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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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dass der Würgegriff drückenden Grauens sogar den Bewohnern dieser Stadt nicht unbekannt gewesen war; denn es gab eine immer wiederkehrende, düstere Szene, worin die Großen Alten gezeigt wurden, wie sie voller Furcht vor irgendeinem – nie zu sehenden – Objekt zurückwichen, das sie aus dem großen Fluss gefischt hatten und das wohl aus den bebenden, von Weinreben umrankten Zykadeenwäldern der grauenhaften westlichen Berge herabgespült worden war.
    Erst in dem zuletzt erbauten Haus mit den weniger meisterhaften Bildern fanden wir eine schattenhafte Andeutung auf jene letzte Katastrophe, die zur Aufgabe der Stadt geführt hatte. Fraglos mussten sich an anderen Orten viele Reliefs aus derselben Epoche befunden haben, selbst in Anbetracht der nachlassenden Leistungs- und Antriebskraft einer angespannten und von Unsicherheit gezeichneten Ära; und tatsächlich entdeckten wir wenig später sichere Hinweise auf das Vorhandensein weiterer solcher Darstellungen. Diese erste blieb jedoch die einzige davon, die wir direkt zu Gesicht bekamen. Wir wollten später nach weiteren suchen; doch wie schon gesagt, geschah etwas, das unsere Aufmerksamkeit auf ein neues Ziel lenkte. Natürlich musste die Geschichtsschreibung auf den Reliefs irgendwann zu einem Ende kommen – denn nachdem die Großen Alten alle Hoffnung auf eine weitere Bewohnung des Ortes verloren hatten, musste daraus fraglos die vollständige Einstellung der Gravurarbeiten folgen. Der Todesstoß war natürlich der Einbruch der großen Eiszeit gewesen, die einstmals den Hauptteil des Planeten im Griff gehalten und sich von den unseligen Polen nie mehr zurückgezogen hatte – die große Eiszeit, die am anderen Ende der Welt den Untergang der sagenumwobenen Länder Lomar und Hyperboräa herbeiführte.
    Wann exakt diese Entwicklung in der Antarktis begann, lässt sich nicht aufs Jahr genau bestimmen. Heutzutage glauben wir, dass der Beginn der weltweiten Eiszeiten vor ungefähr 500.000 Jahren einsetzte, doch an den Polen muss diese furchtbare Heimsuchung schon weitaus früher begonnen haben. Alle Zahlenangaben bleiben zum Teil Mutmaßung, doch ist es wahrscheinlich, dass die weniger kunstvollen Reliefs vor deutlich weniger als einer Millionen Jahren geschaffen worden waren und dass die Stadt, gemessen an den auf dem gesamten Erdball herrschenden Bedingungen, lange vor dem allgemein angenommenen Einsetzen des Pleistozäns – also vor 500.000 Jahren – vollständig und endgültig aufgegeben wurde.
    Aus den letzten Reliefs waren Anzeichen einer überall abnehmenden Vegetation ersichtlich und dass sich die Großen Alten immer mehr vom Land zurückzogen. Nun benutzten sie in den Häusern Heizanlagen und im Winter reisten sie tief vermummt in schützenden Stoffen. Auf einer Reihe von Zierrahmen – ihre fortlaufende Anordnung bei den späteren Wanddekorationen war häufig unterbrochen – sahen wir, dass immer mehr in wärmeren Gebieten Zuflucht suchten; einige flohen in unterseeische Städte vor der fernen Küste, andere krochen durch die labyrinthischen Kalksteinstollen in den ausgehöhlten Bergen bis hinab zu dem schwarzen Abgrund unterirdischer Gewässer.
    Wie es scheint, hatten sich am Ende die meisten Flüchtlinge in diesem Abgrund angesiedelt. Gewiss lag dies zum Teil an der überlieferten Heiligkeit dieser Gegend, doch maßgeblich mag die Möglichkeit gewesen sein, die großen Tempel auf den ausgehöhlten Bergen weiter zu nutzen; außerdem konnten sie im Sommer in die riesige Stadt zurückkehren und sie als Zugangsbasis für verschiedene Bergwerke nutzen. Die Verbindung zwischen den alten und den neuen Wohnstätten wurde durch den Ausbau der bisherigen Zugangswege erleichtert, einschließlich der Grabung zahlreicher direkter Tunnel von der uralten Metropole zum schwarzen Abgrund – steil abfallende Stollen, deren Eingänge wir sorgfältig in die Karte einzeichneten, die wir erstellten. Wie sich zeigte, lagen zumindest zwei dieser Tunnel von unserem gegenwärtigen Standort aus in unmittelbarer Nähe – beide befanden sich an dem gebirgsseitigen Rand der Stadt, einer weniger als vierhundert Meter in Richtung des alten Flussverlaufs, der andere vielleicht doppelt so weit in der Gegenrichtung.
    Im Abgrund gab es, wie es schien, an manchen Stellen schräge Küstenstreifen mit trockenem Boden, doch die Großen Alten bauten ihre neue Stadt unter Wasser – fraglos aufgrund der dort herrschenden gleichmäßigeren Wärme. Die Tiefe dieses verborgenen Meeres muss

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