Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
nirgendwo sonst in der Stadt hätte absteigen können. »Vielleicht sind sie ins Inland weitergefahren, um bei einem Bauern zu arbeiten«, meinte sie zweifelnd. »Obwohl es um diese Jahreszeit nicht viel zu tun gibt.«
Elsa hatte die Stimme der Frau auf einmal immer schwächer gehört, als habe sich die Sprecherin von ihr entfernt. Der Kopf wurde ihr schwer und ihre Knie begannen zu zittern. Sie streckte die Hand nach Adrian aus.
»Das Mädchen sieht krank aus!«, rief die Wirtin. »Sie sollte sich hinlegen – eure Freunde könnt ihr später suchen.«
Im kleineren der beiden Räume fanden sie ein Strohlager für Elsa. Sie schlief fast augenblicklich ein. Vor dem folgenden Morgen wachte sie nur einmal auf. Es war dunkel, der Raum wurde nur durch die glühende Asche des Feuers erhellt und die anderen Gäste schliefen. Auf dem Lager neben ihr lag Eolande. Doch die Fay-Frau schlief nicht. Sie hatte sich auf den Ellbogen aufgestützt, und Elsa sah ihre dunklen Augen glänzen, als beobachte die Frau sie. Im nächsten Moment wandte Eolande sich ruckartig ab. Offenbar hatte Elsa sich bewegt. Sie schlief sofort wieder ein.
Am nächsten Morgen hatte sie immer noch einen schweren Kopf. Adrian musterte sie besorgt, als sie am Tisch der Wirtin saßen und Gerstenfladen aßen.
»Du hast dich noch nicht erholt«, sagte er. »Wir könnten hier einen Ruhetag einlegen und die Reise morgen fortsetzen.«
»Mir fehlt nichts«, beharrte Elsa. Jeder Gedanke an eine Verzögerung alarmierte sie.
»Bringt sie doch zum grethari« ,sagte die Wirtin und schöpfte Wasser in ihre Becher. »Zum Heiler. Man schreibt ihm außerordentliche Fähigkeiten zu. Er zieht von Ort zu Ort und heilt alles, was er berührt.«
»Lass uns zu ihm gehen!«, rief Adrian sofort.
Cathbar sah Elsa an. »Vielleicht sollten wir das wirklich«, meinte er.
»Aber mir geht es gut!«, erwiderte Elsa mühsam beherrscht. Sie durfte nicht krank sein, begriffen die anderen das nicht? »Wir müssen weiter!«
Doch hatten sie keine Spur, der sie hätten folgen können. Von anderen Gästen der Herberge erfuhren sie, dass Markttag war und dass außer den Händlern weitere Besucher in der Stadt eingetroffen waren, die den grethari sehen wollten. Von einer Gruppe von Fremden wusste dagegen niemand etwas, auch nicht von einem schönen, gebieterischen Mann, der wie ein Held auftrat. Sowohl Loki als auch seine Gefährten schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.
»Wir müssen Proviant einkaufen«, sagte Cathbar. »Vielleicht erfahren wir auf dem Markt mehr.«
Der Markt war sogar im Vergleich zu Elsas Heimatstadt Dubris klein. Sie kauften Brot, Dörrfisch und Decken für die Reise. Cathbar sprach mit einem Schmied und verließ ihn schließlich mit einem länglichen Paket. An der Bude eines fränkischen Händlers erfuhren Adrian und Elsa endlich, was sie so dringend wissen wollten.
»Ich lüge nicht«, sagte der Mann zu einer Kundin, während er vorsichtig eine Spange aus Blech und zwei Nadeln aus einer Dose fischte. »Ein Waldbrand, keine dreißig Meilen von hier, trotz der Kälte! Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«
Die Kundin ging und der Mann wiederholte die Geschichte für Adrian und Elsa. Nachfragen bei anderen Händlern bestätigten sie. Der Brand sei erst vorgestern in dem großen Wald im Süden ausgebrochen, hieß es. Ein Blitz musste in einen Baum eingeschlagen sein, wie es manchmal bei Wintergewittern passiert, nur dass es kein Gewitter gegeben hatte. Das Feuer hatte sich rasch ausgebreitet und man hatte den Rauch meilenweit gesehen. Einige Händler hatten es auf dem Weg zum Markt von Alebu beobachtet oder den Rauch gerochen, aber keiner wusste, warum es sich ausgerechnet im Winter so verheerend ausgebreitet hatte.
»Soviel ich weiß, brennt es immer noch«, sagte ein Bauer. »Ich habe gehört, dass es nicht durch einen Blitz verursacht wurde, sondern wahrscheinlich durch eine Bande von Straßenräubern.«
»Ich habe noch nie von Straßenräubern in dieser Gegend gehört.« Der fränkische Händler sah besorgt aus.
Der Bauer kam näher. »Das mag auch so gewesen sein, aber diese Woche habe ich viele seltsame Dinge gehört. Es ist etwas im Busch. Einige von uns fahren morgen nach Marktende in Richtung Süden – Bürger aus Eikstofn und den Bauernhöfen der Umgebung. Wenn Ihr wollt, kommt mit uns. Je mehr wir sind, desto besser, sage ich.«
»Abgemacht«, sagte der Händler. »Ich will nicht allein unterwegs sein, wenn dort wirklich Räuber ihr Unwesen
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