Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)
Kreidezeit, nachdem ein gigantischer Erdeinbruch nicht weit entfernt eine Stadt von noch gewaltigeren Ausmaßen ausgelöscht hatte. Wie es schien, war dieses Gebiet ein sehr heiliger Ort gewesen, denn hier sollten angeblich die ersten Großen Alten einen urzeitlichen Meeresgrund besiedelt haben. In der neuen Stadt – die wir auf vielen Reliefs wiedererkannten und die sich in beiden Richtungen über volle hundertundsechzig Kilometer entlang der Gebirgskette erstreckte, weit über die äußersten Grenzen unseres Erkundungsfluges hinaus – wurden, so hieß es, einige heilige Steine aufbewahrt, die einst Bestandteil der ersten Stadt auf dem Meeresgrund gewesen und die im Zuge des allgemeinen Bruchs geologischer Schichten nach langen Zeitaltern empor ans Tageslicht geschleudert worden waren.
VIII
Verständlicherweise erkundeten Danforth und ich mit ganz besonderem Interesse und einer eigenartig ehrfürchtigen, persönlichen Anteilnahme alles, was sich unmittelbar mit dem Bezirk befasste, in dem wir uns bewegten. Solche auf ihr Umfeld bezogene Reliefs waren natürlich reichlich vorhanden; und wir hatten das Glück, in den wirren untersten Ebenen der Stadt auf ein Haus sehr späten Ursprungs zu stoßen, dessen Mauern, obzwar von einem Spalt etwas in Mitleidenschaft gezogen, Darstellungen in weniger kunstvollem Stil aufwiesen, auf denen die Geschichte dieses Abschnitts weit über den Stand der pliozänen Karte hinaus weiter erzählt wurde. Dies war der letzte Ort, den wir gründlich erforschten, denn das, was wir dort fanden, lenkte unsere Aufmerksamkeit auf ein neues Ziel.
Ganz ohne Zweifel befanden wir uns in einem der fremdartigsten, unheimlichsten und schrecklichsten Winkel des Erdballs. Unter allen bestehenden Ländern war dies bei Weitem das älteste.
Allmählich beschlich uns die Überzeugung, dass es sich bei diesem grauenvollen Hochland tatsächlich um das sagenumrankte Albtraumplateau von Leng handeln musste, auf das selbst der wahnsinnige Verfasser des Necronomicon nur widerstrebend einging. Der große Gebirgszug war enorm lang – er begann als eine niedrige Bergkette im Prinzregent-Luitpold-Land an der Küste des Weddell-Meeres und zog sich buchstäblich quer über den gesamten Kontinent. Sein höchster Abschnitt verlief in einem riesigen Bogen etwa von 82° südlicher Breite, 60° östlicher Länge bis zu 70° südlicher Breite, 115° östlicher Länge, wobei seine Hohlflanke unserem Lager zugewandt war und sein seewärtiges Ende bis in das Gebiet jener langen, eisumschlossenen Küste reichte, deren Berge Wilkes und Mawson am südlichen Polarkreis gesichtet hatten.
Doch es schien, als lauerten in der Nähe sogar noch ungeheuerlichere Auswüchse der Natur. Ich habe gesagt, dass diese Gipfel höher als der Himalaja sind, aber die Reliefs verbieten mir, zu behaupten, es handele sich um die höchsten der Welt. Diese grausige Ehre ist zweifellos einer Erscheinung vorbehalten, die zu erwähnen die meisten Reliefs sich scheuten, während andere sie nur mit offenkundigem Widerwillen und Grausen zeigten.
Es scheint, als habe es ein Gebiet in diesem alten Land gegeben – jene Region, die als Erste aus dem Wasser aufstieg, nachdem die Erde den Mond abgestoßen hatte und die Großen Alten von den Sternen herabgekommen waren –, das gemieden wurde, weil es aus nicht näher bestimmbaren Gründen als unsagbar böse galt. Städte, die man dort errichtet hatte, zerfielen vorzeitig und wurden hastig verlassen. Als dann im ausgehenden Jura das erste große Aufbäumen der Erdkruste diese Region erschütterte, wuchs inmitten des tosenden Chaos plötzlich der Kamm eines gewaltigen Gipfels empor – und die Erde hatte ihre höchsten und entsetzlichsten Berge bekommen.
Falls der Maßstab der Reliefs stimmte, mussten diese abscheulichen Gebilde weit über zwölftausend Meter hoch sein – also noch gewaltiger als selbst die Berge des Wahnsinns, die wir überflogen hatten. Dem Anschein nach erstreckten sie sich etwa von 77° südlicher Breite, 70° östlicher Länge bis zu 70° südlicher Breite, 100° östlicher Länge – weniger als fünfhundert Kilometer von der toten Stadt entfernt, sodass wir ihre gefürchteten Gipfel fern im verhangenen Westen hätten erspähen müssen, wäre nicht dieser vage, schillernde Dunst gewesen. Ebenso mussten ihre nördlichen Ausläufer von der langen Küstenlinie des südlichen Polarkreises bei Queen-Mary-Land aus sichtbar sein.
In den Tagen des Niedergangs hatten einige der Großen Alten
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