Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
schon.“
„Dann
geh ihn doch mal besuchen – jetzt, wo deine Frau weg ist!“
Maximilian
biss sich auf die Lippe und verschluckte sich gleichzeitig an dem Stück Donut,
das ihm fast in der Kehle stecken geblieben wäre. Er drehte den Kopf
erschrocken zu Jerry und schaute ihn verblüfft an.
„Wie
meinst du das?“ Seine empörten Augen weiteten sich mit jeder Sekunde mehr und
mehr. Vorwurfsvoll erwartete er eine Erklärung von seinem langjährigen
Kollegen.
„Na,
der soll dir ein paar Tipps geben, wie du das Herz deiner Madam wieder für dich
gewinnen kannst.“ Ein kleiner Ansatz eines Lächelns zeichnete sich auf Jerrys
Gesicht.
Maximilian
atmete tief aus. Eine kiloschwere Last fiel ihm bei den klärenden Worten seines
Kollegen von den Schultern.
„Ach,
das meinst du. Ich dachte schon …“ Er biss ein weiteres Stück von dem glasierten
Gebäck ab und schaute ebenfalls durch die Windschutzscheibe in den stillen
Abend hinaus. „Ganz schön ruhig heute. Ich hoffe die Streife wird heute
stresslos verlaufen.“
„Das
hoffe ich auch, mein Freund.“
In
seinem tiefsten Inneren hatte Jerry schon seit geraumer Zeit kein großes
Interesse mehr daran, Tag für Tag und Nacht für Nacht mit heulenden Sirenen und
überwältigend hohem Adrenalinspiegel durch die Straßen zu rasen und Verbrecher
zu jagen.
Entweder
lag es daran, dass er selbst nicht mehr wusste, wann er sich das letzte Mal
richtig erholt und mal eine komplette Nacht durchgeschlafen hatte.
Oder:
Er wurde langsam alt.
Alles
in allem sehnte er sich mehr und mehr nach Ruhe.
Nicht
nur die Arbeit hatte ihn zunehmend müder gemacht, sondern einfach auch das pulsierende
Großstadtleben, das er im Grunde nicht gewohnt war.
Seinen
Job liebte er über alles, das stand für ihn fest. Das Gefühl, die
Ungerechtigkeit zu bekämpfen, Verbrechen zu verhindern oder durch seinen
Einsatz zumindest der Entstehung derselben entgegenzuwirken und der Menschheit
auf diese Weise ein Sicherheitsgefühl zu garantieren, würde er für nichts auf
der Welt eintauschen wollen.
Doch
etwas zog ihn aus der Stadt hinaus.
Die
letzten Monate spielte er schon öfters mit dem Gedanken, sein Apartment zu
kündigen, die Möbel, die ihm nicht am Herzen lagen, zu verkaufen, die allernötigsten
Sachen zu packen – die wohl ohnehin in den kleinen Kofferraum eines Kleinwagens
passen würden – und in ein ruhiges Städtchen zu flüchten.
Dort
würde er sich natürlich so schnell, wie es ihm nur möglich war, bemühen, eine
Stelle als Polizist zu bekommen und wieder seiner Lieblingsbeschäftigung
nachzugehen.
Außer
dem bürokratischen Papierkram, den eine Versetzung von einer Dienststelle zur
anderen mit sich brachte, und der Tatsache, dass Jerry noch keinen blassen
Schimmer davon hatte, wohin seine abenteuerliche Reise ihn führen würde, stand
dem nichts im Weg.
Eine
Familie hatte er nicht.
Weder
nahe Verwandte noch viele Freunde. Außer Maximilian natürlich. „Der Bursche wird
mir fehlen“, dachte er für sich, warf einen kurzen Blick zu seinem Kollegen und
zog den rechten Mundwinkel nach oben.
„Was
grinst du so?!“
Seine
Tagträumerei nahm kurzerhand ein Ende, als er das ihm viel zu bekannte Geräusch
des Funkgerätes hörte.
„KSCHK
KSCHK. ZENTRALE AN 17-34. BITTE KOMMEN!“
„17-34
hier. Erwarten Anweisungen.“ Jerry betätigte den Funk, weil Maximilian aufgrund
des vollen Mundes nicht in der Lage war, einen Laut von sich zu geben.
„UNS
WURDE EIN BEWAFFNETER BANKÜBERFALL GEMELDET! DIE SECHS VERDÄCHTIGEN FLIEHEN IN
RICHTUNG KÜSTE. DREI STREIFENWAGEN SIND IHNEN AUF DEN FERSEN, DIE VERDÄCHTIGEN
FLIEHEN AUF MOTORRÄDERN UND SIND ZU SCHNELL FÜR SIE. SIE ERBITTEN
UNTERSTÜTZUNG! ICH HOFFE, SIE WERDEN MIT IHREM WAGEN MEHR ERFOLG HABEN.“
„17-34,
haben verstanden. Wir nehmen die Verfolgung auf. Over.“
„KSCHK
KSCHK“
Der
Polizeifunk wurde still.
„Nun
hast du dich zu früh gefreut, mein Freund. Aufregung pur, das ist das Motto des
heutigen Abends.“ Jerry drehte den Zündschlüssel. Das dumpfe, aber doch dominierende
Grollen des leistungsstarken Motors ertönte.
„Mann,
eh. Bei diesem Job kann man noch nicht mal in Ruhe seinen Donut genießen.“
Maximilian stopfte eilig das letzte Stück in den Mund und warf die Verpackung
aus dem Fenster.
* * *
„Dort
sind sie!“ Maximilian zog prüfend am Sicherheitsgurt, um sicherzugehen, dass er
bei einer möglichen Kollision mit einem der anderen Streifenwagen, die an der
Verfolgung der sechs
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