seine eigentlichen Studien zu konzentrieren, sehr zu denken, und ihm wurde bange beim Gedanken an die Zwischenprüfungen. Doch auch die Überempfindlichkeit seines Gehörs plagte ihn sehr. Das Leben war ihm eine dauerhafte und beinahe unerträgliche Kakofonie geworden, und dazu kam der immer wiederkehrende erschreckende Eindruck, dass da andere Klänge seien – Klänge, die vielleicht aus Regionen weitab des Lebens rührten und gerade so am Rand des Hörbaren vibrierten. Was die konkreten Geräusche betraf, so waren die Ratten in den uralten Trennwänden am schlimmsten von allem. Manchmal schien ihr Gekratze nicht nur heimlich, sondern geradezu mutwillig zu sein. Kam es von jenseits der schrägen Nordwand, dann mischte es sich mit einem trockenen Klappern; drang es aus dem seit Jahrhunderten verschlossenen Dachraum über der schiefen Decke, dann zuckte Gilman zusammen wie in Erwartung eines Grauens, das nur den rechten Zeitpunkt abwartete, um herabzusteigen und ihn gänzlich zu verschlingen.
    Die Träume waren bar jeder Vernunft, und Gilman hatte den Eindruck, sie seien aus der Vermischung seiner mathematischen mit seinen folkloristischen Studien entstanden. Er hatte zu viel über die dunklen Regionen nachgedacht, die laut seinen Formeln hinter den uns bekannten drei Dimensionen liegen mussten, und über die Möglichkeit, dass die alte Keziah Mason – geleitet von einer Macht, die jenseits aller Mutmaßungen lag – tatsächlich das Tor zu diesen Regionen gefunden hatte. Die vergilbten Archivunterlagen mit ihrem Geständnis und den Aussagen ihrer Ankläger deuteten so eindringlich auf Dinge fernab der menschlichen Erfahrung hin – und die Beschreibungen des umherhuschenden kleinen Pelzwesens, das ihr als Gefährte diente, wirkten trotz der unglaublichen Details unangenehm realistisch.
    Dieses Wesen – kaum größer als eine ausgewachsene Ratte und von den Stadtbewohnern kurioserweise »Brown Jenkin« genannt – schien auf einem bemerkenswerten Fall von Massenwahn zu beruhen, sagten im Jahre 1692 doch nicht weniger als elf Personen aus, es gesehen zu haben. Auch aus jüngster Zeit existierten Gerüchte, die in einem erstaunlichen und beunruhigenden Maß miteinander übereinstimmten. Laut den Zeugen habe das Wesen ein langes Fell und die Gestalt einer Ratte, doch das mit scharfen Zähnen bewehrte, bärtige Gesicht wirke auf widerliche Weise menschlich, während die Pfoten wie winzige Menschenhände aussähen. Es fungiere als Bote zwischen der alten Keziah und dem Teufel und ernähre sich vom Blut der Hexe,

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