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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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doch niemand schreckte vor etwas zurück, das eine schiere Notwendigkeit zu sein schien. Nachdem wir mit dem Beladen des Flugzeugs begonnen hatten, begaben wir uns um 2.00 Uhr kurz zur Ruhe, standen jedoch schon vier Stunden später wieder auf den Beinen, packten und brachten die Beladearbeiten zum Abschluss.
    Um 7.15 Uhr am 25. Januar traten wir unseren Flug nach Nordwesten an, mit McTighe als Piloten, zehn Mann, sieben Hunden, einem Schlitten, Nahrungs- und Treibstoffvorräten und weiterer Ausrüstung einschließlich des Bordfunkgerätes. Die Luft war klar, ziemlich ruhig und von relativ milder Temperatur, und wir erwarteten sehr wenige Schwierigkeiten bis zum Erreichen jenes Breiten- und Längengrades, die Lake als Position seines Lagers angegeben hatte. Viel mehr Angst machte uns das, was wir am Ende unserer Reise vorfinden – oder nicht vorfinden – mochten, denn Stille war nach wie vor die einzige Antwort auf alle Funkrufe, die wir an Lakes Lager aufgaben.
    Jede Einzelheit jenes Viereinhalbstunden-Fluges ist unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt, weil er einen Scheidepunkt in meinem Leben markiert. Er führte dazu, dass ich im Alter von vierundfünfzig Jahren den Frieden und das innere Gleichgewicht verlor, derer sich der gesunde menschliche Geist dank seiner gewohnten Auffassung von den Naturerscheinungen und Naturgesetzen erfreut. Von nun an sollten wir zehn Männer – vor allem jedoch der Student Danforth und ich – uns einer abscheulich erweiterten Welt verborgen lauernder Schrecken gegenübersehen, die nichts mehr aus unseren Seelen zu tilgen vermag und die mit der restlichen Menschheit zu teilen wir nicht wagen würden, so uns denn eine Wahl bliebe. Die Zeitungen haben die Meldungen gedruckt, die wir von unterwegs funkten und worin wir von unserem langen Flug berichteten, von unseren zwei Kämpfen gegen tückische, heftige Höhenstürme, von dem kurzen Blick auf die durchbrochene Eisfläche, wo Lake drei Tage zuvor und auf halbem Weg nach Norden seinen Schacht in den Boden getrieben hatte, und ebenso von unserer Sichtung einer Anzahl jener seltsamen, flockigen Schneezylinder, von denen schon Amundsen und Byrd berichtet haben und die im Wind über endlose Kilometer vereister Plateaus hinwegrollen. Irgendwann gelangten wir an einen Punkt, an dem unsere Empfindungen sich nicht mehr in Worte fassen ließen, die der Presse verständlich gewesen wären, und letztlich auch an einen Punkt, an dem wir uns eine absolute Nachrichtenzensur auferlegen mussten.
    Larsen, der Matrose, erspähte als Erster die gezackte Linie hexenhütiger Kegel und Bergzinnen vor uns, und als er rief, stürzten alle an die Fenster der geräumigen Flugzeugkabine. Trotz unserer Geschwindigkeit wurden sie nur sehr langsam größer; dies verriet uns, dass sie unendlich weit entfernt sein mussten und sichtbar überhaupt nur wegen ihrer außergewöhnlichen Höhe. Stück für Stück jedoch wuchsen sie drohend in den westlichen Himmel empor. Wir machten verschiedene kahle, öde, schwärzliche Gipfel aus und erlebten einen überirdischen Anblick, heraufbeschworen durch das rötliche antarktische Licht vor dem erregenden Hintergrund irisierender Wolken aus Eisstaub. Dem ganzen Schauspiel wohnte eine beharrliche, allbeherrschende Verheißung gewaltigen Geheimnisses und möglicher Offenbarung inne. Es war, als seien diese starren, albtraumartigen Spitztürme die Pfeiler eines schrecklichen Tores zu verbotenen Traumsphären und chaotischen Gräben ferner Zeiten und Räume und unentdeckter Dimensionen. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass es sich um etwas Böses handelte – Berge des Wahnsinns, deren entfernteste Hänge über einen letzten, fluchbeladenen Abgrund hinausblickten. Jener brodelnde, matt leuchtende Wolkenhintergrund barg unsagbare Andeutungen einer vagen, ätherischen Jenseitigkeit, die alle irdischen Größenverhältnisse hinter sich ließ; er gemahnte auf grauenhafte Weise an die äußerste Ferne, Abgeschiedenheit, Einsamkeit und äonenalte Todesstarre dieser unberührten, unerforschten Welt des Südens.
    Der junge Danforth war es, der unsere Aufmerksamkeit auf die eigentümlich regelmäßigen Umrisse der höheren Gebirgszacken lenkte – Umrisse so regelmäßig wie jene Überreste perfekter Kuben, die Lake schon an den Gipfeln hatte kleben sehen. Sie rechtfertigten tatsächlich seinen Vergleich mit den entrückten Andeutungen urzeitlicher Tempelruinen auf umwölkten asiatischen Bergzinnen, die Roerich so subtil

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