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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Felsoberfläche ihrer Umgebung. Das Ganze wirkte wie die Ruinen von Machu Picchu in den Anden oder die urzeitlichen Grundmauern von Kisch, die 1929 von der Expedition des Oxford-Field-Museums ausgegraben worden waren. Ab und zu glaubten Danforth und auch ich, erkennen zu können, dass die Gebilde aus einzelnen, zyklopischen Blöcken bestünden, was mit Carrolls Beobachtung während des Erkundungsfluges mit Lake übereinstimmte. Welche Erklärung all dies an einem solchen Ort finden könnte, ging schlicht über mein Begriffsvermögen, und ich fühlte mich als Geologe seltsam überfordert. Vulkanisches Erstarrungsgestein ist oftmals seltsam regelmäßig geformt – wie der berühmte Damm der Riesen in Irland –, doch dieser gewaltige Gebirgszug war, soweit es seine sichtbare Struktur betraf, keinesfalls vulkanisch, auch wenn Lake zu Beginn meinte, einen rauchenden Kegel gesehen zu haben.
    Die sonderbaren Höhleneingänge, in deren Nähe die seltsamen Gebilde zahlreicher schienen, stellten ein weiteres, obgleich kleineres Rätsel dar, denn auch sie besaßen eine auffallende Regelmäßigkeit. Sie waren, wie Lake schon gemeldet hatte, meist nahezu quadratisch oder halbkreisförmig, so als seien die natürlichen Öffnungen von Geisterhand gleichförmig gestaltet worden. Ihre große Anzahl und ihre weite Verbreitung waren erstaunlich und ließen vermuten, das gesamte Gebiet sei bienenstockartig durchwoben von Tunneln, die ihre Entstehung dem Zerfall von Kalksteinadern verdankten. Wir erhaschten naturgemäß keine tiefen Einblicke in diese Höhlen, doch immerhin erkannten wir, dass sie offenbar keine Tropfsteine enthielten. In der unmittelbaren Umgebung der Höhlenöffnungen schienen die Bergwände besonders glatt und ebenmäßig zu sein und Danforth glaubte, dass die kleinen, verwitterungsbedingten Risse und Vertiefungen sich zu ungewöhnlichen Mustern fügten. Noch ganz unter dem Eindruck der vorgefundenen rätselhaften Schrecken im Lager, deutete er an, dass diese Vertiefungen verblüffend an die gepunkteten Muster auf den grünlichen Urzeit-Specksteinen erinnerten, die sich so abscheulich auf jenen irrsinnigen Schneehügeln über den sechs begrabenen Ungetümen wiederholt hatten.
    Wir gewannen allmählich an Höhe beim Überfliegen der mächtigen Vorberge und steuerten den relativ niedrigen Pass an. Als er herankam, schauten wir gelegentlich nach unten auf den eis- und schneebedeckten Landweg und fragten uns, ob wir diesen Vorstoß mit den einfacheren Mitteln vergangener Tage ebenfalls hätten wagen können. Erstaunt erkannten wir, dass das Terrain keineswegs unwegsam war; trotz der Spalten und sonstiger Hindernisse hätte es die Schlitten eines Scott, eines Shackleton oder eines Amundsen schwerlich aufgehalten. Einige der Gletscher schienen bemerkenswert geradlinig zu vom Wind freigelegten Pässen hinaufzuführen, und als wir den von uns auserkorenen Pass erreichten, erkannten wir, dass er keine Ausnahme bildete.
    Unser Gefühl gespannter Erwartung, als wir im Begriff standen, um die Bergkuppe zu fliegen und erstmals einen Blick in eine nie betretene Welt zu tun, lässt sich kaum in Worte fassen, obwohl wir keinen Grund zu der Annahme hatten, dass die Gefilde jenseits des Gebirgszuges sich grundlegend von denen unterscheiden würden, die wir bereits gesehen und durchmessen hatten. Dieses Bollwerk aus Felshängen und das leuchtende Himmelsmeer, das lockend über ihren Zinnen aufschien, wurde umschlungen von einer Aura böser Geheimnisse, die so unbestimmt und wenig greifbar war, dass bloße Worte diesen Eindruck nicht wiedergeben können. Weit eher spielten vage psychologische Symbolik und feinsinnige Gedankenverknüpfungen eine Rolle – etwas aus exotischen Gedichten und Gemälden, oder aus uralten Legenden, die in gemiedenen und verbotenen Bücher lauern. Selbst im Geheul des Windes wehte eine unterschwellige Andeutung bewusster Böswilligkeit; und eine Sekunde lang hatte es den Anschein, als berge sein vielstimmiges Klagen ein bizarres, melodiöses Pfeifen mit großem Tonumfang, während der Wind in die allgegenwärtigen, widerhallenden Höhleneingänge hineinfegte und wieder daraus hervorstürze. In diesem Geräusch lag ein unergründlicher erinnerungsträchtiger Abscheu, der ebenso undefinierbar war wie alle anderen unserer düsteren Eindrücke.
    Nach einem langsamen Aufstieg zeigte unser Höhenmesser jetzt 7190 Meter an und wir hatten die Schneegrenze des Gebirges endgültig unter uns gelassen. Hier oben gab es

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