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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Geweben herauf, vererbt von fernsten Ahnen aus Urzeiten. Zuweilen bildete ich mir sogar ein, jeder Umriss dieser gotteslästerlichen Fischfrösche strotzte vor dem Inbegriff des unbekannten und unmenschlichen Bösen.
    In sonderbarem Gegensatz zu dem Aussehen der Tiara stand ihre kurze und prosaische Geschichte, die Miss Tilton mir erzählte. Sie war im Jahre 1873 in einem Laden in der State Street zu einem lächerlichen Preis von einem Betrunkenen aus Innsmouth versetzt worden, der bald darauf in einer Rauferei starb. Die Historische Gesellschaft hatte sie unverzüglich beim Pfandleiher erstanden und ihr sogleich einen Ausstellungsplatz zugeteilt, der ihrer Qualität würdig war. Den Herkunftsort vermutete man in Ostindien oder Indochina, doch war diese Einordnung eingestandenermaßen nicht mehr als ein Behelf.
    Miss Tilton neigte nach dem Vergleich aller möglichen Hypothesen über den Ursprung der Tiara und ihr Erscheinen in Neuengland zu der Ansicht, sie sei Teil eines exotischen Piratenschatzes, den der alte Kapitän Obed Marsh entdeckt habe. Diese Ansicht wurde nicht gerade entkräftet durch die beharrlichen Angebote der Marshes, die Tiara für eine hohe Summe zu erwerben, mit deren Unterbreitung sie sofort begannen, als sie von ihrem Standort erfuhren, und die sie ungeachtet der unnachgiebigen Weigerung der Gesellschaft bis zum heutigen Tage fortsetzten.
    Als die gute Dame mich zur Tür geleitete, machte sie deutlich, dass die Piratentheorie über das Vermögen der Marshes unter den intelligenten Menschen dieser Gegend weitverbreitet war. Ihre eigene Einstellung zum schattenhaften Innsmouth – das sie nie besucht hatte – war geprägt von Abscheu vor einer Gemeinde, die auf der kulturellen Leiter tief herabgestiegen war, und sie versicherte mir, dass die Gerüchte über Teufelsanbetung seitens eines eigenartigen Geheimkultes, der dort die Macht ergriffen und alle rechtgläubigen Kirchen verbannt habe, berechtigt seien.
    Dieser heiße, so sagte sie, ›Der esoterische Orden des Dagon‹ und sei zweifellos eine verkommene, fast heidnische Lehre, die vor einem Jahrhundert aus dem Orient importiert worden war, zu einer Zeit, da die Fischbestände von Innsmouth zur Neige zu gehen schienen. Seine Beliebtheit beim einfachen Volk sei ganz natürlich angesichts der plötzlichen und dauerhaften Rückkehr reichlicher, guter Fischbestände, und er wurde bald zum größten Einfluss in der Stadt, verdrängte die Freimaurerei völlig und übernahm die alte Freimaurerhalle in New Church Green als Versammlungsort.
    All dies bot der frommen Miss Tilton ausreichenden Grund, die uralte Stadt des Verfalls und Elends zu meiden; doch für mich war es bloß ein neuerlicher Anreiz. Zu meinen architektonischen und historischen Erwartungen trat nun noch ein brennender anthropologischer Eifer, und während sich die Nacht in meinem kleinen CVJM-Zimmer hinzog, konnte ich kaum schlafen.
    II
    Kurz vor zehn Uhr am nächsten Morgen stand ich mit meinem kleinen Koffer in der Hand vor Hammonds Drogerie am alten Marktplatz und wartete auf den Bus nach Innsmouth. Als der Augenblick seiner Ankunft näher rückte, bemerkte ich, dass die Müßiggänger sich langsam die Straße hinauf zu anderen Plätzen oder in das Ideal-Lunch-Restaurant auf der anderen Seite des Platzes verzogen. Offensichtlich hatte der Fahrkartenverkäufer die Abneigung der Einheimischen gegenüber Innsmouth und seinen Bewohnern nicht übertrieben. Einen Moment später klapperte ein kleiner, überaus altersschwacher Omnibus von schmutzig grauer Farbe die State Street entlang, machte eine Wendung und hielt an der Bordsteinkante neben mir. Ich spürte sogleich, dass dies der richtige war; eine Vermutung, die das nur halb leserliche Schild auf der Windschutzscheibe – »Arkham – Innsmouth – Newb’port« – kurz darauf bestätigte.
    Es saßen nur drei Fahrgäste im Bus – dunkle, ungepflegte Männer mit verdrießlichem Gesicht und irgendwie jugendlichem Aussehen –, und als das Gefährt anhielt, watschelten sie unbeholfen heraus und gingen stumm und fast verstohlen die State Street entlang. Auch der Fahrer stieg aus, und ich sah zu, wie er in die Drogerie ging, um einige Einkäufe zu erledigen. Das, überlegte ich, musste der Joe Sargent sein, den der Fahrkartenverkäufer erwähnt hatte; und noch ehe mir irgendwelche Einzelheiten aufgefallen waren, überkam mich eine Welle unwillkürlicher Abneigung, die ich weder unterdrücken noch erklären konnte. Es schien mir mit einem

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