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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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denen es sich anscheinend um Reliefornamente auf horizontalen Friesen handelte – Verzierungen, zu denen auch jene seltsamen Punktmusterungen gehörten, deren Vorhandensein auf den urzeitlichen Specksteinen nun eine sehr viel weiter reichende Bedeutung gewann.
    Vielerorts waren von den Gebäuden nur noch Trümmerhaufen übrig und aufgrund unterschiedlicher geologischer Ursachen tiefe Furchen in die Eisdecke gegraben. An anderen Stellen war das Mauerwerk bis auf die Eisoberfläche abgetragen. Eine breite Schneise, die vom Inneren des Plateaus bis zu einer Kluft in den Vorbergen etwa eineinhalb Kilometer links von dem Pass verlief, den wir überquert hatten, war ganz frei von Bauwerken. Möglicherweise, überlegten wir, handelte es sich hierbei um den Verlauf eines großen Flusses, der zur Zeit des Tertiärs – vor Millionen von Jahren – durch die Stadt geströmt war und sich in irgendeinen mächtigen unterirdischen Abgrund der großen Gebirgskette ergossen hatte. Kein Zweifel, dies war mehr als sonst irgendetwas eine Region der Höhlen, der Abgründe und der unterirdischen Geheimnisse, die sich jeder Ergründung durch den Mensch entzogen.
    Erinnere ich mich heute an unsere Empfindungen und an unsere Benommenheit beim Anblick dieses ungeheuerlichen Relikts aus einer vermutlich vormenschlichen Epoche, kann ich nur darüber staunen, dass wir unser seelisches Gleichgewicht bewahrten. Natürlich war uns klar, dass irgendetwas – die Zeitrechnung, die wissenschaftlichen Theorien oder auch unser eigener Verstand – erbärmlich aus den Fugen geraten war. Dennoch behielten wir genügend Fassung, um das Flugzeug zu steuern, zahlreiche recht genaue Beobachtungen anzustellen und eine Serie sorgfältiger Fotografien zu machen, die uns und der übrigen Welt jetzt vielleicht einen unschätzbaren Dienst erweisen werden. Mir mag meine eingefleischte wissenschaftliche Einstellung geholfen haben; denn über meiner Verstörung und der unbestimmten Furcht stand eine brennende Neugier, tiefer in dieses urzeitliche Geheimnis einzudringen – um zu erfahren, welche Lebewesen diese unermesslich riesige Stätte einst erbaut und darin gelebt hatten und in welcher Beziehung zu der restlichen Welt ihrer Zeit eine solch einzigartige Fülle von Leben gestanden haben könnte.
    Denn dieser Ort konnte keine gewöhnliche Stadt sein – er musste den ursprünglichen Kern und Mittelpunkt irgendeines urzeitlichen und unfassbaren Kapitels der Erdgeschichte gebildet haben, der nur in den dunkelsten und verzerrtesten Mythen vagen Widerhall findet und vom Chaos der Erdwehen verschlungen wurde, lange bevor irgendeine uns bekannte Menschenrasse aus dem Affenstadium herauswatschelte. Hier erstreckte sich eine paläogene Megalopolis, im Vergleich zu der die legendären Reiche Atlantis und Lemuria, Commorium und Uzuldaroum sowie Olathoë im Lande Lomar erst gestern existierten – noch nicht einmal vorgestern; eine Megalopolis, ebenbürtig solch umwisperten vormenschlichen Blasphemien wie Valusia, R’lyeh, Ib im Lande Mnar oder der Stadt ohne Namen in der arabischen Wüste. Als wir diese Anhäufung titanischer Türme überflogen, streifte meine Fantasie bisweilen alle Fesseln ab und durchschweifte haltlos Welten verstiegenster Vermutungen – wobei sie sogar Verbindungen zwischen dieser vergessenen Welt und meinen wildesten Träumen im Zusammenhang mit den irrwitzigen Gräueln im Lager knüpfte.
    Um das Flugzeug möglichst leicht zu halten, hatten wir es nicht vollgetankt, daher mussten wir bei unseren Erkundungen ab jetzt Umsicht walten lassen. Aber auch so überflogen wir noch eine enorme Fläche, nachdem wir auf eine Höhe heruntergegangen waren, wo der Wind fast keine Wirkung mehr hatte. Der Gebirgszug schien grenzenlos zu sein, und ebenso endlos säumte die furchteinflößende Steinstadt seine inneren Vorberge. Nach achtzig Flugkilometern zeigte sich keine Veränderung an dem Labyrinth aus Fels und Mauerwerk, das sich wie ein Leichnam aus dem ewigen Eis emporkrallte. Dennoch gab es einige überaus fesselnde Besonderheiten; etwa die behauenen Felsen in der Schlucht, wo ein breiter Fluss einst die Vorberge durchschnitten hatte, kurz bevor er sich innerhalb des großen Gebirgszugs in die Tiefe ergoss. Wo der Fluss in den Berg eintrat, waren die Felsen kühn zu zyklopischen Türmen behauen worden; und etwas an deren zerfurchter, fässerartiger Form weckte seltsam vage, hassvolle und verstörende Erinnerungen in Danforth und mir.
    Wir überflogen auch

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