Chroniken der Schattenjäger 2 - Clockwork Prince
er sich anzüglich.
»Woolsey«, stieß Magnus tadelnd hervor.
»Deine Nachricht hängt doch mit dem Heraufbeschwören von Dämonen zusammen, oder etwa nicht?«, wandte Will sich an den Hexenmeister. »Hierbei geht’s doch nicht um ... um den Gefallen, den ich dir noch schulde, oder?«
Magnus schüttelte den Kopf. »Nein. Das hier ist eine rein geschäftliche Angelegenheit. Woolsey war so freundlich, mich bei ihm übernachten zu lassen, während ich mir noch überlege, was ich nun machen soll.«
»Wir sollten nach Rom reisen«, meinte Scott. »Ich liebe Rom.«
»Schön und gut, aber zuerst muss ich von einem deiner Räume Gebrauch machen. Vorzugsweise ein Zimmer mit wenig oder gar keinem Mobiliar.«
Scott nahm das Monokel aus dem Auge und starrte Magnus an. »Und was genau beabsichtigst du in diesem Raum zu tun?« Sein Ton war mehr als eindeutig.
»Den Dämon Marbas heraufbeschwören«, erwiderte Magnus und schenkte ihm ein breites Grinsen.
Scott verschluckte sich fast am Rauch seiner Pfeife. »Ich schätze, wir haben alle unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine gelungene Abendunterhaltung ausmacht ...«
»Woolsey.« Magnus fuhr sich mit beiden Händen durch die zerzausten Haare. »So leid es mir tut, das jetzt zur Sprache bringen zu müssen, aber du schuldest mir noch einen Gefallen. Hamburg ... 1863 ...«
Resigniert riss Scott die Hände in die Höhe. »Also gut, von mir aus. Du kannst das Zimmer meines Bruders haben. Seit seinem Tod halt es niemand mehr benutzt. Viel Spaß. Ich warte dann im Salon, mit einem Glas Sherry und ein paar recht unanständigen Holzschnitten, die ich aus Rumänien habe kommen lassen.« Damit machte er kehrt und verschwand in den Tiefen des Flurs.
Magnus winkte Will herein, der nur zu gern eintrat und sich von der Wärme des Hauses wie von einer Decke umfangen ließ. Da der Werwolf offenbar keinen Wert auf einen Lakaien legte, schüttelte er seinen blauen Wollmantel selbst ab und warf ihn sich über den Arm, während Magnus ihn neugierig betrachtete. »Wie ich sehe, hast du nach dem Erhalt meiner Nachricht keine unnötige Zeit verstreichen lassen«, bemerkte er. »Eigentlich hatte ich dich nicht vor morgen früh erwartet.«
»Du weißt, was das hier für mich bedeutet«, erwiderte Will. »Hast du wirklich geglaubt, ich würde das Ganze auch nur eine Minute aufschieben?«
Magnus’ Augen musterten Wills Gesicht. »Bist du darauf vorbereitet, dass dieser Versuch scheitern kann? Dass sich der Dämon vielleicht als der falsche entpuppt? Dass ich ihn möglicherweise überhaupt nicht heraufbeschwören kann?«
Einen Moment lang war Will nicht in der Lage, sich zu bewegen. Er konnte sein Gesicht im Spiegel neben der Tür sehen. Der Anblick bestürzte ihn - es schien, als wäre die Mauer zwischen der Welt und seinem innigsten Herzenswunsch nicht länger existent. »Nein«, sagte er. »Darauf bin ich nicht vorbereitet.«
Langsam schüttelte Magnus den Kopf. »Will ...«, seufzte er. »Also gut, komm.« Mit raubtierhafter Eleganz machte er kehrt und lief durch den Flur zur geschwungenen Treppe.
Will folgte dem Hexenmeister die Stufen hinauf, wobei der dicke Treppenläufer mit dem orientalischen Muster seine Schritte dämpfte. Der Weg führte an mehreren Wandnischen vorbei, in denen kleine Marmorstatuen standen, deren Körper inniglich miteinander verschlungen waren. Hastig wandte Will den Blick ab - und schaute dann erneut auf die Statuetten. Magnus schien mit seinen Gedanken weit weg und nicht darauf zu achten, was Will tat, und dieser hätte sich im Leben nicht vorstellen können, dass zwei Menschen zu derartigen Stellungen überhaupt fähig waren - ganz zu schweigen davon, dass das Ganze dabei auch noch künstlerisch wertvoll aussah.
Als sie das erste Geschoss erreichten, ging Magnus vor und öffnete links und rechts des Korridors eine Tür nach der anderen, wobei er die ganze Zeit leise vor sich hin murmelte. Endlich fand er den gewünschten Raum, schwang die Tür weit auf und bedeutete Will, ihm zu folgen.
Das ehemalige Zimmer von Woolsey Scotts verstorbenem Bruder war düster und kalt und roch nach muffigem Staub. Automatisch tastete Will nach seinem Elbenlichtstein, doch Magnus winkte abschätzig ab, während blaue Funken knisternd zwischen seinen Fingerspitzen hin und her sprangen. Und plötzlich loderte ein flackerndes Feuer im Kamin auf und erhellte den Raum mit seinem Lichtschein. Das Zimmer war zwar möbliert, doch man hatte die Einrichtung - ein Bett, ein
Weitere Kostenlose Bücher