Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
hochgeschlagenen Kragen ihres Mantels umrahmt wurde, wirkte im Spiegel sehr blass und klein, ihre Augen groß und dunkelgrün und ihre Lippen bleich und spröde. Alles andere als hübsch, dachte sie bestürzt und versuchte, den Gedanken zu verscheuchen. Welche Rolle spielte es schon, wie sie aussah? Jace interessierte das doch überhaupt nicht. Jace konnte das doch nicht interessieren.
Der Aufzug kam ruckartig zum Stillstand. Rasch drückte Clary die Tür auf. Church erwartete sie bereits in der Eingangshalle und begrüßte sie mit einem unwirschen Miauen.
»Was ist los, Church?« Ihre Stimme klang unnatürlich laut in dem stillen Raum und sie fragte sich, ob sich überhaupt irgendjemand im Institut befand. Vielleicht war außer ihr ja niemand da. Der Gedanke jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Hallo? Jemand zu Hause?«
Der blaue Perserkater kehrte ihr den Rücken zu und trabte den Korridor entlang. Clary folgte ihm und gemeinsam passierten sie das dunkle Musikzimmer und die leere Bibliothek, ehe Church um eine weitere Ecke bog und vor einer verschlossenen Tür sitzen blieb. So, da wären wir , schien der Ausdruck auf seinem Gesicht zu verkünden.
Bevor Clary anklopfen konnte, wurde die Tür aufgerissen und Isabelle erschien auf der Schwelle, mit nackten Füßen, Jeans und einem fliederfarbenen Pullover. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie Clary sah. »Dacht ich’s mir doch, dass ich jemand kommen gehört habe, aber dich hätte ich nun wirklich nicht erwartet«, sagte sie. »Was machst du hier?«
Clary starrte sie an. » Du hast mir doch eine SMS geschickt … dass die Inquisitorin Jace ins Gefängnis geworfen hat.«
»Aber Clary!« Isabelle schaute kurz den Flur hinauf und hinunter und biss sich dann auf die Lippe. »Damit hab ich doch nicht gemeint, dass du um diese Uhrzeit hierherrasen sollst.«
Clary war entsetzt. »Isabelle! Wir reden hier von Gefängnis! «
»Ja, schon …« Isabelle seufzte resigniert, trat einen Schritt zur Seite und winkte Clary in ihr Zimmer. »Von mir aus komm rein. Und du … husch, husch ins Körbchen«, wandte sie sich an Church und versuchte, ihn fortzuscheuchen. »Oder noch besser: Bewach den Aufzug.«
Church warf ihr einen entsetzten Blick zu, streckte dann alle viere von sich und schloss die Augen.
»Katzen« , murmelte Isabelle und schlug die Tür zu.
»Hi, Clary.« Auf Isabelles zerwühltem Bett saß Alec und baumelte mit den Beinen. »Was machst du denn hier?«
Clary ließ sich auf dem Polsterstuhl vor Isabelles wundervoll chaotischem Frisiertisch nieder. »Deine Schwester hat mir eine SMS geschickt und mir erzählt, was mit Jace passiert ist.«
Alec warf Isabelle einen gereizten Blick zu.
»Ach, komm schon, Alec«, sagte Isabelle. »Ich dachte, sie sollte es wissen. Allerdings hab ich nicht damit gerechnet, dass sie direkt hierhergerast kommt!«
Clarys Magen machte einen Satz. »Selbstverständlich bin ich direkt hierhergekommen! Geht es ihm gut? Und warum, zum Teufel, hat die Inquisitorin ihn ins Gefängnis geworfen?«
»Das ist nicht direkt ein Gefängnis. Er ist in der Stillen Stadt«, sagte Alec, setzte sich aufrecht und zog sich eines von Isabelles Kissen auf den Schoß. Gedankenverloren zupfte er an den perlenbesetzten Fransen, die die Kanten des Kissens zierten.
»In der Stadt der Stille? Warum?«
Alec zögerte. »Tief unterhalb der Stillen Stadt liegt das Verlies mit den Arrestzellen. Dort werden manchmal Kriminelle eingesperrt, bevor man sie nach Idris bringt und dort vor Gericht stellt. Leute, die wirklich üble Verbrechen begangen haben. Mörder, abtrünnige Vampire, Schattenjäger, die das Abkommen gebrochen haben. Dort befindet Jace sich zurzeit.«
»Eingesperrt mit einem Haufen von Mördern? « Empört sprang Clary auf. »Und was ist eigentlich mit euch beiden los? Warum berührt euch das nicht?«
Alec und Isabelle tauschten einen weiteren Blick. »Es ist nur für eine Nacht«, erklärte Isabelle. »Und außerdem befindet sich sonst niemand dort unten. Wir haben extra nachgefragt.«
»Aber warum? Was hat Jace denn getan? «
»Er hat gegenüber der Inquisitorin eine dicke Lippe riskiert. Soweit ich weiß, war das alles«, sagte Alec.
Isabelle hockte sich auf den Rand ihres Frisiertischs. »Es ist einfach unglaublich.«
»Dann muss die Inquisitorin vollkommen verrückt sein«, sagte Clary.
»Nein, das ist sie nicht«, erwiderte Alec. »Wenn Jace in eurer Armee dienen würde, glaubst du dann ernsthaft, dass er gegenüber seinen
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