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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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eines, an das Will jetzt denken konnte: Tessa. Erfüllt von einer Mischung aus Furcht und Hoffnung lief er durch den Raum zum Brunnen. Das Quellwasser sprudelte mit einem widerlich beruhigenden Plätschern ins Becken, während Will sich niederkniete und Tessa in seine Arme hob.
    Er hielt sie, wie er sie nur ein einziges Mal gehalten hatte - auf dem Speicher, in jener Nacht, als sie de Quinceys Stadtvilla niedergebrannt hatten. Die Erinnerung an diesen Moment hatte sich oft genug in sein Gedächtnis gedrängt, doch nun stellte sie die reinste Qual dar. Tessas Kleid und Haare waren blutdurchtränkt und auch auf ihrem Gesicht klebte Blut. Will hatte genügend Verletzungen gesehen, um genau zu wissen, dass niemand einen derartigen Blutverlust überleben konnte.
    »Tessa«, wisperte er. Dann presste er sie fest an sich - seine Handlungen spielten jetzt keine Rolle mehr - und begrub sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, am Ansatz zwischen Kehle und Schulter. Ihre Haare, in denen das Blut bereits zu stocken begann, streiften seine Wange und er konnte das Schlagen ihres Pulses unter ihrer Haut spüren.
    Will erstarrte. Ihr Puls? Sein Herz machte einen Sprung. Vorsichtig hielt er sie ein wenig von sich weg, um sie auf den Boden zu legen, und entdeckte in dem Moment, dass sie ihn aus großen grauen Augen anschaute.
    »Will«, murmelte sie. »Bist du das wirklich?«
    Eine Woge der Erleichterung erfasste ihn, die jedoch sofort einem Gefühl heißen Entsetzens wich: Erst war Thomas vor seinen Augen gestorben und nun Tessa? Aber vielleicht konnte sie ja gerettet werden? Allerdings nicht mithilfe einer Iratze. Doch wie heilte man Schattenwesen? Dieses Wissen besaßen nur die Brüder der Stille. »Ein Verband«, stammelte Will, halb an sich selbst gerichtet. »Ich muss Verbandszeug holen.«
    Er wollte gerade seinen Griff ein wenig lockern, als Tessa ihn am Handgelenk packte. »Will, du musst vorsichtig sein. Mortmain ... er ist der Magister. Er war hier ...«
    Will spürte, wie sich ihm die Kehle zuschnürte. »Ganz ruhig ... schon deine Kräfte. Mortmain ist fort. Ich muss Hilfe holen ...«
    »Nein.« Tessa verstärkte den Griff um sein Gelenk. »Nein, das brauchst du nicht, Will. Es ist nicht mein Blut.«
    »Was?«, fragte er und starrte sie sprachlos an. Vielleicht fantasierte sie ja bereits, überlegte er, aber ihre Hand und ihre Stimme schienen überraschend stark für jemanden, der eigentlich längst hätte tot sein müssen. »Was Mortmain dir auch angetan haben mag, Tessa, ich ...«
    »Das war ich selbst«, erwiderte sie mit ihrer kleinen, festen Stimme. »Ich habe mir das selbst angetan, Will. Es war die einzige Möglichkeit, ihn zum Verlassen des Instituts zu bringen. Er hätte mich sonst niemals hier zurückgelassen. Nicht solange er davon überzeugt war, dass ich noch lebe.«
    »Aber ...«
    »Ich habe mich verwandelt. In dem Moment, in dem das Messer meine Haut durchbohrte, habe ich meine Gestalt gewandelt. Mortmain selbst hatte mich auf die Idee gebracht, als er mit seinen Künsten prahlte: Dass es nichts weiter als eine kleine List gewesen sei, ein simpler Taschenspielertrick. Und dass niemand damit rechnen würde.«
    »Ich verstehe es nicht. Meinst du das Blut?«
    Tessa nickte und auf ihrem Gesicht spiegelte sich eine Mischung aus Erleichterung und Freude darüber, dass sie Will von ihren Taten berichten konnte. »Die Dunklen Schwestern haben mich einmal gezwungen, die Gestalt einer Frau anzunehmen, die durch einen Pistolenschuss gestorben war. Und als ich mich in sie verwandelte, war ich plötzlich blutüberströmt ... von ihrem Blut überströmt. Hab ich dir das nie erzählt? Ich dachte, ich hätte ... aber das ist jetzt auch egal. Jedenfalls erinnerte ich mich an jene Frau und verwandelte mich in sie, nur einen winzigen Moment lang, und genau wie beim letzten Mal schoss mir das Blut aus allen Poren. Ich hatte mich von Mortmain abgewandt, damit er die Verwandlung nicht sehen konnte, und hab mich dann zusammengekrümmt, so als hätte ich mir das Messer wirklich in die Brust gerammt. Und tatsächlich sorgte die Wucht der Verwandlung ... der derartig schnell eingeleiteten Verwandlung dafür, dass ich in eine tiefe Ohnmacht fiel. Um mich herum wurde alles schwarz. Als Nächstes hörte ich, wie Mortmain meinen Namen rief. Da wusste ich, dass ich wieder aufgewacht sein und mich ganz still verhalten musste, um so zu tun, als sei ich tot. Wahrscheinlich wäre er mir im Nu auf die Schliche gekommen, wenn du nicht hereingeplatzt

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