Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
möglich wieder zurück.«
Erneut ertönte ein wütender Protestschrei durch die Tür. Doch Isabelle drehte sich achselzuckend um und rannte den Flur hinunter. Clary folgte ihr auf dem Fuß.
»Was stand in der Nachricht der Stillen Brüder?«, hakte sie nach. »Nur dass es Ärger gab?«
»Dass sie angegriffen wurden. Das ist schon alles.«
Alec wartete vor der Bibliothek auf sie. Er trug die schwarze Ledermontur der Schattenjäger über seiner Kleidung. Stulpenhandschuhe schützten seine Arme und seine Haut war mit Runen übersät. An seinem Hüftgürtel glitzerten mehrere Seraphklingen, jede nach einem Engel benannt. »Bist du so weit?«, wandte er sich an seine Schwester. »Hast du dich um Max gekümmert?«
»Dem geht’s gut.« Sie streckte ihm ihre Arme entgegen. »Ich brauch noch die Male.«
Während Alec die Linien der Runen in Isabelles Handrücken und -gelenke ritzte, schaute er kurz zu Clary hinüber. »Du solltest besser nach Hause gehen«, sagte er. »Denn du willst ganz bestimmt nicht hier sein, wenn die Inquisitorin zurückkehrt … jedenfalls nicht mutterseelenallein.«
»Ich will mit euch mit«, platzte Clary heraus, ehe sie sich zurückhalten konnte.
Isabelle zog eine ihrer Hände zurück und blies über die gezeichnete Haut, als würde sie einen Becher mit zu heißem Kaffee abkühlen wollen. »Du klingst wie Max.«
»Max ist neun. Ich bin so alt wie du.«
»Aber du hast noch keine einzige Stunde Training gehabt«, widersprach Alec. »Du wirst nur eine zusätzliche Last sein.«
»Nein, das werde ich nicht. Oder ist einer von euch beiden schon mal in der Stadt der Stille gewesen?«, konterte Clary. »Ich schon. Ich weiß, wie man da reinkommt. Und ich weiß, wie man sich da unten zurechtfindet.«
Alec richtete sich auf und steckte seine Stele ein. »Ich denke nicht, dass du …«
Doch Isabelle unterbrach ihn: »Sie hat recht. Ich meine, sie sollte mitkommen, wenn sie unbedingt will.«
Alec musterte seine Schwester bestürzt. »Als wir beim letzten Mal einem Dämon gegenüberstanden, hat sie sich nur ängstlich geduckt und geschrien.« In dem Moment fing er den eisigen Ausdruck in Clarys Augen auf und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. »Tut mir leid, aber ist doch wahr.«
»Ich denke, sie verdient eine Chance dazuzulernen«, erwiderte Isabelle. »Du weißt doch, was Jace immer zu sagen pflegt: Manchmal brauchst du die Gefahr gar nicht zu suchen, denn manchmal findet sie dich .«
»Ihr könnt mich nicht wie Max einfach einsperren«, fügte Clary hinzu, als sie sah, dass Alecs Entschlossenheit ins Wanken geriet. »Ich bin kein kleines Kind. Und ich weiß, wo die Stadt der Stille liegt. Ich finde auch ohne euch dorthin.«
Kopfschüttelnd wandte Alec sich ab und murmelte irgendetwas von Mädchen .
Isabelle jedoch streckte Clary eine Hand entgegen. »Gib mir deine Stele«, sagte sie. »Es wird Zeit, dass du ein paar Male bekommst.«
6
S TADT DER A SCHE
Letztendlich versah Isabelle Clary nur mit zwei Malen, jeweils eins auf dem Rücken jeder Hand. Bei der einen Rune handelte es sich um das weit aufgesperrte Auge, das die Hand jedes Schattenjägers zierte. Das andere Mal setzte sich aus zwei gekreuzten Sicheln zusammen. Isabelle erklärte ihr, das sei eine Schutzrune. Beide Runen brannten, als die Stele Clarys Haut berührte, doch der Schmerz ließ schnell nach, während Clary, Isabelle und Alec in einem schwarzen, unlizensierten Taxi Richtung Downtown fuhren. Als sie die Second Avenue erreichten und ausstiegen, fühlten sich Clarys Hände und Arme so leicht an, als würde sie Schwimmflügel in einem Swimmingpool tragen.
Schweigend gingen sie unter dem eisernen Torbogen hindurch, hinter dem der Marmorfriedhof lag. Bei Clarys letztem Besuch dieser kleinen Begräbnisstätte war sie Bruder Jeremiah hastig gefolgt und hatte sich kaum umsehen können. Nun las sie zum ersten Mal die vielen Namen, die in die Marmorwände gemeißelt waren: Youngblood, Fairchild, Thrushcross, Nightwine, Ravenscar. Neben den Namen standen unterschiedliche Runen: Jede Schattenjägerfamilie besaß ihr eigenes Symbol. Das der Waylands zeigte einen Schmiedehammer, die Lightwoods führten eine Fackel im Wappen und ein Stern symbolisierte die Familie Morgenstern.
Gras wucherte über dem Sockel der Engelsstatue in der Mitte des Friedhofs. Die Augen des Engels waren geschlossen; in seinen schlanken Händen hielt er einen Pokal – eine Reproduktion des Kelchs der Engel. Sein steinernes, mit Schmutz und Moos
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