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Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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auch, obwohl sie es bezweifelte. Wie sollte ein auf einem Schiff aufgewachsenes Mädchen sich gegen die Macht eines Dunkelauges zur Wehr setzen können? Es musste an Adrians Unerfahrenheit liegen. Orgrim dagegen hatte seine Fähigkeiten in vielen Jahren vervollkommnet. Wenn er versuchte, mit ihren Augen zu sehen, verriet sie ihm womöglich ihre und Adrians sämtliche Geheimnisse, ohne seine Anwesenheit in ihrem Bewusstsein überhaupt zu bemerken.
     
    Als sie aufwachten, war Cluaran zurückgekehrt. Wo immer er gewesen war, er machte einen munteren, unternehmungslustigen Eindruck.
    »Wir haben einen langen Marsch vor uns, wenn wir bis zum Abend in Akeham sein wollen«, sagte er. Sie rollten ihre Decken zusammen.
    Der Tag verlief nicht anders als die vorherigen. Sie folgten einem kurvenreichen Weg durch eine weite, mit Heidekraut und Farngestrüpp bewachsene Ebene, aus der immer wieder Felsen ragten. Der Sänger ging voraus. Gelegentlich summte oder sang er leise vor sich hin, doch er gab sich keine Mühe, ein Gespräch zu eröffnen. Er vergewisserte sich nur gelegentlich, dass die Kinder noch hinter ihm waren. Am späten Vormittag brauchte Elsa sowieso ihre ganze Kraft dafür, mit ihm mithalten zu können. Wenigstens waren sie und Adrian sich nach dem Gespräch der vergangenen Nacht nähergekommen. Kameradschaftlich gingen sie nebeneinanderher.
    Im weiteren Verlauf des Tages führte der Weg bergab und sie sahen in einiger Entfernung vor sich Felder und Wald. Die Sonne stand tief am Himmel, als sie zu einem kleinen Fluss gelangten. Sie folgten ihm bis zu einigen Häusern, die sich unter einer gewaltigen Eiche winzig ausnahmen. Das Dorf war kleiner als Medwel, die Häuser waren kaum mehr als strohgedeckte Hütten. Die Frau des Dorfhäuptlings, eine magere, kummervoll dreinblickende Gestalt, molk bei ihrer Ankunft gerade eine Kuh. Sie kannte Cluaran und schien nicht erfreut, ihn zu sehen, doch besserte sich ihre Laune beim Anblick der beiden Hasen, wie der Sänger es vorausgesagt hatte, und sie willigte ein, die Besucher zu beherbergen. Sie sperrte die Kuh in den Stall hinter dem Haus und ging ihnen voraus nach drinnen. Auf ihr Geheiß hin musste Cluaran einige Bretter von einer Vorratsgrube in der Mitte des Zimmers abdecken.
    »Fasst hinein und zieht den Sack heraus, der Euch am nächsten ist«, wies sie ihn an. Der Sänger musste sich auf den Boden legen und den Arm in das dunkle Loch strecken. Wahrscheinlich wurden die dort aufbewahrten Vorräte knapp, dachte Elsa. Cluaran zog einen halb vollen Sack aus dem Loch und die Frau nahm sorgfältig zwei Handvoll getrocknete Bohnen heraus und gab sie in einen Kochtopf.
    Elsa und Adrian halfen Cluaran, die Bretter wieder über das Vorratsloch zu schieben. Im selben Augenblick kehrte der Dorfhäuptling zurück. Er war mager wie seine Frau und hatte strohgelbe Haare und hellblaue Augen von der Farbe des Morgenhimmels. Cluaran in seinen geflickten, schmutzigen Kleidern wirkte neben dem Mann mit seinem dicken, wollenen Kittel klein und schäbig. Doch schien der Häuptling in seiner Gesellschaft unruhig und machte viel Aufhebens darum, ihm den besten Platz am Feuer anzubieten. Für Elsa und Adrian gab es keine Sitzgelegenheit, sie mussten es sich auf den Brettern über der Vorratsgrube bequem machen. Elsa war nicht traurig darüber, aus dem Gespräch der anderen ausgeschlossen zu sein. Sie war zu müde zum Reden und die Hütte kam ihr nach den vergangenen Nächten im Freien stickig vor. Außerdem fühlten sich die groben Bretter seltsam tröstlich an. Sie erinnerten sie an ihr früheres Leben auf der Spearwa.
    Sie teilte sich einen Haferkuchen mit Adrian und ließ die Gespräche am Feuer teilnahmslos an sich vorbeirauschen. Da hob Cluaran plötzlich die Hand. Es war fast dunkel, und sein hageres Gesicht, das nur auf einer Seite vom Feuer beleuchtet wurde, hatte plötzlich etwas Unheil verkündendes.
    »Hört!«, zischte er.
    Von draußen drang schnelles, regelmäßiges Klopfen herein, das näher kam. Adrian erbleichte.
    »Pferde«, flüsterte er.
    Cluaran sprang auf. Er wechselte einige kurze Worte mit ihren Gastgebern, dann kam er herüber und zog Adrian hoch. Auch Elsa sprang erschrocken auf.
    »Stellt euch an die Wand!« Er zerrte an den Planken, auf denen sie gesessen hatten. Der Häuptling eilte ihm zu Hilfe und gemeinsam hoben sie drei der schweren Bretter hoch. Darunter kam wieder das schwarze Loch zum Vorschein.
    »Rein mit euch!«, befahl Cluaran. Adrian wollte

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