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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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herausgeschrien wird: »Tekeli-li! Tekeli-li!« Genau das, muss ich gestehen, glaubten wir, aus dem plötzlichen Laut hinter dem heranwallenden weißen Nebel herauszuhören – aus jenem hinterhältigen wohlklingenden Pfeifen mit dem einzigartig großem Tonumfang.
    Wir rannten um unser Leben, bevor auch nur drei Töne oder Silben erklungen waren, obwohl wir wussten, dass uns das, was Danforths Schrei uns auf den Hals gehetzt hatte, augenblicklich einholen konnte, falls es das wirklich wollte. Doch wir hofften, dass wir für ein solches Wesen so interessant sein würden, dass es uns verschonte, und sei es nur aus wissenschaftlicher Neugier – da es uns nicht fürchten musste, besaß es ja auch keinen Grund, uns etwas zuleide zu tun. Ein Versteck zu suchen, war jetzt völlig sinnlos, deshalb leuchteten wir im Laufen mit unserer Taschenlampe hinter uns und sahen, dass der Nebel abnahm. Sollten wir zu guter Letzt einen lebenden Vertreter der Großen Alten zu Gesicht bekommen? Und wieder erklang jenes heimtückische melodische Pfeifen – »Tekeli-li Tekeli-li!«
    Dann, als wir bemerkten, dass unser Verfolger immer weiter zurückblieb, kam uns der Gedanke, das Wesen sei vielleicht verletzt. Doch wir durften nichts riskieren, da es uns ganz klar verfolgte, weil es Danforths Schrei angelockt hatte, und nicht, weil es auf der Flucht vor irgendeinem anderen Geschöpf war – daran gab es keinen Zweifel.
    Aber wo steckte dieser unvorstellbare Albtraum, dieser stinkende, nie erblickte Berg schleimverspritzenden Protoplasmas, dessen Rasse den Abgrund eroberte und Abordnungen heraufgeschickt hatte, die durch die Berghöhlen gekrochen waren, um neue Reliefs zu meißeln? Es tat uns wirklich sehr leid, den vermutlich entkräfteten Großen Alten – wahrscheinlich der einzige Überlebende – einem namenlosen Schicksal zu überlassen.
    Dem Himmel sei Dank, dass wir unsere Flucht nicht verlangsamten, denn die wogende Nebelwand hatte sich wieder verdichtet. Sie wälzte jetzt schnell heran, während die umherirrenden Pinguine hinter uns in panischer Furcht kreischten und schrien. Da sie die Begegnungen mit uns kaum beunruhigt hatten, war das wirklich erstaunlich. Abermals erklang jenes unheilvolle, mehrere Tonlagen umfassende Pfeifen – »Tekeli-li Tekeli-li!«
    Wir hatten uns geirrt. Der Große Alte war nicht verwundet, er hatte nur innegehalten, wahrscheinlich als er auf die Leichen seiner getöteten Artgenossen mit der höllischen Schleiminschrift an der Wand über ihnen gestoßen war. Wir werden niemals erfahren, was die dämonische Botschaft besagte – doch die Bestattungen in Lakes Lager hatten gezeigt, wie wichtig diesen Wesen ihre Toten waren. Wir nahmen jetzt keine Rücksicht mehr auf die Batterien und erleuchteten mit den Taschenlampen die große, offene Höhle vor uns, wo mehrere Gänge zusammenliefen. Erleichtert hetzten wir an den bedrückenden, morbiden Relief-Palimpsesten vorbei.
    Als wir die Höhle erreichten, erwachte eine neue Hoffnung: die Möglichkeit, unseren Verfolger in diesem verwirrenden Knotenpunkt der großen Tunnelgänge abzuschütteln. In der Weite der Höhle hielten sich mehrere Pinguine auf, die aus lauter Furcht vor dem herannahenden Wesen außer sich gerieten. Wenn wir jetzt das Licht unserer Lampe abdunkelten, bis es gerade noch zum Vorwärtskommen reichte, und es rigoros nach vorn richteten, und die panischen, schallenden Bewegungen der großen Vögel im Nebeldampf vielleicht unsere Schritte übertönten, könnte das unseren wahren Fluchtweg verschleiern und so irgendwie eine falsche Fährte legen. Der brodelnde, wallende Nebel konnte den Unterschied zwischen dem verdreckten Boden des Haupttunnels und der morbiden Glattgeschliffenheit der restlichen Gänge verhüllen; auch, soweit für uns abschätzbar, für die Großen Alten, trotz ihrer besonderen Sinne, die sie in Notfällen teilweise vom Licht unabhängig machten. Wir befürchteten sogar selbst, in unserer Eile vom Weg abzukommen. Natürlich hatten wir entschieden, direkt zur toten Stadt hinaufzulaufen – denn hätten wir uns in jenen unbekannten Tunnelwaben der Vorberge verirrt, wären die Folgen kaum vorstellbar gewesen.
    Die Tatsache, dass wir überlebt haben, ist sicher Beweis genug dafür, dass das Wesen in einen falschen Tunnelgang lief, während wir durch die Gnade des Schicksals den richtigen erwischten. Die Pinguine allein können uns nicht gerettet haben, doch mithilfe des Nebels ist es wohl gelungen. Nur dank einer gütigen Fügung

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