Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
markiert wurden – ein Platz, an den Clary sich sehr gut erinnerte. Silberne Sterne waren in den Boden eingelegt und funkelten wie kostbares Konfetti. In der Mitte des Platzes stand ein schwarzer Tisch, auf dessen glatter Oberfläche sich mehrere Lachen aus dunkler Flüssigkeit gebildet hatten, die sich in dünnen Rinnsalen auf den Boden ergoss.
Als Clary vor den Rat der Bruderschaft getreten war, hatte an der Wand hinter dem Tisch ein riesiges silbernes Schwert gehangen. Doch jetzt war das Schwert verschwunden und an seiner Stelle prangten breite scharlachrote Streifen.
»Ist das Blut? «, flüsterte Isabelle, allerdings nicht ängstlich, sondern eher erstaunt.
»Sieht ganz danach aus.« Alec ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. Die Schatten waren so undurchdringlich wie schwarze Farbe und schienen sich irgendwie zu bewegen. Alec verstärkte seinen Griff um das Heft seiner Seraphklinge.
»Was kann nur passiert sein?«, fragte lsabelle. »Ich dachte immer, die Stillen Brüder wären unbesiegbar …«
Ihre Stimme brach ab, als Clary sich umdrehte. Das Elbenlicht fing seltsame Schatten zwischen den Türmen auf, von denen einer noch merkwürdiger geformt war als die anderen. Mit der Kraft ihrer Gedanken zwang Clary den Elbenstein, stärker zu leuchten, und tatsächlich schickte er einen strahlend hellen Lichtschein in die Finsternis.
Aufgespießt wie ein Wurm an einem Haken, hing der schlaffe Körper eines der Stillen Brüder über dem Turm. Seine blutüberströmten Hände baumelten knapp über dem Marmorboden. Sein Nacken schien gebrochen. Blut hatte sich unter ihm angesammelt und schimmerte feucht und dunkel im Schein des Elbenlichts.
Isabelle schnappte nach Luft. »Alec. Hast du das gesehen …?«
»Ja, hab ich.« Alecs Stimme klang ernst. »Und ich hab schon Schlimmeres gesehen. Aber ich mach mir echt Sorgen um Jace.«
Isabelle trat an den Tisch und fuhr mit den Fingern über die schwarze Basaltoberfläche. »Dieses Blut ist noch ganz frisch. Was auch immer hier passiert ist, es kann noch nicht lange her sein.«
Alec ging auf den aufgespießten Leichnam des Stillen Bruders zu. Verschmierte Flecken führten von der Blutlache unter seinen leblosen Händen fort. »Fußabdrücke … jemand, der es eilig hatte«, sagte Alec und bedeuteten den Mädchen mit einer Handbewegung, ihm zu folgen – was die beiden auch taten, nachdem Isabelle sich kurz das Blut an ihren weichen LederBeinschienen abgewischt hatte.
Die Fußabdrücke führten aus dem Raum in einen engen Tunnel mit einer steilen Treppe, die sich in der Dunkelheit verlor. Als Alec stehen blieb, um die Lage zu sondieren, drängte Clary sich ungeduldig an ihm vorbei und ließ ihren Elbenstein einen hellen silbrig weißen Lichtstrahl aussenden. Am Ende des Tunnels erkannte sie nun eine Doppeltür, deren Flügel nur angelehnt waren.
Jace. Irgendwie konnte sie spüren, dass er ganz in der Nähe sein musste. Sie fiel in einen leichten Trab und die Absätze ihrer Stiefel hallten laut auf dem harten Boden wider. Sie hörte, wie Isabelle ihr nachrief, und dann setzten sich auch die beiden Geschwister in Bewegung. Clary stieß die Türen am Ende des Tunnels auf und fand sich in einem großen, gemauerten Raum wieder, der durch eine Reihe von Metallgittern in der Mitte geteilt war. Jenseits der Gitterstäbe entdeckte sie eine zusammengesunkene Gestalt und direkt vor dieser Zelle lag der schlaffe Körper eines Stillen Bruders.
Clary wusste instinktiv, dass er tot war. Sie erkannte es an der Art und Weise, wie er dalag – wie eine Puppe, deren Gliedmaßen und Gelenke man so lange verdreht hatte, bis sie brachen. Seine pergamentfarbene Robe war völlig zerrissen, aber sein vernarbtes Gesicht, auf dem sich ein Ausdruck namenlosen Entsetzens spiegelte, ließ sich noch erkennen: Es war Bruder Jeremiah.
Clary schob sich an dem Leichnam vorbei zur Zellentür. Sie bestand aus eng beieinanderstehenden Metallstäben und hing auf einer Seite in Angeln. Allerdings konnte Clary nirgendwo ein Schloss oder einen Türgriff erkennen. Sie hörte Alec hinter sich rufen, aber sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Tür. Natürlich besaß die Zelle keinen offensichtlichen Öffnungsmechanismus, erkannte sie schlagartig; die Bruderschaft beschäftigte sich nicht mit dem Sichtbaren, sondern mit den Dingen, die nicht auf den ersten Blick zu sehen waren. Während sie in einer Hand das Elbenlicht hielt, suchte sie mit der anderen fieberhaft nach der Stele ihrer
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