Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis
Reisende schlossen sich ihnen an: ein Händler und ein junger Mann, der den grethari gleichfalls erlebt hatte und ebenso begeistert von seiner Heilkraft sprach wie die beiden Schwestern.
Bei Sonnenuntergang machten sie halt und richteten sich auf einer Wiese, die offenbar regelmäßig von Reisenden genutzt wurde, für die Nacht ein. Ein kleines Eichengehölz bot Schutz vor dem schneidenden Wind, obwohl die Eichen keine Blätter mehr trugen, und hielt den leichten Schnee ab, der über Nacht fiel. Was den Schutz vor Überfällen betraf, so hielten Cathbar und Cluaran abwechselnd mit den anderen Männern Wache. So wenig es hier für Räuber zu holen gab, niemand wollte es darauf ankommen lassen.
Bei Anbruch der Dämmerung zogen sie rasch weiter. Einige Zeit später begegnete ihnen ein alter Mann, der drei Ziegen vor sich hertrieb. Er warnte die Reisenden eindringlich vor den Gefahren, die sie auf der Straße erwarteten.
»Ich bin in all den Jahren, die ich diese Straße benütze, noch nie so viel Gesindel begegnet«, klagte er, »mit Schwertern bewaffneten Räubern … Niemand weiß, woher sie kommen. Sogar von einer Bande von Heiden habe ich gehört, die einen Bildstock an der Straße umgestürzt haben soll.«
»Und deshalb ziehst du nach Norden, in die Sicherheit«, ergänzte Cluaran, der ihm zugehört hatte. Der Ziegenhirt nickte, verabschiedete sich und ging.
»Macht möglichst niemanden auf euch aufmerksam und versteckt eure Geldbörsen«, riet Menobert. »Nur dann bleibt man von dem Gesindel unbehelligt. Diesen Bränden allerdings … denen kann man nicht ausweichen. Erinnert ihr euch noch an das Feuer, von dem ich euch erzählt habe? Angeblich brennt es immer noch!« Er betrachtete die durch die Luft wirbelnden Schneeflocken und fügte trocken hinzu: »Vielleicht sollten wir es aufsuchen, dann hätten wir es wenigstens warm.«
»Ihr sprecht von einem Waldbrand?«, rief ein fahrender Händler, der Menobert gehört hatte. Bereitwillig wiederholte Menobert die Geschichte von dem Baum, der von einem Blitz getroffen worden sei, obwohl es gar kein Gewitter gegeben habe.
»Ach so, davon habe ich gehört«, sagte der Mann geringschätzig. »Das ist schon einige Tage her. Inzwischen gibt es neue Brände. Erst gestern brach weiter im Süden in der Nähe von Varde einer aus. Nun scheint festzustehen«, er senkte die Stimme verschwörerisch, »dass Straßenräuber sie legen.«
»Warum sollten sie das tun?«, fragte eine Bäuerin. »Und warum auf einmal jetzt?«
Hatten diese Banden im Süden vielleicht etwas mit Loki zu tun?, dachte Elsa plötzlich. Der Dämon war in diese Richtung verschwunden, und er verstand sich darauf, Menschen seinem Willen zu unterwerfen. Und Feuer war für ihn eine Sprache, die er fließend beherrschte.
»Ich habe gehört, dass sie am Rand des Feuers auf die fliehenden Menschen warten und sie dann einfach ausrauben«, sagte der Mann. »Manche Leute haben überhaupt kein Gewissen.«
Der Wind legte sich, doch die Wiesen auf beiden Seiten des Weges waren schneebedeckt, und nur einige vereinzelte Häuser zeigten an, dass die Gegend überhaupt bewohnt war. Im Lauf des Tages nahm die Zahl der Bäume auf den Wiesen immer mehr zu und nach einiger Zeit führte der Weg an einem Wald entlang. Ein frischer Wind kam auf und plötzlich roch es unverkennbar nach Rauch. Die Reisenden hielten an. Keiner sah dem andern in die Augen, keiner wollte zuerst etwas sagen.
Auf einmal lachte der Mann, der Banditen für die Feuer verantwortlich gemacht hatte, kurz auf. »Na also«, sagte er. »Ich wette, für die Köhler ist es heute Nacht zu heiß zum Arbeiten.«
Elsa und Adrian wechselten empörte Blicke. Sie dachten an ihren großzügigen Gastgeber, dessen Hütte zerstört worden war. Elsa wollte zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, doch Cluaran gab ihr einen leichten Stoß.
»Die Kinder sind müde«, sagte er an die anderen Reisenden gewandt. »Wir werden hier für die Nacht haltmachen. Ich danke euch für eure Gesellschaft.«
Ihre neuen Gefährten und vor allem Menobert waren von dieser Vorstellung entsetzt und baten ihn, sich die Sache doch noch einmal zu überlegen. Sie befänden sich am Rand eines Waldes, in dem womöglich Räuber ihr Unwesen trieben. Es seien nur noch drei Meilen bis zum nächsten Ort, Eikstofn, sagte eine Bäuerin, und wenn sie dort keine Unterkunft fänden, könnte sie den armen Kindern ein Bett in ihrem Hof anderthalb Meilen hinter Eikstofn anbieten. Doch Cluaran ließ sich nicht
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