Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
hörbar – und falsch, dachte Clary bitter.
Dieser berechnende Widerling. »Ich wusste damals nicht, dass sie schwanger war. Mit Clary.« Er lächelte kurz, strich mit seinem Finger über das Weinglas. »Aber wie heißt es so schön: Blut ist dicker als Wasser«, fuhr er fort. »Das Schicksal hat uns wieder zusammengeführt – unsere Familie ist wieder vereint. Wir können das Portal benutzen«, wandte er sich an Jace.
»Nach Idris gehen, zurück auf unsere Ländereien.«
Jace zuckte leicht zusammen, nickte dann aber, den Blick immer noch reglos auf seine Hände gerichtet.
»Dort können wir zusammen leben«, sagte Valentin. »So, wie es von Anfang an hätte sein sollen.«
Das klingt ja toll, dachte Clary. Nur du, deine im Koma liegende Frau, dein völlig verwirrter Sohn und deine Tochter, die dich abgrundtief hasst. Nicht zu vergessen die Tatsache, dass deine beiden Kinder sich wahrscheinlich ineinander verliebt haben. Das klingt wirklich wie das perfekte Familienglück. Doch laut sagte sie nur: »Ich werde mit dir nirgendwo hingehen – und meine Mutter auch nicht.«
»Er hat recht, Clary«, stieß Jace heiser hervor. Er dehnte seine Hände; die Fingerspitzen hatten rote Flecken. »Es ist der einzige Weg; nur dort können wir alles wieder in Ordnung bringen.«
»Das kann nicht dein Ernst sein …«
Ein gewaltiges Krachen drang von unten zu ihnen hinauf, so laut, als ob eine der Mauern des Hospitals eingestürzt wäre.
Luke, dachte Clary und sprang auf.
Obwohl Jace immer noch kreidebleich um die Nase war, reagierte er automatisch – er erhob sich von seinem Stuhl und seine Hand fuhr zum Gürtel. »Vater, sie sind …«
»Sie kommen.« Valentin stand ebenfalls auf. Clary hörte Schritte; einen Augenblick später flog die Tür des Saals auf und Luke stand auf der Schwelle.
Clary unterdrückte einen Aufschrei. Luke war von Kopf bis Fuß mit Blut beschmiert, seine Jeans und sein Hemd waren dunkel und durchtränkt und seine untere Gesichtshälfte leuchtete blutrot. Auch seine Hände schimmerten bis zu den Handgelenken feucht. Clary erkannte, dass frisches Blut von ihnen tropfte, konnte aber nicht sagen, wie viel davon sein eigenes war. Sie hörte sich seinen Namen rufen und dann lief sie quer durch den Raum auf ihn zu und wäre fast über ihre eigenen Beine gestolpert bei dem Versuch, sein Hemd zu packen und sich daran festzuklammern – etwas, das sie zum letzten Mal als Achtjährige getan hatte.
Einen kurzen Moment lang strich er ihr mit seiner großen Hand über den Kopf und zog sie fest an seine Brust. Doch dann schob er sie sanft von sich. »Ich bin ganz voll Blut«, sagte er. »Aber keine Sorge – es ist nicht meins.«
»Von wem ist es dann?«, ertönte Valentins Stimme. Clary drehte sich um, Lukes Arm immer noch schützend auf ihren Schultern. Valentin betrachtete sie beide mit berechnendem Blick, die Augen eng zusammengekniffen. Jace hatte sich ebenfalls erhoben, war um den Tisch getreten und stellte sich nun zögernd hinter seinen Vater. Clary konnte sich nicht erinnern, dass sie ihn jemals hatte zögern sehen.
»Es stammt von Pangborn«, sagte Luke.
Valentin fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, als ob diese Nachricht ihn schmerzlich berührte. »Ich verstehe. Hast du ihm mit deinen Fängen die Kehle herausgerissen?« »Nein. Tatsächlich habe ich ihn hiermit getötet«, erwiderte Luke. In seiner freien Hand hielt er den langen, dünnen Dolch, mit dem er auch den Forsaken umgebracht hatte. Die Steine im Griff schimmerten bläulich. »Erkennst du ihn?« Valentin warf einen Blick auf den Dolch und Clary sah, wie sich seine Kiefer anspannten. »Ja«, sagte er und Clary fragte sich, ob er sich ebenfalls an ihr Gespräch erinnerte. Das ist ein kindjal, ein tscherkessischer Dolch. Dieser hier ist Teil eines speziell gefertigten Paares.
»Vor siebzehn Jahren hast du ihn mir mit dem Rat in die Hand gedrückt, meinem Leben damit ein Ende zu setzen«, meinte Luke und fasste den Dolch fester. Die Klinge war länger als die Klinge des kindjal mit den roten Steinen im Griff, der in Jaces’ Gürtel steckte – fast schon wie die eines Schwertes, mit einer nadeldünnen Spitze. »Und ich hätte deinen Rat beinahe befolgt.«
»Erwartest du, dass ich das leugne?« In Valentins Stimme schwang Schmerz mit, die Erinnerung an vergangenen Kummer. »Ich habe versucht, dich vor dir selbst zu schützen, Lucian. Ich habe einen schweren Fehler begangen.
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