Chroniken der Dunkelheit - 01 - Eisdrache
Kammer. Sein Gesicht zeigte keine Regung, doch Adrian war überzeugt, dass der Sänger wie vor ihm schon Aagard genau wusste, was es mit dem Schwert auf sich hatte.
»Folgt dicht hinter mir«, sagte Cluaran. »Elsa reitet zwischen uns. Ihre Stute ist langsamer. Ihr dürft mich auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Ihr beide habt hier eigentlich nichts verloren, und die unterirdischen Bewohner des Hügels können sehr nachtragend sein.« Er ritt in den Tunnel und Elsa folgte ihm. Dunkelheit senkte sich wie ein Sack über Adrians Kopf.
Die Hufschläge waren auf der weichen Erde kaum zu hören. Adrian lauschte angespannt auf das kleinste Geräusch. Manchmal glaubte er leises Singen zu hören und einmal das Klirren von Eisen auf Stein, doch immer so schwach und fern, dass er nicht wusste, ob ihm nicht die Einbildung einen Streich spielte. Er stellte fest, dass der Weg leicht abwärts führte, ansonsten hatte er jede Orientierung und auch jedes Zeitgefühl verloren. Immer wenn ein plötzlicher Luftzug eine Abzweigung anzeigte, ritt Cluaran schneller und flüsterte ihnen über die Schulter zu, sie sollten dicht hinter ihm reiten. Adrian fragte sich, wohin die Nebengänge führten. Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich es nicht weiß, dachte er beklommen.
Er hätte nicht sagen können, wie lange sie ritten, doch auf einmal schien die Luft weniger stickig und es roch nach frischer Erde. Auch das Dunkel hatte sich ein wenig gelichtet. Er sah vor sich die Umrisse von Elsas Pferd.
»Wir warten hier«, sagte Cluaran und hielt an. »Seid ganz leise.«
Bewegungslos warteten sie. Eine Ewigkeit, wie ihnen schien. Adrian lauschte angestrengt, doch hörte er nur das Atmen der Pferde. Graues Licht breitete sich aus und er sah glatte Steinwände neben sich. Sie waren mit weiteren Zeichen bedeckt, einer Art Symbole, die Menschen, Vögel oder Insekten darstellen mochten. Adrian wollte sie gerade näher betrachten, da drehte sich der Sänger zu ihnen um.
»Die Wächter befinden sich jetzt auf der untersten Ebene des Labyrinths«, sagte er leise. »Gleich sind sie wieder am Eingang angelangt und warten dort darauf, dass wir herauskommen. Wir müssen leise reiten.«
Sie setzten sich in Bewegung. Adrian spürte einen Luftzug auf dem Gesicht und kurz darauf blickte er geblendet in das milchige Licht des frühen Morgens. Sie befanden sich auf der anderen Seite des Hügels, einige Meilen vom Eingang des Labyrinths entfernt. Trotzdem mussten sie immer noch leise sein. Cluaran sagte, auf dem weiteren Weg hätten sie kaum Deckung und sie müssten langsam reiten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
Um sie erstreckte sich mit Grasbüscheln bewachsenes offenes Land. Adrian kribbelte es in den Fingern. Er wäre am liebsten losgaloppiert. Ihre Verfolger konnten es jeden Moment leid sein, am Eingang zu warten. Dann würden sie auf der Suche nach ihnen um den Fuß des Hügels herum reiten, und auf der Ebene konnte man sich nirgends verstecken.
Doch tauchten nirgendwo Reiter auf. Sie trabten dahin und gelangten endlich zu einer schattenhaften Reihe von Bäumen. Dankbar tauchten sie zwischen die dunklen Stämme ein.
»Jetzt reitet, so schnell ihr könnt!«, rief Cluaran. Elsas Stute brach in Galopp aus und Elsa klammerte sich an der struppigen Mähne fest.
Mit einem Seufzer der Erleichterung trieb auch Adrian sein Pferd an und ritt neben Elsa. Er behielt Elsa unauffällig im Auge, um ihr helfen zu können, wenn sie das Gleichgewicht verlor.
Cluaran folgte Pfaden durch den Wald, die Adrian nicht sehen konnte. Sie ritten ohne Pause, und nur selten stolperte ein Pferd, auch wenn Adrian spürte, wie das seine allmählich müde wurde. Ihm selbst war ganz schwindlig vor Erschöpfung. Auch Arm und Kinn taten ihm noch weh, doch spürte er die Schmerzen kaum, so froh war er darüber, noch einmal mit dem Leben davongekommen zu sein.
Endlich führte Cluaran sie aus dem Wald hinaus. Ein leichter Nieselregen fiel, doch der Himmel hellte sich auf. Cluaran bedeutete ihnen abzusteigen, und sie führten die dampfenden Pferde eine steile, mit Büschen bewachsene Böschung zu einem Felsüberhang hinauf. Darunter befand sich eine kleine, vor dem Regen geschützte Höhle.
Elsa konnte vor Müdigkeit kaum noch gehen und ihr Gesicht unter den kurz geschorenen Haaren war angespannt und blass. Sie banden die Pferde an, taumelten in die Höhle und setzten sich, mit dem Rücken an den rauen Felsen gelehnt, nebeneinander.
»Du bist gut geritten«, sagte Adrian
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