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Chroniken der Jägerin 3

Chroniken der Jägerin 3

Titel: Chroniken der Jägerin 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Liu
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Wahl eures Menschenwirts.«
    Er erhob sich und baute sich vor mir auf. »Töte mich, wenn es dir beliebt, aber ich bin der Lord der Mahati, und wir sind die letzten Überlebenden. Ich werde unser Leben nicht opfern, dieses Leben, für das wir schon so viel Würde und Fleisch opfern mussten, nicht, wenn ich mir nicht sicher bin, dass ich dir immer noch vertrauen kann.«
    Ich erwartete, dass die Finsternis etwas erwidern würde, aber sie schwieg. Und auch ich sagte nichts. Alles, was ich tat, war, Ha’an in die Augen zu schauen … und zu lächeln.
    Der Dämonenlord tat nicht gerade einen Satz zurück, aber was auch immer er in meinen Augen las, reichte aus, um ihn wenigstens ein Stück zurückzudrängen.
    »Führe uns«, erwiderte er. Es klang fast flehend. »Bitte. Wenn du es nicht tust, wenn du uns aufgibst, werden die anderen Lords nicht ruhen, bis sie die Macht ergriffen haben. Und wir sind nicht so stark wie sie.«
    Ich sagte nichts. Ha’an zog sich zurück und schüttelte den Kopf. »Nur ihr könnt euch mit uns verbünden. Ihr, unsere Schlächterkönige.«
    Ich erstarrte beim Klang dieses Namens. Zee regte sich
auf meiner Haut. Es war ein Taumel, als würde er gleich aufschluchzen.
    Zum Glück hatte sich Ha’an schon abgewendet. Er schaute auf die Dämonen, die ihn umgaben, und auch die Finsternis betrachtete sie. In ihr brannte eine andere Art von Hunger, ein Gefühl wie in einem Achterbahnwagen, der auf den ersten Scheitelpunkt hinaufgezogen wird, nach dem man rasend hinunterfällt. Die Finsternis wollte hinabrasen. Sie wollte jagen.
    Ha’an sah sich über seine Schulter nach mir um. »Drei Tage sind alles, was ich euch geben kann, meine Könige. Drei Tage, oder wie auch immer ihr die Zeit in dieser Welt messen mögt. Danach müsst ihr uns töten oder ihr müsst uns anführen.«
    Ha’an schwang sich aufwärts, senkrecht hinauf in den Himmel, zu dem Riss im Schleier. Ich hätte nicht gedacht, dass er fliegen konnte, aber er tat es so selbstverständlich, als würde er gehen.
    Die anderen Dämonen folgten ihm. Sie nahmen die Toten mit. Keiner schaute sich um. Ich sah ihnen zu, war aber unfähig, mich zu bewegen oder zu atmen. Mir wurde immer leichter ums Herz, je mehr dieser silbernen Flugkörper in den roten Nebeln des offenen Gefängnisschleiers verschwanden.
    Dann berührten mich Hände. Ich fuhr zusammen.
    Grants Brust bewegte sich an meinem Rücken. Er atmete spürbar. Ich tat es ihm nach. Tiefes Luftholen. Ich hatte die ganze Zeit über den Atemimpuls unterdrückt und war, wie ich erst jetzt bemerkte, beinahe am Ersticken. In Gegenwart des Dämons hatte ich mir nicht anmerken lassen wollen, dass ich Luft brauchte.
    Ich hatte Angst vor mir selbst.
    »Maxine«, sagte Grant. Ich bemerkte, dass er zitterte, und erschauderte selbst.

    »Sag noch nichts«, hauchte ich und hob das Schwert an die Lippen. Ich küsste die Klinge, die wie ein Spiegel schimmerte und dann wieder in der Rüstung verschwand. Danach küsste ich auch noch die Rüstung.
    »Jack«, sagte ich.
    Und wir fielen.

12
    D ie Frauen in meiner Familie führten Tagebuch. Aber nicht aus Gründen der Selbstreflexion, sondern um ihr Wissen auch nach ihrem Tod weitergeben zu können.
    Meine Vorfahrin, eine Engländerin namens Rebecca – schrieb früher einmal etwas über die Schlächterkönige. Ohne ein genaues Datum, nur unter der Jahreszahl, 1857. Sie war in London gewesen und plante, nach Paris zu gehen, danach wollte sie nach Afrika. Sie hatte vor, entlegene Urwälder zu erkunden, die kein weißer Mann betreten konnte.
    Am Ende des Eintrags erwähnte sie die Schlächterkönige, wenn auch nur in einer einzigen Passage.
    Wir sind, unter den gegebenen Umständen, einsame Frauen und lassen uns gewissermaßen durch Gewalt und Schatten treiben. Deshalb ist es wohl keine Überraschung, möchte ich meinen, dass ich den Dunklen Kontinent erkunden möchte, von dem so viele überheblich und doch furchtsam sprechen. Ich habe keine Angst, denn ich bin geschützt, und ich fühle mich nicht überlegen, denn ich weiß schließlich, was es heißt, abgeurteilt zu werden. Wir alle sind Menschen, in allen Punkten, auf die es ankommt. Aber man sollte es nicht für möglich halten, wie sehr wir füreinander blind geworden sind, und zwar wegen irgendwelcher belangloser Kleinigkeiten.
    Mir kommen die Dämonen in den Sinn, wenn ich an die Menschen
denke. Im Schleier sind viele Dämonen, es geht die Kunde, ihr Heer sei riesig. Und nicht jeder Dämon ist wie sein

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