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Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos II (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Male sehr natürlich, dass die Einheimischen nicht mit einem Bus fahren wollten, der von diesem Mann gesteuert wurde, und nur widerwillig den Wohnort eines solchen Mannes und seinesgleichen aufsuchten.
    Als der Fahrer wieder aus dem Laden kam, betrachtete ich ihn sorgfältiger und versuchte, die Ursache meines unheilvollen Eindruckes zu bestimmen. Er war ein dünner Mann mit hängenden Schultern, ungefähr eins achtzig groß, gekleidet in schäbige, blaue Zivilkleidung, auf dem Kopf trug er eine abgenutzte graue Golfmütze. Sein Alter betrug vielleicht 35 Jahre, doch die sonderbaren tiefen Furchen an den Seiten seines Halses ließen ihn viel älter erscheinen, wenn man nicht sein dumpfes, ausdrucksloses Gesicht betrachtete. Er hatte einen schmalen Kopf, hervorstehende wasserblaue Augen, die nie zu blinzeln schienen, eine flache Nase, eine fliehende Stirn sowie ein ebensolches Kinn und eigenartig unterentwickelte Ohren. Seine langen, dicken Lippen und die grobporigen gräulichen Wangen schienen fast bartlos, abgesehen von einigen wenigen, gelben krausen Haaren, die unregelmäßig wucherten; und stellenweise schien die Haut merkwürdig unregelmäßig, als schäle sie sich aufgrund einer Hautkrankheit ab. Seine großen Hände waren mit dicken Adern überzogen und von sehr ungewöhnlicher blaugrauer Färbung. Die Finger waren im Vergleich zum restlichen Bau der Hand erstaunlich kurz und schienen die Neigung zu besitzen, sich eng in die riesige Handfläche zu schmiegen. Als er auf den Bus zuging, bemerkte ich seinen eigenartig watschelnden Gang und sah, dass seine Füße übermäßig groß waren. Je länger ich sie betrachtete, desto mehr drängte sich mir die Frage auf, wie er an passende Schuhe herankam.
    Eine gewisse Schmierigkeit an dem Burschen steigerte meine Abneigung noch. Er hatte offensichtlich die Gepflogenheit, im Fischerhafen zu arbeiten oder dort herumzulungern, und trug den für diesen Ort charakteristischen Geruch mit sich. Welches fremdländische Blut genau in seinen Adern floss, konnte ich nicht einmal vermuten. Seine Eigenheiten wirkten weder asiatisch noch polynesisch, levantinisch oder negroid, doch konnte ich erkennen, weshalb die Menschen ihn als fremdartig empfanden. Ich selbst hätte eher an biologische Degenerierung als an ausländische Abstammung gedacht.
    Ich war enttäuscht, als ich bemerkte, dass es außer mir keine anderen Passagiere im Bus gab. Irgendwie behagte mir die Vorstellung nicht, allein mit diesem Chauffeur zu sein. Doch als die Abfahrtszeit offensichtlich kurz bevorstand, überwand ich meine Bedenken und folgte dem Mann in den Bus, streckte ihm einen Dollarschein entgegen und murmelte das einzige Wort »Innsmouth«.
    Er sah mich einen Augenblick lang sonderbar an, als er mir wortlos 40 Cent Wechselgeld zurückgab.
    Ich wählte einen Sitz weit hinter ihm, doch auf der Fahrerseite des Busses, da ich während der Reise die Küste betrachten wollte.
    Schließlich startete das klapprige Gefährt mit einem Ruck und rasselte lärmend in einer Abgaswolke an den alten Ziegelbauten der State Street vorüber. Als ich einen Blick auf die Menschen auf den Bürgersteigen warf, glaubte ich zu bemerken, dass sie so taten, als sähen sie den Bus gar nicht. Dann bogen wir nach links in die High Street ab, wo die Fahrt schneller wurde; wir brausten an stattlichen alten Herrenhäusern der frühen Republik und noch älteren Bauernhäusern der Kolonialzeit vorbei, passierten Lower Green und den Parker River und erreichten schließlich einen langen eintönigen Streifen offenen Küstenlandes.
    Der Tag war warm und sonnig, doch die Landschaft aus Sand, Riedgras und verkümmertem Strauchwerk wurde immer jämmerlicher, je weiter wir vorankamen. Aus dem Fenster hinaus sah ich das blaue Wasser und den sandigen Umriss von Plum Island, und bald darauf kamen wir dem Strand sehr nahe, als die enge Straße von der Hauptstraße nach Rowley und Ipswich abzweigte. Häuser waren keine zu sehen, und am Zustand der Straße vermochte ich abzulesen, dass es in dieser Gegend nur sehr wenig Verkehr gab. Die kleinen verwitterten Telefonmasten trugen nur zwei Kabel. Dann und wann überquerten wir grob gezimmerte Holzbrücken über Tidebäche, die sich weit ins Inland schlängelten und die Einsamkeit der Gegend noch unterstützten.
    Ab und an erspähte ich abgestorbene Baumstümpfe und zerfallende Grundmauern über dem Treibsand und erinnerte mich der alten Überlieferung, die ich in einem der Geschichtsbücher gelesen hatte,

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