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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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sein. Und in die fernen Sabbatgesänge und das Wimmern Brown Jenkins aus dem Abgrund mischte sich, so glaubte er, ein anderes und wilderes Wimmern aus unbekannten Tiefen. Joe Mazurewicz – seine Gebete gegen das kriechende Chaos verwandelten sich nun in einen unbegreiflich triumphierenden Schrei – Welten der sardonischen Wirklichkeit bedrängten die Wirbel der Fieberträume – Iä! Shub-Niggurath! Die Geiß mit den tausend Jungen …
    Lange vor Morgengrauen fand man Gilman auf dem Boden seines ehemaligen Mansardenzimmers mit den sonderbaren Winkeln, denn ein grausiger Schrei hatte Desrochers, Choynski, Dombrowski und Mazurewicz sofort auf den Plan gerufen; selbst der in seinem Sessel fest schlafende Elwood war davon geweckt worden. Gilman war am Leben, seine Augen waren weit aufgerissen, dennoch schien er nicht bei Bewusstsein. Auf seinem Hals sah man die Würgemale mörderischer Hände und an seinem linken Fußknöchel befand sich ein scheußlicher Rattenbiss. Seine Kleidung war schlimm zugerichtet und Joes Kruzifix war verschwunden. Elwood zitterte und wollte noch nicht einmal Mutmaßungen darüber anstellen, welche Formen das Schlafwandeln seines Freundes nun angenommen hatte. Mazurewicz war wie benommen, weil er nach eigener Aussage als Antwort auf seine Gebete »ein Zeichen« erhalten habe; er schlug panisch ein Kreuz, als man hinter der schiefen Trennwand das Quieken und Winseln einer Ratte hörte.
    Als man den Träumer auf sein Sofa in Elwoods Zimmer gebettet hatte, wurde Doktor Malkowski gerufen – ein in der Nachbarschaft ansässiger Arzt, der keine peinlichen Geschichten herumerzählen würde –, und er verabreichte Gilman zwei Spritzen, die ihn in einen natürlichen Schlaf fallen ließen. Im Laufe des Tages kam der Patient einige Male zu Bewusstsein und flüsterte Elwood zusammenhanglose Fragmente seiner jüngsten Träume zu. Das war ein schmerzhafter Prozess, zu dessen Beginn eine neue und bestürzende Tatsache offenbar wurde.
    Gilman, dessen Gehör in letzter Zeit so unnatürlich scharf und empfindlich gewesen war, war nun stocktaub. Doktor Malkowski, den man in aller Eile erneut gerufen hatte, sagte Elwood, seine beiden Trommelfelle seien gerissen, so als wurden sie einer unglaublichen Lautstärke ausgesetzt, die jenseits des menschlich Vorstellbaren und Erträglichen lag. Wie er allerdings in den letzten Stunden ein Geräusch gehört haben sollte, das das gesamte Miskatonic-Tal aus dem Schlaf gerissen hätte, das konnte sich der gute Arzt nicht erklären.
    Elwood schrieb seinen Beitrag zum Gespräch auf Papier nieder, sodass sie einigermaßen miteinander kommunizieren konnten. Keiner von beiden wusste, was er von dem ganzen Chaos halten sollte; sie kamen zu dem Schluss, am besten so wenig wie nur möglich darüber nachzudenken. Beide waren sich jedoch darin einig, dass sie dieses uralte und verfluchte Haus so bald wie möglich verlassen mussten. In den Abendzeitungen standen Berichte über eine Polizeirazzia in einer Schlucht jenseits von Meadow Hill in den frühen Morgenstunden, bei der einige Personen bei merkwürdigen Feierlichkeiten gestört wurden. Es hieß, dass der dort stehende weiße Stein seit Urzeiten von abergläubischen Legenden umwoben sei. Niemand habe festgenommen werden können, doch unter den flüchtigen Personen sei ein hünenhafter Schwarzer aufgefallen. In einer anderen Spalte hieß es, dass man von dem vermissten Kind Ladislas Wolejko nach wie vor keine Spur entdeckt habe.
    Der krönende Abschluss aller Schrecken blieb der Universität vorbehalten. Elwood wird es nie vergessen; er musste das restliche Semester über fernbleiben, weil er infolgedessen einen Nervenzusammenbruch erlitt. Er hatte geglaubt, den ganzen Abend hindurch Ratten in den Zwischenwänden zu hören, dem aber nur wenig Beachtung geschenkt. Lange nachdem er und Gilman sich schlafen gelegt hatten, ging das grauenhafte Kreischen los. Elwood sprang auf, schaltete das Licht an und eilte zum Sofa seines Gastes. Dieser gab Laute wahrlich unmenschlicher Art von sich, als erdulde er gerade unbeschreibliche Martern. Er wand sich hin und her und auf der Decke breitete sich ein großer roter Fleck aus.
    Elwood wagte ihn kaum zu berühren, aber das Schreien und Zucken ließ allmählich nach. Dombrowski, Choynski, Desrochers, Mazurewicz und der Bewohner des obersten Stockwerks versammelten sich alle an der Tür; der Hauswirt trug seiner Frau auf, Doktor Malkowski anzurufen. Alle schrien auf, als plötzlich eine riesige

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