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Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel

Titel: Chroniken der Schattenjäger 1 - Clockwork Angel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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wärst.« Tessa schaute an sich herab und Will hätte schwören können, dass eine gewisse Genugtuung aus ihrer Stimme sprach, als sie verkündete: »Ich habe den Magister hereingelegt, Will! Das hätte ich niemals für möglich gehalten - er war sich seiner Überlegenheit so sicher. Aber dann erinnerte ich mich daran, was du über Boadicea gesagt hattest. Wenn deine Worte nicht gewesen wären, Will ...«
    Lächelnd schaute sie zu ihm auf - und dieses Lächeln brach auch den letzten Rest seines Widerstands. Er hatte seine Deckung aufgegeben, als er Tessa für tot gehalten hatte ... und nun war keine Zeit mehr, den Schutzwall wieder aufzubauen. Hilflos zog er Tessa an sich. Und einen Moment lang klammerte sie sich fest an ihn, warm und lebendig in seinen Armen. Ihr Haar streifte seine Wange. Die Welt hatte ihre Farben zurückerhalten und er konnte wieder atmen. Und für die Dauer dieses Augenblicks atmete er tief ihren Duft ein - sie roch nach Salz, Blut, Tränen und Tessa.
    Als sie sich schließlich aus seiner Umarmung löste, strahlten ihre Augen. »Als ich deine Stimme hörte, dachte ich, es wäre nur ein Traum«, sagte sie. »Aber du bist real.« Ihr Blick wanderte suchend über sein Gesicht und das Ergebnis ließ sie lächeln. »Du bist real.«
    Will öffnete den Mund. Die Worte waren da. Und er wollte sie gerade aussprechen, als er plötzlich von Entsetzen gepackt wurde - das Entsetzen eines Wanderers im Nebel, der nach kurzem Innehalten auf dem Weg schlagartig erkennen muss, dass ihn nur wenige Zentimeter von einem gähnenden Abgrund trennen. Die Art und Weise, wie Tessa ihn nun ansah ... sie konnte lesen, was in seinen Augen stand. Es musste dort deutlich geschrieben stehen, wie die Worte auf einer Buchseite. Er hatte keine Zeit ... keine Gelegenheit gehabt, es zu verbergen.
    »Will«, wisperte Tessa. »Will, sag doch etwas.«
    Doch es gab nichts zu sagen. In seinem Inneren war nur diese schreckliche Leere - so wie seit vielen Jahren zuvor und wie in alle Ewigkeit.
    Ich habe alles verloren, dachte Will. Alles.

20
EIN FURCHT EINFLÖSSENDES WUNDER
    Doch jeder tötet, was er liebt,
Das hört nur allzumal!
Der tut's mit einem giftigen Blick
Und der mit dem Schmeichelwort schmal.
Der Feigling tut es mit dem Kuss,
Der Tapfre mit dem Stahl.
    OSCAR WILDE,
»DIE BALLADE VOM ZUCHTHAUS ZU READING«
    Rote Runenmale galten den Schattenjägern als Zeichen der Trauer - doch die Farbe des Todes war Weiß.
    Tessa hatte dies nicht gewusst und auch nichts im Codex darüber gelesen. Daher beobachtete sie mit einiger Verblüffung vom Fenster der Bibliothek aus, wie die fünf Schattenjäger des Instituts aus dem Gebäude traten und die Trauerkutsche bestiegen - allesamt in Weiß gekleidet wie eine Hochzeitsgesellschaft. Bei der Ausräucherung von de Quinceys Vampirnest hatten mehrere Mitglieder der Brigade ihr Leben verloren und das Begräbnis fand nun in ihrem Namen statt, aber gleichzeitig wurden auch Thomas und Agatha zu Grabe getragen. Charlotte hatte Tessa erklärt, dass Nephilim-Bestattungen im Allgemeinen den Schattenjägern vorbehalten waren, aber in besonderen Fällen eine Ausnahme gemacht werden konnte für diejenigen, die in Ausübung ihres Dienstes für den Rat gestorben waren.
    Andere Institutsbewohner durften dagegen nicht an der Totenfeier teilnehmen. Sophie hatte gegenüber Tessa geäußert, dass dies auch besser sei, weil sie ohnehin nicht zusehen wollte, wie Thomas verbrannt und seine Asche in der Stadt der Stille verstreut wurde. »Ich möchte ihn lieber so in Erinnerung behalten, wie ich ihn zuletzt gesehen habe ... und Gleiches gilt für Agatha«, hatte sie gemurmelt.
    Die Brigade hatte eine Wache zurückgelassen - mehrere Schattenjäger, die sich freiwillig gemeldet hatten und nun das Institut sicherten. Es würde eine ganze Weile dauern, bis die Nephilim das Gebäude jemals wieder unbewacht ließen, überlegte Tessa.
    Sie hatte sich die Zeit bis zur Rückkehr der anderen mit Lesen vertrieben - allerdings nicht mit einer Lektüre, die mit den Nephilim oder mit Dämonen und Schattenweltlern zu tun hatte. Stattdessen hatte sie sich mit einer Ausgabe von Eine Geschichte aus zwei Städten, die sie zwischen Charlottes Sammlung von Dickens' Werken gefunden hatte, in eines der Erkerfenster der Bibliothek zurückgezogen. Doch Tessa musste sich immer wieder zwingen, nicht an Mortmain zu denken, nicht an Thomas und Agatha oder an die Dinge, die Mortmain ihr gegenüber im Sanktuarium geäußert hatte. Und vor allem

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