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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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teuflisch lange, scharfe Reißzähne. Gilman versuchte jeden Tag, das Rattenloch zu verschließen, doch in der Nacht zernagten die wirklichen Bewohner der Zwischenwände das Hindernis wieder, aus welchem Material es auch bestand. Einmal ließ er den Hauswirt ein Blechstück darüber festnageln, aber schon am nächsten Abend hatten die Ratten ein neues Loch genagt und dabei ein merkwürdiges kleines Knochenstück ins Zimmer geschoben oder gezerrt.
    Gilman suchte trotz seines Fiebers keinen Arzt auf; er wusste, er würde die Zwischenprüfungen nicht bestehen, falls man ihn ins Universitätskrankenhaus einweisen würde, wo er doch jede Minute zum Pauken benötigte. So fiel er zwar in der D-Klasse in Mathematik und in Fortgeschrittener Allgemeiner Psychologie durch, war aber guter Hoffnung, das Versäumte bis zum Ende des Semesters nachholen zu können.
    Im März tauchte ein neues Element in seinen bislang noch leichten Träumen auf, und die albtraumhafte Gestalt von Brown Jenkin wurde von nun an von einem nebelhaften Schemen begleitet, der immer stärkere Ähnlichkeit mit einer gebeugten alten Frau annahm. Diese Neuerung verstörte ihn mehr, als er sich erklären konnte, doch dann kam er zu dem Schluss, dass der Schemen einer alten Vettel glich, der er zweimal im dunklen Gewirr der Gassen nahe den verlassenen Werften begegnet war. Dabei hatte ihm die Art, wie die Alte ihn boshaft, sardonisch und scheinbar grundlos angeglotzt hatte, einen Schauer über den Rücken gejagt – vor allem beim ersten Mal, als eine übergroße Ratte, die in den Schatten einer Nebengasse gehuscht war, ihn unsinnigerweise an Brown Jenkin denken ließ. Jetzt, so überlegte er, spiegelten sich diese nervösen Ängste in seinen chaotischen Träumen wider.
    Dass das alte Haus einen ungesunden Einfluss auf ihn ausübte, konnte er nicht leugnen, doch ein Rest seines anfänglichen morbiden Interesses hielt ihn dort fest. Er sagte sich, dass allein das Fieber für seine nächtlichen Fantasien verantwortlich sei; mit dem Abklingen der Krankheit würden auch die ungeheuerlichen Visionen verschwinden. Diese Visionen waren jedoch von so unglaublicher Lebendigkeit und Eindringlichkeit, dass er beim Erwachen immer das vage Gefühl hatte, wesentlich mehr durchgemacht zu haben, als die Erinnerung daran festhielt. Er war zu der scheußlichen Überzeugung gelangt, dass er in Träumen, an die er sich nicht mehr erinnerte, mit Brown Jenkin und der alten Frau gesprochen hatte und dass diese ihn dazu gedrängt hatten, sie irgendwohin zu begleiten, wo ein drittes Wesen von größerer Macht sie erwartete.
    Gegen Ende Mai hatte er in Mathematik das Versäumte größtenteils aufgeholt, obwohl andere Studienfächer ihm vermehrt zu schaffen machten. Er hatte einen intuitiven Weg gefunden, riemannsche Gleichungen zu lösen, und verblüffte Professor Upham mit seinem Verständnis vierdimensionaler und anderer Probleme, die den Rest seiner Kommilitonen in Atem gehalten hatten. Eines Nachmittags entbrannte eine Diskussion über mögliche unberechenbare Krümmungen des Raumes und theoretische Annäherungs- oder gar Kontaktpunkte zwischen unserem Teil des Kosmos und verschiedenen anderen Regionen, vielleicht sogar den entlegensten Sternen oder den Abgründen zwischen den Galaxien – oder gar unglaublich entlegenen kosmischen Einheiten jenseits von Einsteins Raum-Zeit-Kontinuum. Gilmans gewandter Umgang mit diesem Thema flößte allen Anwesenden Bewunderung ein, wenngleich einige seiner hypothetischen Darstellungen den ohnehin schon zahlreichen Gerüchten über seinen nervlichen Zustand und sein verschrobenes Einsiedlerdasein neue Nahrung boten. Die Studenten schüttelten den Kopf über seine nüchtern vorgebrachte Theorie, der Mensch könne sich – behelfs eines mathematischen Wissens, das zugegebenermaßen fernab aller menschlichen Erkenntnisse liege – mit einem Schritt von der Erde auf jeden beliebigen anderen Himmelskörper in der Unendlichkeit des kosmischen Systems bewegen.
    Ein solcher Schritt, so behauptete er, bestehe nur aus zwei Etappen: erstens dem Austritt aus der uns bekannten dreidimensionalen Sphäre und zweitens dem Rückweg in diese dreidimensionale Sphäre an einer anderen, eventuell unendlich weit entfernten Stelle. Dass dies bewältigt werden könne, ohne dass man dabei ums Leben käme, sei in mancherlei Hinsicht vorstellbar. Jedes beliebige Wesen aus einem Teil des dreidimensionalen Raumes könne vermutlich in der vierten Dimension überleben; das

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