Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)
später den Männern im Lager auftischten und auch an die Außenwelt funkten. Es ist nun meine grässliche Pflicht, diese Aussage zu vervollständigen, indem ich ihre gnädigen Lücken durch Hinweise darauf ausfülle, was wir wirklich in jener verborgenen Welt jenseits der Berge sahen – Hinweise auf jene Enthüllungen, die Danforth letztlich in den Nervenzusammenbruch stürzten. Ich wünschte, er würde genauso offen über das Ding sprechen, von dem er glaubt, er allein habe es gesehen – auch wenn es sich vermutlich nur um eine nervöse Sinnestäuschung handelte – und das vielleicht der letzte Auslöser für seinen jetzigen Zustand war. Doch er weigert sich standhaft. So kann ich also nur sein späteres, unzusammenhängend geflüstertes Gestammel über das wiederholen, was ihn schrill aufkreischen ließ, als unsere Maschine auf dem Rückflug durch den hohen, von Wind gepeitschten Gebirgspass jagte, nach jenem absoluten Schock, den wir alle beide erlitten hatten. Dies soll dann mein letztes Wort sein. Falls die unmissverständlichen Hinweise auf das Überdauern uralter Schrecken in meinen Enthüllungen nicht genügen sollten, um andere davon abzuhalten, sich neugierig in die tiefste Antarktis zu wagen – oder zumindest davon, gar zu tief unter der Oberfläche dieser äußersten Einöde verbotener Geheimnisse und unmenschlicher, seit Äonen verfluchter Abgeschiedenheit zu rühren –, dann trifft mich keine Schuld an unvorhersehbaren und vermutlich monströsen Gräueln.
Danforth und ich berechneten anhand eines Sextanten und der Notizen, die Pabodie während seines nachmittäglichen Rundflugs angefertigt hatte, dass der niedrigste zugängliche Pass der Gebirgskette etwas weiter rechts von uns lag, noch in Sichtweite des Lagers und zwischen siebentausend und siebentausendfünfhundert Metern über dem Meeresspiegel. Ihn steuerten wir zunächst an, als wir in der von Ballast befreiten Maschine zu unserem Erkundungsflug abhoben. Das Lager selbst befand sich gut dreitausendsechshundert Meter über dem Meer auf Vorbergen, die von einem hoch gelegenen Kontinentalplateau aufragten; daher war der tatsächliche Höhenunterschied, den es zu überwinden galt, weniger groß als man vermuten könnte. Trotzdem spürten wir, während wir aufstiegen, sehr deutlich die immer dünner werdende Luft und die immense Kälte; denn wegen der schlechten Sichtverhältnisse mussten wir mit offenen Kabinenfenstern fliegen. Natürlich trugen wir unsere dickste Pelzbekleidung.
Als wir uns den drohenden Gipfeln näherten – dunkel und unheimlich erhoben sie sich über den von Gletscherspalten durchzogenen Schneefeldern –, gewahrten wir immer mehr der seltsam regelmäßigen Gebilde, die an den Berghängen klebten; und wieder fühlten wir uns an die merkwürdigen asiatischen Gemälde Nicholas Roerichs erinnert. Die uralten und windzernarbten Gesteinsformationen bestätigten Lakes Funkberichte in jeder Hinsicht und bewiesen, dass diese Kämme seit einem unglaublich frühen Erdzeitalter unverändert emporragten – womöglich schon seit über fünfzig Millionen Jahren. Um wie vieles höher sie einst gewesen waren, ließ sich nicht abschätzen; doch wies alles an dieser seltsamen Region auf unergründliche atmosphärische Einflüsse hin, die den natürlichen Veränderungen entgegenwirkten und anscheinend die gewöhnlichen, klimatisch bedingten Verwitterungsprozesse von Felsgestein hemmten.
Doch am meisten faszinierten und irritierten uns die Anhäufungen von regelmäßigen Würfeln, Schutzwällen und Höhleneingängen an den Berghängen. Ich betrachtete sie mit dem Fernglas und fotografierte sie, während Danforth das Flugzeug steuerte; zuweilen auch löste ich ihn ab – obzwar ich als Pilot ein absoluter Amateur bin –, und überließ ihm den Feldstecher. Wir konnten deutlich erkennen, dass diese Gebilde großenteils aus hellem, azoischem Quarzit bestanden, die keiner an weiten Abschnitten des Massivs sonst sichtbar auftretenden Gesteinsart glich; und dass ihre Regelmäßigkeit außerordentlicher und unheimlicher war als es der bedauernswerte Lake hatte durchklingen lassen.
Wie er berichtet hatte, waren ihre Kanten unter den widrigen Witterungseinflüssen unvorstellbar langer Zeiten bröckelig und rund geworden; doch ihre unnatürliche Festigkeit und ihr widerstandsfähiges Material hatten sie vor der Zersetzung bewahrt. Viele Bauten, vor allem die dicht mit den Hängen verbundenen, schienen aus demselben Material zu bestehen wie die
Weitere Kostenlose Bücher