Chroniken der Unterwelt Bd. 1 City of Bones
dem, was passiert ist, machst du dir Sorgen um Wieselgesicht?«
»Nenn ihn nicht so. Er sieht nicht aus wie ein Wiesel.«
»Vielleicht hast du recht«, entgegnete Jace. »Ich hab schon attraktivere Wiesel gesehen. Er erinnert eher an eine Ratte.«
»Das tut er nicht …«
»Wahrscheinlich ist er zu Hause und liegt in einer Pfütze seines eigenen Geifers. Warte nur, bis er Isabelle langweilt und du ihn wieder aufpäppeln darfst.«
»Glaubst du, dass er Isabelle langweilen wird?«, fragte Clary.
Jace dachte einen Augenblick nach. »Ja.«
Clary fragte sich, ob Isabelle vielleicht klüger war, als Jace sie einschätzte. Vielleicht würde sie erkennen, was für ein toller Typ Simon war: wie lustig, wie schlau, wie cool. Vielleicht würden sie zusammen ausgehen. Die Vorstellung erfüllte Clary mit unbeschreiblichem Entsetzen.
Sie hing ihren Gedanken nach und brauchte einen Moment, bis sie bemerkte, dass Jace etwas zu ihr gesagt hatte. Als sie ihn blinzelnd anschaute, sah sie, dass er ironisch grinste. »Was ist?«, fragte sie genervt.
»Ich wünschte, du würdest deine verzweifelten Versuche einstellen, meine Aufmerksamkeit zu erregen«, sagte er. »Es wird langsam peinlich.«
»Sarkasmus ist der letzte Ausweg der Fantasielosen«, konterte sie.
»Ich kann nichts dafür. Ich nutze meine Schlagfertigkeit, um meinen inneren Schmerz zu verbergen.«
»Dein Schmerz wird sich schneller zeigen, als dir lieb ist, wenn du nicht auf den Verkehr achtest. Willst du, dass dich ein Taxi überfährt?«
»Mach dich nicht lächerlich«, sagte er. »In dieser Gegend würden wir nie so einfach ein Taxi bekommen.«
Wie auf Kommando fuhr ein schmaler schwarzer Wagen mit getönten Scheiben an den Randstein und hielt mit laufendem Motor vor Jace. Er war lang und schnittig, besaß nach außen gewölbte Scheiben und eine Straßenlage wie eine Limousine.
Jace schaute sie von der Seite an; sein Blick war amüsiert, hatte aber auch etwas Drängendes. Sie betrachtete den Wagen erneut, entspannte ihre Augen und ließ die Kraft des Wahrhaftigen den Schleier des Zauberglanzes durchdringen.
Im nächsten Moment erinnerte der Wagen an Aschenputtels Kutsche, die jedoch nicht pink, golden und blau wie ein Osterei leuchtete, sondern schwarz wie Samt schimmerte und dunkel getönte Scheiben besaß. Auch die Räder und das Verdeck waren schwarz. Auf dem Kutschbock aus schwarzem Metall saß Bruder Jeremiah und hielt die Zügel in seinen behandschuhten Händen. Sein Gesicht war unter der Kapuze seiner pergamentfarbenen Robe verborgen. Am anderen Ende der Zügel standen zwei pechschwarze Pferde, die schnaubten und mit den Hufen scharrten.
»Steig ein«, sagte Jace. Als Clary mit offenem Mund stehen blieb, nahm er sie am Arm, schob sie halb durch die geöffnete Tür der Kutsche und schwang sich selbst hinein. Die Kutsche setzte sich in Bewegung, noch ehe er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er fiel neben ihr auf die Sitzbank, die mit einem glänzenden Stoff bezogen war, und schaute sie an. »Eine persönliche Eskorte zur Stadt der Gebeine sollte man auf keinen Fall ausschlagen.«
»Das wollte ich ja gar nicht. Ich war nur so überrascht. Ich hatte nicht erwartet … ich meine, ich dachte, es sei ein Auto.«
»Entspann dich einfach«, schlug Jace vor. »Genieß den Geruch dieser neuen Kutsche.«
Clary verdrehte die Augen und schaute aus dem Fenster. Sie hätte gedacht, ein Pferd und eine Kutsche würden im Verkehr von Manhattan keine Chance haben, aber sie rollten mit Leichtigkeit durch das Stadtzentrum; ihre lautlose Fahrt blieb unbemerkt in dem Gewirr von Taxis, Bussen und Geländewagen, welche die Straßen verstopften. Vor ihnen wechselte ein gelbes Taxi die Spur und schnitt ihnen den Weg ab. Clary verkrampfte sich und dachte mit Sorge an die Pferde – da machte die Kutsche einen Ruck nach vorne, als die Pferde auf das Taxi sprangen. Sie unterdrückte einen Aufschrei. Statt über den Boden zu schleifen, schwebte die Kutsche hinter den Pferden in die Luft und rollte leicht und lautlos über das Dach des Taxis hinweg und auf der anderen Seite wieder hinunter. Clary schaute zurück, als die Kutsche auf dem Asphalt aufsetzte – der Taxifahrer rauchte, starrte geradeaus und schien von alldem nichts zu bemerken. »Ich dachte immer, Taxichauffeure wären rücksichtslose Autofahrer, aber das hier spottet jeder Beschreibung«, sagte sie matt.
»Nur weil du jetzt durch den Schleier des Zauberglanzes sehen kannst …«Jace ließ das Ende des Satzes
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