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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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sollten aus ihrem Versteck klettern. Also blieb sie in der nach Heu duftenden Dunkelheit sitzen und hielt Adrians Hand ganz fest.

10. KAPITEL
    Adrian träumte, er sei in Gallien.
    Die Spearwa hatte soeben angelegt und am Kai hatte sich zu ihrer Begrüßung eine Menschenmenge versammelt. Sehnsüchtig suchte Adrian die Reihen der Gesichter ab, und tatsächlich, da stand groß wie ein Baum sein Onkel Aelfred. Fünf Jahre hatte Adrian ihn nicht mehr gesehen, doch jetzt stand er da und winkte ihm zu. Auf seinem Gesicht lag das spitzbübische Lächeln, an das Adrian sich so gut erinnerte. Aelfred hatte in Gallien sein Glück gemacht, wie er es sich vorgenommen hatte. Hinter ihm standen die sechs Rappen, die er sich hatte kaufen wollen, und sein samtener Umhang wurde von einem silbernen Vogel ähnlich dem Adrians gehalten, einem Geschenk Heoreds dafür, dass Aelfred sich während der vielen Feldzüge des Königs so gut um Adrian und dessen Mutter gekümmert hatte.
    Doch etwas stimmte nicht. Aelfreds lächelndes Gesicht ging in der Menschenmenge unter, die nach vorn drängte. Der Himmel wurde schwarz, die Hafenmauer verschwand hinter turmhohen Wellen. Um Adrian tobte wieder der Sturm. Seine Ohren füllten sich mit dem Ächzen der geschundenen Planken und dem Angstgeschrei der Matrosen, und über seinem Kopf wartete ein riesiger dunkler Schatten auf ihn.
    Er erwachte. Um ihn war alles dunkel, über sich hörte er Stimmen streiten. Einen Augenblick lang wusste er nicht, wo er sich befand – dann fiel ihm der vergangene Abend ein: die strohgedeckten Hütten des Dorfes, die Vorratsgrube und die Männer, die über ihm gesessen und über ihre Morde gelacht hatten. Sein Herz hämmerte wie wild. Angestrengt versuchte er zu hören, was die Stimmen droben sagten.
    »Ich sagte dir doch, wir dürfen diesen dahergelaufenen Kindern nicht trauen!«, sagte eine Stimme. Sie gehörte der Frau des Häuptlings.
    Was meinte sie? Adrian zögerte einen Herzschlag lang, dann ließ er sein Bewusstsein nach droben wandern und blickte durch ihre Augen. Durch die offene Tür drang Tageslicht, und der Häuptling verteidigte sich mit gerötetem Gesicht gegen die Vorhaltungen seiner Frau. Sonst befand sich niemand im Zimmer.
    Adrian schloss die Augen und kehrte wieder in den Keller zurück. Er fasste Elsa an der Schulter. »Die Reiter sind weg«, sagte er. »Wir können raus, komm!«
    Steifbeinig standen sie auf, kamen mit den Händen aber nicht an die Bretter über ihnen heran. Sie begannen zu rufen. »Hallo! Lasst uns hier raus!«
    Die Bretter wurden abrupt zur Seite gezogen und Licht strömte in das Loch. Cluaran sah wütend auf sie herunter.
    »Cluaran!«, rief Adrian erstaunt. »Ihr wart doch gar nicht …« Er verstummte. Fast hätte er sich verraten. »Ich habe Euch nicht kommen hören«, verbesserte er sich.
    »Und wenn einer der Männer hier geblieben wäre, lägest du jetzt in Ketten«, sagte der Sänger eisig. »Du krähst lauter als der Dorfhahn. Ich kann dich vor den Augen deiner Feinde beschützen, aber nicht vor deiner eigenen Dummheit.«
    Er beugte sich über den Rand des Lochs und streckte die Hand aus. Knallrot im Gesicht ergriff Adrian sie und ließ sich in das Zimmer hinaufziehen. Elsa folgte ihm. Ihre Gastgeber beobachteten sie nervös. Sie standen nebeneinander, als hätten sie vor dem Sänger und seinen Reisegefährten genauso viel Angst wie vor den Reitern des Vorabends.
    »Wir brechen auf«, sagte Cluaran.
    Der Häuptling konnte seine Erleichterung nicht verbergen. »Die Götter seien mit euch«, murmelte er, ohne Cluaran anzusehen. Seine Frau schwieg verdrossen.
     
    Cluaran marschierte den ganzen Vormittag ohne eine Pause zu machen – er hatte sich nach Norden gewandt, wie Adrian feststellte, und sprach nur, wenn er sie auf eine gefährliche Stelle des Weges aufmerksam machen wollte. Er hielt nicht einmal mittags zum Essen an, sondern zog einen Brotlaib aus seinem Ranzen und brach ihnen davon im Gehen etwas ab.
    Adrian blieb absichtlich ein Stück zurück, um mit Elsa zu sprechen. »Hast du gehört, was die Männer gestern Abend sagten?«, murmelte er. »Das mit der Kiste?«
    Elsa nickte. »Und alles nur wegen des verfluchten Schwertes«, sagte sie bitter. »Deshalb verfolgen sie Aagard. Die armen Menschen von Medwel!«
    Adrian wollte nicht an das brennende Dorf denken. Er konnte für seine Bewohner nichts tun. Nicht jetzt jedenfalls.
    »Elsa, wenn sie immer noch nach dem Schwert suchen, heißt das, dass sie auch uns

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