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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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zu, um vorsichtig von dem Trümmerberg herabzusteigen und durch den Irrgarten uralter Steine zu den Vorbergen zu laufen, wo unser Flugzeug wartete. Wir verloren kein Wort über das, vor dem wir durch die Finsternis der geheimen und uralten Erdschlünde geflohen waren.
    In weniger als einer Viertelstunde hatten wir den Steilhang zu den Vorbergen erreicht – eine vermutlich vorzeitliche Terrasse –, über den wir herabgestiegen waren, und sahen inmitten der wenigen Ruinen am Hang vor uns die dunklen Umrisse unseres großen Flugzeuges. Auf halbem Weg zu unserem Ziel hielten wir kurz inne, um Atem zu schöpfen, und drehten uns um. Wir blickten noch einmal hinab auf das fantastische Wirrwarr der unglaublichen Steingebilde unter uns, das sich vor einem einmaligen Himmel im Westen wieder geheimnisvoll abzeichnete. Der frühe Dunst des Himmels hatte sich verflüchtigt und die unruhigen Eiswolken waren zum Zenit aufgestiegen, wo ihre höhnischen Umrisse scheinbar zu einem bizarren Muster gerinnen wollten, sich aber noch scheuten, klare, endgültige Gestalt anzunehmen.
    Dort am äußersten weißen Horizont hinter der grotesken Stadt erkannten wir jetzt eine dunkle, verhexte Linie violetter Gipfel, deren nadelspitze Zinnen sich undeutlich vor dem lockenden Rosenrot des Himmels abhoben. Bis hinauf zu diesem schimmernden Rand erstreckte sich das urzeitliche Tafelland, das die tiefe Rinne des ausgetrockneten Flusslaufs wie ein verschlungenes Schattenband durchschnitt.
    Einen Augenblick lang hielten wir vor sprachloser Bewunderung für die überirdische kosmische Schönheit dieser Kulisse den Atem an, doch dann schlich sich ein vages Grauen in unsere Seelen. Denn diese fernen violetten Umrisse konnte nichts anderes sein als die furchtbaren Berge des verbotenen Landes – die höchsten Gipfel der Welt und Brennpunkt allen Unheils dieser Erde; Brutstatt namenloser Schrecken und urzeitlicher Geheimnisse; gemieden und vergötzt von jenen, die ihre Bedeutung nicht in Reliefs zu meißeln wagten; von keinem irdischen Lebewesen je betreten, jedoch heimgesucht von unheilvollen Blitzschlägen, die in den Polarnächten sonderbare Lichtstrahlen über das Eisland aussenden … Ohne den geringsten Zweifel war dies das unbekannte Vorbild des furchtumwitterten Kadath in der Kalten Wüste jenseits des abscheulichen Leng, auf das uralte Legenden nur zögernd anspielen.
    Falls die Darstellungen auf den Reliefs die Wahrheit erzählten, ragten diese rätselhaften violetten Berge kaum weiter als fünfhundert Kilometer entfernt auf. Dennoch zeichneten sich ihre düsteren, verwunschenen Gipfel deutlich über dem fernen, verschneiten Horizont ab, wie der gezackte Rand eines fremden, monströsen Planeten, der im Begriff steht, sich am Himmel zu erheben. Demzufolge musste ihre Höhe alle Vorstellungen sprengen – hinaufreichen bis in dünne atmosphärische Luftschichten, in denen nur noch gasförmige Gespenster hausen, von denen unvorsichtige Piloten nach unerklärlichen Abstürzen noch im Sterben flüsternd berichtet haben.
    Während ich diese Berge betrachtete, dachte ich voller Unbehagen an einige Andeutungen in den Reliefs darüber, was der große, eingetrocknete Fluss einst von ihren verfluchten Hängen herab in die Stadt geschwemmt hatte – und ich fragte mich, wie viel Wahrheit und wie viel Aberglaube in den Ängsten der Großen Alten gelegen haben mochte, dass sie in ihren Werken davon derart eingeschüchtert berichteten. Die nördlichen Ausläufer dieser Berge mussten bis zur Küste von Queen-Mary-Land reichen, wo zweifellos gerade in diesem Augenblick die Expedition von Sir Douglas Mawson bei der Arbeit war, weniger als tausendfünfhundert Kilometer entfernt. Ich hoffte, dass keine böse Fügung des Schicksals Sir Douglas und seinen Männern einen Blick auf das eröffnete, was womöglich jenseits des schützenden Küstengebirgszuges liegt. Derartige Gedanken zeigen das Ausmaß meiner damaligen nervösen Verfassung – und Danforth schien noch übler dran zu sein.
    Doch lange bevor wir die Ruinen hinter uns ließen und das Flugzeug erreicht hatten, richteten sich unsere Ängste auf die niedrigere, aber immer noch erschreckend große Gebirgskette, deren neuerliche Überquerung uns bevorstand. Aus diesen Vorbergen wuchsen im Osten die schwarzen, von Ruinen überzogenen Abhänge schroff und diabolisch empor, und wieder erinnerten sie uns an die seltsamen asiatischen Gemälde von Nicholas Roerich. Als wir an die schauderhaften Höhlen dachten und an

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